Coal Chamber In This Moment Nekrogoblikon & Huntress
Coal Chamber, In This Moment, Nekrogoblikon & Huntress
Bochum, Matrix
12.06.2013
12.06.2013
Während man nach einem Festival als Besucher oft lieber ein paar Tage durchschlafen würde statt in den Alltag zurückgeworfen zu werden, haben gerade Bands aus Übersee natürlich Besseres zu tun, als sich auf die faule Haut zu legen, denn Kosten verursacht der Aufenthalt in der Fremde so oder so. Da bietet es sich an, ein paar Konzerte dazwischen zu schieben und mal bei der Basis vorbeizuschauen. Mittlerweile ist das ein etabliertes und recht beliebtes Spiel, wobei diese Form von Werktagskonzerten bei der Promotion kaum je mit einer „echten“ Tour vergleichbar ist und die auf den Festivals geleerten Geldbeutel manchen Besucher in spe zwangsweise auf der Couch zurücklassen. Deshalb weiß man nie genau, womit zu rechnen ist, aber das bunte Quartett, das der „Eureka!“-Staat Kalifornien heute für Bochum geschnürt hat, sorgt immerhin für eine gut zur Hälfte gefühlt Matrix, so dass Stimmung aufkommt, man sich aber nicht nur in den Umbaupausen recht problemlos dorthin bewegen kann, wo es einem am genehmsten ist.
Als HUNTRESS eröffnen, sind noch nicht alle Zuschauer eingetroffen, auch weil längst nicht jedem die immer noch junge Band schon ein Begriff ist. Frontfrau Jill Janus und ihre muntere Truppe stört das nicht die Bohne, eher dürften einige erschreckte Gesichter im Publikum zu finden sein, denn Jill legt, noch bevor sie sich ihres Capes entledigt hat, stimmlich gleich in einem Schmettergang los, der bis ins Mark zu spüren ist. Selbst die ausgewählten Lieder vom neuen Album „Starbound Beast“ versprühen so eine beträchtliche Giftigkeit und Aggression, stehen aber (selbstverständlich) im Schatten des bekannten Smashhits „Eight Of Swords“, der insbesondere den auf die späteren Acts Wartenden einen solchen Scheitel zieht, dass ein wenig des Applauses gut und gerne der Angst zuzuschreiben ist, die zwischen den Liedern recht herzlich wirkende Jill würde die Leute sonst in ihren Träumen heimsuchen. Während HUNTRESS musikalisch überzeugen, fällt auf, dass Neugitarrist Anthony Crocamo sich showtechnisch noch ein wenig zurückhält und Jill es mit der im Interview angesprochenen „Sexlessness“ trotz hautengem Outfit und hoher Stiefel etwas übertreibt. Ein wenig wild maskulines Posing geht ja noch in Ordnung, aber bei dem eckigen, fast schon auf allen Vieren absolvierten Gang fehlt nur noch die stilechte Kopfdrehung um 360° zur dämonischen Regan MacNeil. In Zukunft vielleicht ein wenig geschmeidiger, Miss Janus?
Es folgen die größten Quatschköpfe des Abends, NEKROGOBLIKON. Man muss es fast schon Unwesen nennen, was die jungen Herren aus Santa Barbara da treiben, die ich wegen der Löckchenpracht des Keyboarders fälschlicherweise schon nach Italien verortet hatte. Nicht nur sind die Ansagen albern unsinnig („Alle unsere Lieder handeln von Goblins. Der nächste heißt „Bears“ und handelt von Bären.“), als zusätzliches Bandmitglied springt auch noch ein Vogel in Goblinmaske über die Bühne, der anfängliche Probleme mit einer Ansprache überbrückt, das Publikum animiert oder als Bierlaufbursche der Musiker dient. Für den recht energischen, mit viel Dudelkraft aufgeladenen Melodic Death der Band, die sich auch nicht scheut, gelegentlich ein zeitgenössisches (Core-)Element einzubauen, ist das für meinen Geschmack zu viel Brimborium für die vorhandene Substanz. Gepaart mit der manchmal leicht chaotischen Hyperagilität wirkt es, als wollte die Band auf jeden Fall vermeiden, die Musik für sich alleine stehen zu lassen. Wenn der jugendliche Übermut in etwas kontrolliertere Bahnen gebracht wird und Lockenkopf Nicky ein wenig an Stimmgewalt zulegt, darf man NEKROGOBLIKON allerdings auf der GRAILKNIGHTS/FINNTROLL/TURISAS-Rechnung haben.
Apropos Brimborium… Damit IN THIS MOMENT Frontfrau Maria stilecht auftreten kann, wird ihr ein kleines Extrapodest komplett mit Schädeldeko und Gebläsen aufgebaut, eingerahmt von mit Masken garnierten weißen Gartenbögen. Und wie zuletzt bereits in Videos und auf Promofotos zu beobachten war, ist die Band um Maria auch live wenig mehr als Staffage, die sowohl durch häufiges Beziehen von Positionen hinter dem Aufbau wie auch durch dunkle Kleidung und Gesichtsbemalung einen krassen Kontrast zur knapp, eng und weiß herausgeputzten Sängerin bilden. Damit weder Maria noch dem Publikum langweilig wird, hat zudem jedes Lied eigene Accessoires, von der Krankenschwesterhaube über den mit „Whore“ beschrifteten Spitzhut und ein Paar trotz Gebläse leicht lahmende Tüllflügel. Bei allem Respekt vor ausgetüftelten Shows und kleinen, aber feinen Ideen ist das deutlich zu viel, um IN THIS MOMENT (als Metalband) ernstnehmen zu können. Eher erinnert die ganze Inszenierung, samt der indirekten Degradierung der Mitmusiker und inklusive des Kopfmikros, an eine Popdiva wie Christina Aguilera, nur eben mit ein paar Gitarren. Dabei ist die Musik trotz einem Hauch von künstlicher Kalkuliertheit eigentlich recht stimmig und Maria hat stimmlich auch das Zeug, sich nicht hinter so einer Scharade verstecken zu müssen, selbst wenn ihr gen Ende ein wenig das Volumen und die Puste ausgeht. Aber irgendein schlauer Fuchs wird sich schon was dabei gedacht haben…
Das komplette Kontrastprogramm liefert im Anschluss der gefeierte Headliner COAL CHAMBER: Die komplette Bühne ist so leer wie möglich geräumt worden, damit größtmögliche Bewegungsfreiheit herrscht, was vor allem Bassistin Chela Rhea Harper (im Abby Sciuto-Look) für regelmäßige, raumgreifende Brummkreiseltänze ausnutzt. Aber auch Dez Fafara und sein alter Partner in Crime, der eisern sein Nicht-Mienenspiel durchziehende Gitarrist Meegs, sind heute nicht gekommen, um stur in einer Position zu verharren, sondern tigern (Meegs) und toben (Dez) nach Kräften, während das Publikum sich in Ekstase hüpft. Als Gimmicks reichen ein paar fluoreszierende Seiten, ein Strich im Gesicht und ein von innen beleuchtetes Mikrofon, ansonsten lassen COAL CHAMBER die Musik sprechen, was ganz hervorragend funktioniert, obwohl so mancher Anwesende nicht mal eingeschult war, als die Band zum letzten Mal in Bochum aufgetreten ist. Von drei auf so unterschiedliche Weise um die Aufmerksamkeit wetteifernden Kameraden, fühlt sich Mike Cox hinter dem Kit offenbar besonders herausgefordert und drischt mit selten gesehenem, AB-SO-LU-TEM Volleinsatz auf alles ein, was bei drei noch innerhalb seiner Reichweite ist. Guess who’s the „Loco“? Nebenwirkung des Actiondrummings ist ein nicht endender Strom von heilen wie demolierten Sticks, die mit etwa der Präzision einer Shotgun über die Bühne verstreut und Sekunden später von fleißigen Helfern eingesammelt werden.
Es sieht zwar weiterhin so aus, als wäre die COAL CHAMBER Reunion eine temporäre und ausschließlich auf Auftritte ausgelegte Sache, aber wenn die Band dabei jedes Mal ein Feuerwerk wie heute Abend abbrennt, darf das ruhig noch eine Weile so weiter gehen. Beim abschließenden „Sway“ bin ich sogar kurz versucht, meine Meinung zu überdenken, dass Dez mit DEVILDRIVER die eindeutig bessere Musik macht. Großartige Unterhaltung!
Als HUNTRESS eröffnen, sind noch nicht alle Zuschauer eingetroffen, auch weil längst nicht jedem die immer noch junge Band schon ein Begriff ist. Frontfrau Jill Janus und ihre muntere Truppe stört das nicht die Bohne, eher dürften einige erschreckte Gesichter im Publikum zu finden sein, denn Jill legt, noch bevor sie sich ihres Capes entledigt hat, stimmlich gleich in einem Schmettergang los, der bis ins Mark zu spüren ist. Selbst die ausgewählten Lieder vom neuen Album „Starbound Beast“ versprühen so eine beträchtliche Giftigkeit und Aggression, stehen aber (selbstverständlich) im Schatten des bekannten Smashhits „Eight Of Swords“, der insbesondere den auf die späteren Acts Wartenden einen solchen Scheitel zieht, dass ein wenig des Applauses gut und gerne der Angst zuzuschreiben ist, die zwischen den Liedern recht herzlich wirkende Jill würde die Leute sonst in ihren Träumen heimsuchen. Während HUNTRESS musikalisch überzeugen, fällt auf, dass Neugitarrist Anthony Crocamo sich showtechnisch noch ein wenig zurückhält und Jill es mit der im Interview angesprochenen „Sexlessness“ trotz hautengem Outfit und hoher Stiefel etwas übertreibt. Ein wenig wild maskulines Posing geht ja noch in Ordnung, aber bei dem eckigen, fast schon auf allen Vieren absolvierten Gang fehlt nur noch die stilechte Kopfdrehung um 360° zur dämonischen Regan MacNeil. In Zukunft vielleicht ein wenig geschmeidiger, Miss Janus?
Es folgen die größten Quatschköpfe des Abends, NEKROGOBLIKON. Man muss es fast schon Unwesen nennen, was die jungen Herren aus Santa Barbara da treiben, die ich wegen der Löckchenpracht des Keyboarders fälschlicherweise schon nach Italien verortet hatte. Nicht nur sind die Ansagen albern unsinnig („Alle unsere Lieder handeln von Goblins. Der nächste heißt „Bears“ und handelt von Bären.“), als zusätzliches Bandmitglied springt auch noch ein Vogel in Goblinmaske über die Bühne, der anfängliche Probleme mit einer Ansprache überbrückt, das Publikum animiert oder als Bierlaufbursche der Musiker dient. Für den recht energischen, mit viel Dudelkraft aufgeladenen Melodic Death der Band, die sich auch nicht scheut, gelegentlich ein zeitgenössisches (Core-)Element einzubauen, ist das für meinen Geschmack zu viel Brimborium für die vorhandene Substanz. Gepaart mit der manchmal leicht chaotischen Hyperagilität wirkt es, als wollte die Band auf jeden Fall vermeiden, die Musik für sich alleine stehen zu lassen. Wenn der jugendliche Übermut in etwas kontrolliertere Bahnen gebracht wird und Lockenkopf Nicky ein wenig an Stimmgewalt zulegt, darf man NEKROGOBLIKON allerdings auf der GRAILKNIGHTS/FINNTROLL/TURISAS-Rechnung haben.
Apropos Brimborium… Damit IN THIS MOMENT Frontfrau Maria stilecht auftreten kann, wird ihr ein kleines Extrapodest komplett mit Schädeldeko und Gebläsen aufgebaut, eingerahmt von mit Masken garnierten weißen Gartenbögen. Und wie zuletzt bereits in Videos und auf Promofotos zu beobachten war, ist die Band um Maria auch live wenig mehr als Staffage, die sowohl durch häufiges Beziehen von Positionen hinter dem Aufbau wie auch durch dunkle Kleidung und Gesichtsbemalung einen krassen Kontrast zur knapp, eng und weiß herausgeputzten Sängerin bilden. Damit weder Maria noch dem Publikum langweilig wird, hat zudem jedes Lied eigene Accessoires, von der Krankenschwesterhaube über den mit „Whore“ beschrifteten Spitzhut und ein Paar trotz Gebläse leicht lahmende Tüllflügel. Bei allem Respekt vor ausgetüftelten Shows und kleinen, aber feinen Ideen ist das deutlich zu viel, um IN THIS MOMENT (als Metalband) ernstnehmen zu können. Eher erinnert die ganze Inszenierung, samt der indirekten Degradierung der Mitmusiker und inklusive des Kopfmikros, an eine Popdiva wie Christina Aguilera, nur eben mit ein paar Gitarren. Dabei ist die Musik trotz einem Hauch von künstlicher Kalkuliertheit eigentlich recht stimmig und Maria hat stimmlich auch das Zeug, sich nicht hinter so einer Scharade verstecken zu müssen, selbst wenn ihr gen Ende ein wenig das Volumen und die Puste ausgeht. Aber irgendein schlauer Fuchs wird sich schon was dabei gedacht haben…
Das komplette Kontrastprogramm liefert im Anschluss der gefeierte Headliner COAL CHAMBER: Die komplette Bühne ist so leer wie möglich geräumt worden, damit größtmögliche Bewegungsfreiheit herrscht, was vor allem Bassistin Chela Rhea Harper (im Abby Sciuto-Look) für regelmäßige, raumgreifende Brummkreiseltänze ausnutzt. Aber auch Dez Fafara und sein alter Partner in Crime, der eisern sein Nicht-Mienenspiel durchziehende Gitarrist Meegs, sind heute nicht gekommen, um stur in einer Position zu verharren, sondern tigern (Meegs) und toben (Dez) nach Kräften, während das Publikum sich in Ekstase hüpft. Als Gimmicks reichen ein paar fluoreszierende Seiten, ein Strich im Gesicht und ein von innen beleuchtetes Mikrofon, ansonsten lassen COAL CHAMBER die Musik sprechen, was ganz hervorragend funktioniert, obwohl so mancher Anwesende nicht mal eingeschult war, als die Band zum letzten Mal in Bochum aufgetreten ist. Von drei auf so unterschiedliche Weise um die Aufmerksamkeit wetteifernden Kameraden, fühlt sich Mike Cox hinter dem Kit offenbar besonders herausgefordert und drischt mit selten gesehenem, AB-SO-LU-TEM Volleinsatz auf alles ein, was bei drei noch innerhalb seiner Reichweite ist. Guess who’s the „Loco“? Nebenwirkung des Actiondrummings ist ein nicht endender Strom von heilen wie demolierten Sticks, die mit etwa der Präzision einer Shotgun über die Bühne verstreut und Sekunden später von fleißigen Helfern eingesammelt werden.
Es sieht zwar weiterhin so aus, als wäre die COAL CHAMBER Reunion eine temporäre und ausschließlich auf Auftritte ausgelegte Sache, aber wenn die Band dabei jedes Mal ein Feuerwerk wie heute Abend abbrennt, darf das ruhig noch eine Weile so weiter gehen. Beim abschließenden „Sway“ bin ich sogar kurz versucht, meine Meinung zu überdenken, dass Dez mit DEVILDRIVER die eindeutig bessere Musik macht. Großartige Unterhaltung!