Gama Bomb Artillery Torture Squad & Tantara
Gama Bomb, Artillery, Torture Squad & Tantara
Essen, Turock
09.05.2013
09.05.2013
Vatertag, Männertag oder Herrentag: Wie auch immer man Christi Himmelfahrt in seiner profanen Version nennt, bierselige Wanderungen scheinen selbst bei wenig einladendem Aprilwetter im Mai interessanter zu sein als ein Abend mit vier munteren Thrashbands, die nicht mehr oder noch nicht die größten Namen haben und zudem aus keiner der beiden Big4-Nationen stammen. Anders ist es kaum zu erklären, dass sich an diesem Feiertagabend nur etwa 70 Gestalten im Turock verlieren, während auf der Bühne weltumspannend gewirbelt wird.
Das liegt zunächst in den Händen von TANTARA. Vier Jahre basteln die jungen Norweger – besonders Drummer Stian wirkt dank Normalfrisur und riesigem Manchester United Trikot deutlich jünger als seine realen 20 Lenze - mittlerweile an ihrem Sound, die Instrumente haben sie aber unter Garantie schon etwas länger im Blick. In einem Irrsinnstempo fegt vor allem der wuschelköpfige Leadgitarrist Per durch Kompositionen, was die Bay Area-Lastigkeit des Quartetts ein wenig entzerrt, selbst wenn Frontmann und (natürlich) Rhythmusgitarrist Fredrik sicher schon das ein oder andere Hetfield Livevideo gesehen hat. Das Wirbelwindriffing und alle technischen Fertigkeiten können allerdings nicht verhehlen, dass einige Lieder ein ordentliches Maß an Straffung vertragen könnten, damit man sich weniger verloren vorkommt in den gefühlten Überlängen. Und wenn Fredrik bis dahin den vorhandenen Biss in seiner Stimme auch noch um ein wenig Fülle ausbaut, wird der Applaus in Zukunft sicher zahlreicher und lautstärker ausfallen als bereits heute.
„20 years torturing people“ steht auf einer der unglaublich vielen Shirtvariationen, die TORTURE SQUAD mitgebracht haben, was sich (laut Metal-Archives) wohl eher auf die Verweildauer von Drummer Amílcar und Bassist Castor bei TORTURE SQUAD bezieht, denn die nach einem SACRED REICH Song benannte Band gibt es noch drei Jahre länger. Mehr als ein reißerischer Spruch ist es aber nicht, denn was die drei Herren veranstalten, ist das ziemliche Gegenteil einer Tortur. Selten ist mir ein dermaßen sympathisches und gleichzeitig wuchtiges Drei-Mann-Abrisskommando begegnet, das von der ersten bis zur letzten jede Sekunde auf der Bühne voll auskostet. Castor und Gitarrist André wechseln sich bei den Gesangsparts fließend ab, so dass beide genug Zeit haben, das begeisterte Publikum anzufeuern oder eine kleine Showeinlage zu platzieren, um nicht von Amílcar in den Schatten gestellt zu werden, denn wenn der Schlagzeuger nicht eben das Haar im Ventilatorwind wehen lässt, stellt er sich beim Spielen gerne mal hin und verleiht dem Auftritt so zusätzliche Dynamik. Toller Auftritt einer engagierten Liveband, die in dieser Form gerne viel häufiger vorbeikommen darf.
Bei ARTILLERY wird es dann erst mal etwas ruhiger, im Vergleich zu TORTURE SQUAD führen die Dänen allerdings auch eine etwas feinere Klinge ins Feld. Möglich, dass das Publikum sich zunächst ein Bild von den Fähigkeiten des neuen Frontmanns Michael machen möchte, bevor es die selbst auferlegten Fesseln ablegt. Wohl auch wegen der wenig imposanten Zahl an Zuschauern kann er mit diesem Druck problemlos umgehen und geht zurecht als Mittelpunkt des Auftritts durch, während die Gitarre spielenden Stützerbrüder und Bassist Peter zwar nach Kräften aktiv sind, ihnen ob ihres Erscheinungsbildes „Lehrerausflug gone wild“ jedoch einfach ein wenig Ausstrahlung fehlt. Das Power Metal-artige sonore Moment in Michaels Stimme passt vor allem zu den Liedern der letzten beiden ARTILLERY Alben hervorragend und dass die Gestik (noch) etwas dramatisch wirkt im thrashenden Drumherum, ist deutlich leichter zu verschmerzen als zwei echte kleine Schönheitsfehler: Abgesehen vom abschließenden „Terror Squad“ punkten stimmungstechnisch heute ausschließlich die neueren Lieder und außerdem hätte man dem gutem Michael ruhig ein wenig mehr Saft auf sein Mikro geben dürfen, denn so geht er in den gesanglich ruhigeren Momenten nahezu unter und muss sich ansonsten voll reinhauen, um eine Chance gegen seine Mitstreiter zu haben. Wäre die Ausgangsqualität der Lieder nicht so hoch, hätte das ARTILLERY den Platz auf dem Tagespodest kosten können.
Der Höhepunkt kommt zum Schluss, obwohl man einen Moment braucht, um sich darauf einzustellen, dass GAMA BOMB live im Verhältnis zu den Alben tatsächlich noch mehr als einen Gang hochschalten, so dass die Geschwindigkeit sich in Spaceballs-chen Dimensionen des Wahnsinns abspielt. Zum Glück ist die Musik der Nordiren entsprechend windschnittig auf diese Radikalkur vorbereitet, was das unendliche Tempo Hand in Hand mit unendlichem Spaß gehen lässt. Während Neuzugang John Roche noch sehr auf das Spielen konzentriert ist, toben seine Kollegen wie eine Horde übermütiger Teenager durch das Programm, allen voran Frontmann Philly. Er greift kameradschaftlich in die Instrumente, tänzelt mit dem Mikroständer, beißt in Gitarristenschultern und alle Faxen werden davon veredelt, dass er wie eine junge Ausgabe des deutlich ernsteren Mikael Åkerfeldt aussieht.
Ob alte oder neue Lieder ist bei GAMA BOMB heute weniger wichtig, denn weil aktuell auf die Screams verzichtet werden muss, erhält auch das ältere Material einen „The Terror Tapes“ Touch. Mein persönlicher Favorit ist (wie auf dem Album) das grandiose „Terrorscope“, zumal der Einbau des Säbeltanzes auch live ein Knaller ist. Den Preis für DIE Ansage des Abends erringt aber konkurrenzlos „Hammer Slammer“: „Wir haben mal ein Lied für Lionel Richie geschrieben, ohne Auftrag. Er hat sich dann auch nie gemeldet, nachdem wir es ihm geschickt hatten, der Depp. Also benutzen wir es selbst.“
Humor, Energie und Klasse vereinen sich zu erstklassigem Thrash-Entertainment, so dass man es der Band kaum übel nehmen mag, als schon nach exakt einer Stunde um kurz vor Mitternacht Schluss ist. Irgendwann geht eben auch der schönste Feiertag zu Ende.
Das liegt zunächst in den Händen von TANTARA. Vier Jahre basteln die jungen Norweger – besonders Drummer Stian wirkt dank Normalfrisur und riesigem Manchester United Trikot deutlich jünger als seine realen 20 Lenze - mittlerweile an ihrem Sound, die Instrumente haben sie aber unter Garantie schon etwas länger im Blick. In einem Irrsinnstempo fegt vor allem der wuschelköpfige Leadgitarrist Per durch Kompositionen, was die Bay Area-Lastigkeit des Quartetts ein wenig entzerrt, selbst wenn Frontmann und (natürlich) Rhythmusgitarrist Fredrik sicher schon das ein oder andere Hetfield Livevideo gesehen hat. Das Wirbelwindriffing und alle technischen Fertigkeiten können allerdings nicht verhehlen, dass einige Lieder ein ordentliches Maß an Straffung vertragen könnten, damit man sich weniger verloren vorkommt in den gefühlten Überlängen. Und wenn Fredrik bis dahin den vorhandenen Biss in seiner Stimme auch noch um ein wenig Fülle ausbaut, wird der Applaus in Zukunft sicher zahlreicher und lautstärker ausfallen als bereits heute.
„20 years torturing people“ steht auf einer der unglaublich vielen Shirtvariationen, die TORTURE SQUAD mitgebracht haben, was sich (laut Metal-Archives) wohl eher auf die Verweildauer von Drummer Amílcar und Bassist Castor bei TORTURE SQUAD bezieht, denn die nach einem SACRED REICH Song benannte Band gibt es noch drei Jahre länger. Mehr als ein reißerischer Spruch ist es aber nicht, denn was die drei Herren veranstalten, ist das ziemliche Gegenteil einer Tortur. Selten ist mir ein dermaßen sympathisches und gleichzeitig wuchtiges Drei-Mann-Abrisskommando begegnet, das von der ersten bis zur letzten jede Sekunde auf der Bühne voll auskostet. Castor und Gitarrist André wechseln sich bei den Gesangsparts fließend ab, so dass beide genug Zeit haben, das begeisterte Publikum anzufeuern oder eine kleine Showeinlage zu platzieren, um nicht von Amílcar in den Schatten gestellt zu werden, denn wenn der Schlagzeuger nicht eben das Haar im Ventilatorwind wehen lässt, stellt er sich beim Spielen gerne mal hin und verleiht dem Auftritt so zusätzliche Dynamik. Toller Auftritt einer engagierten Liveband, die in dieser Form gerne viel häufiger vorbeikommen darf.
Bei ARTILLERY wird es dann erst mal etwas ruhiger, im Vergleich zu TORTURE SQUAD führen die Dänen allerdings auch eine etwas feinere Klinge ins Feld. Möglich, dass das Publikum sich zunächst ein Bild von den Fähigkeiten des neuen Frontmanns Michael machen möchte, bevor es die selbst auferlegten Fesseln ablegt. Wohl auch wegen der wenig imposanten Zahl an Zuschauern kann er mit diesem Druck problemlos umgehen und geht zurecht als Mittelpunkt des Auftritts durch, während die Gitarre spielenden Stützerbrüder und Bassist Peter zwar nach Kräften aktiv sind, ihnen ob ihres Erscheinungsbildes „Lehrerausflug gone wild“ jedoch einfach ein wenig Ausstrahlung fehlt. Das Power Metal-artige sonore Moment in Michaels Stimme passt vor allem zu den Liedern der letzten beiden ARTILLERY Alben hervorragend und dass die Gestik (noch) etwas dramatisch wirkt im thrashenden Drumherum, ist deutlich leichter zu verschmerzen als zwei echte kleine Schönheitsfehler: Abgesehen vom abschließenden „Terror Squad“ punkten stimmungstechnisch heute ausschließlich die neueren Lieder und außerdem hätte man dem gutem Michael ruhig ein wenig mehr Saft auf sein Mikro geben dürfen, denn so geht er in den gesanglich ruhigeren Momenten nahezu unter und muss sich ansonsten voll reinhauen, um eine Chance gegen seine Mitstreiter zu haben. Wäre die Ausgangsqualität der Lieder nicht so hoch, hätte das ARTILLERY den Platz auf dem Tagespodest kosten können.
Der Höhepunkt kommt zum Schluss, obwohl man einen Moment braucht, um sich darauf einzustellen, dass GAMA BOMB live im Verhältnis zu den Alben tatsächlich noch mehr als einen Gang hochschalten, so dass die Geschwindigkeit sich in Spaceballs-chen Dimensionen des Wahnsinns abspielt. Zum Glück ist die Musik der Nordiren entsprechend windschnittig auf diese Radikalkur vorbereitet, was das unendliche Tempo Hand in Hand mit unendlichem Spaß gehen lässt. Während Neuzugang John Roche noch sehr auf das Spielen konzentriert ist, toben seine Kollegen wie eine Horde übermütiger Teenager durch das Programm, allen voran Frontmann Philly. Er greift kameradschaftlich in die Instrumente, tänzelt mit dem Mikroständer, beißt in Gitarristenschultern und alle Faxen werden davon veredelt, dass er wie eine junge Ausgabe des deutlich ernsteren Mikael Åkerfeldt aussieht.
Ob alte oder neue Lieder ist bei GAMA BOMB heute weniger wichtig, denn weil aktuell auf die Screams verzichtet werden muss, erhält auch das ältere Material einen „The Terror Tapes“ Touch. Mein persönlicher Favorit ist (wie auf dem Album) das grandiose „Terrorscope“, zumal der Einbau des Säbeltanzes auch live ein Knaller ist. Den Preis für DIE Ansage des Abends erringt aber konkurrenzlos „Hammer Slammer“: „Wir haben mal ein Lied für Lionel Richie geschrieben, ohne Auftrag. Er hat sich dann auch nie gemeldet, nachdem wir es ihm geschickt hatten, der Depp. Also benutzen wir es selbst.“
Humor, Energie und Klasse vereinen sich zu erstklassigem Thrash-Entertainment, so dass man es der Band kaum übel nehmen mag, als schon nach exakt einer Stunde um kurz vor Mitternacht Schluss ist. Irgendwann geht eben auch der schönste Feiertag zu Ende.