Obscene Extreme Fest 2012

Obscene Extreme Fest 2012

AsphyxBenightedBloodCephalic CarnageEardeleteF.U.B.A.R.Internal SufferingJig-AiKeitzerLeng Tch'eMalignancyNasumSanitys DawnSplitterSuffocationVomitoryVon Bööm
Trutnov, Battlefield
11.07.2013
Der folgende Bericht wurde von einem Gastschreiber verfasst und spiegelt dem entsprechend nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Da Opi allerdings ein extrem cooler Typ ist, könnt ihr ihm ähnlich grenzen- und bedingungslos vertrauen wie uns... ;)


Pleiten, Pech und Pannen?

Donnerstag halb acht, der Urlaub ist durch, wie immer auf den letzten Drücker, aber das kennt man ja. Ich stehe mit gepacktem Rucksack vor der Haustür, warte auf meinen Kumpel und seine Frau, uns dürstet nach Grind, Crust, Death Metal und Punkrock, nach Freaks und alten Obscenefreunden, nach tschechischem Bier und Blastbeats. Es wird um acht und noch kein bekanntes Auto ist in Sicht. Shit...
Halb neun kreuzen die Beiden auf, die Dame des Hauses hat ein wenig länger gebraucht. Uff...
Also Hucke und Zelt ins Auto und dann ab die Post gen Süden.
Bis zur Grenze läuft alles bestens, nur die Gespräche untereinander lassen wieder schlimmstes befürchten. Alle Bands, die ich sehen will, halten meine beiden Mitstreiter für nicht ganz so sehenswert und was ich unter „Stumpfgrind“ abtue, erregt bei den Beiden erhöhtes Interesse. Naja, wie jedes Jahr das selbe Spiel, mittlerweile lachen wir darüber, wo ich vorher noch an meinem musikalischen Geschmäckle gezweifelt habe.
Im Gegensatz zum Vorjahr beschließen wir, nicht gleich in den Wechselstuben hinter dem Grenzübergang unsere Euronen in tschechische Kronen zu tauschen, sondern 'ne „richtige“ Bank anzufahren. Fehler! Die Banken in Trutnov schließen über Mittag, so geht uns nochmals Zeit verloren und der Wechselkurs ist ein wenig höher als hinter dem ehemaligen Grenzbaum...
Nachdem wir Kronen in ausreichendem Maß in den Geldbeuteln haben, geht es auf kürzestem Weg zum Festivalgelände, dem „Battlefield“. Das Zelt ist in Rekordzeit aufgebaut. Nun noch das Auto zum Schlafwagen für die „Stumpfgrinder“ gemacht, mit 'ner Tasse Whiskey auf ein geiles Fest angestoßen und dann geht’s ab zur Kasse. Der Herr Journalist hat sich akkreditieren lassen und meldet sich gesondert an.

Das Festivalbändchen am Handgelenk rennt er dann auch gleich los und hinterlässt laut rufende tschechische Securitymitarbeiter, die ihm auch noch hinterherrennen. Was habe ich wohl falsch gemacht, werde ich das Festival noch erleben, wie komme ich nach Hause wenn nicht? Doch schnell stellt sich heraus, dass ich den Festivalsampler und das Heft mit der Running Order vergessen habe und man im Laufschritt hinter mir herhetzt, um mir Dumpfbacke mein Zeug hinterherzutragen. Diese Freundlichkeit und diesen Service findet man auf manch deutschem Festival nicht! Klasse und Danke an alle Mitarbeiter des Obscene, so kommt man gern wieder.
Schnell sind die Kronen im nächsten Tausch zu Verpflegungsbons geworden und die erstbeste Tränke wird nach schwerer Arbeit und nach einiger Aufregung angesteuert.
Für 1,20 Euro bis 1,80 Euro hat man an den Getränkeständen die Auswahl zwischen 8 verschiedenen Biersorten (mit und auch ohne „Umdrehungen“) oder diversen anderen Kaltgetränken. Mit Genugtuung (andere sagen Hähme dazu) stelle ich fest, dass die erste Band, welche meine Begleiter auf ihrem handgeschriebenen Zettel stehen haben bereits gespielt hat und ich so erstmal noch ihre ungeteilte Aufmerksamkeit geniessen darf. ;-)
Geschmackssicher ist Curby nicht nur in der Auswahl der auftretenden Bands, sondern auch in ihrer Anordnung, so steigt die Qualität des Dargebotenen für meine Begriffe immer weiter an und gipfelt in den Shows der Headliner.

Endlich Musike!

Unsere erste Band des Abends sind EARDELETE mit ihrem Grindcore aus Tschechien und meine Wenigkeit hat nix zu meckern. Als alter Crustie gehen mir die folgenden VON BÖÖM natürlich auch gut ab und der Start des Obscene weiß mich zu fesseln. Der Rest meiner Festivalfamilie rümpft bei Crust aber schon die Nase.
SPLITTER waren eine Grindband neuer Schule aus (ja wieder) Schweden und sind mittlerweile aufgelöst. Sie spielen auf dem OEF 12 einen ihrer letzten Gigs. Ich finde es sehr schade, dass es SPLITTER heute nicht mehr gibt. Dreimal kann der Leser raten, wer wohl weniger traurig ist?

Es folgen MALIGNANCY aus den USA und mein erstes Highlight mit den (na klar) Schweden WOLFBRIGADE. So wie ich es erwartet hatte, wird der Gig kompromisslos hart und lässt den Platz vor der Bühne richtig gut voll werden.
Auf SUFFOCATION konnten sich beide Parteien schon bei der Fahrt zum Obscene (ausnahmsweise) einigen und gleich zu Beginn steht uns allen ein riesen Fragezeichen über unseren Köpfen. Frank Mullen scheint innerhalb kürzester Zeit 'ne Rastamatte gewachsen zu sein und die altbekannte Handkante kommt doch recht selten zum Einsatz. Die Auflösung ist simpel: Der Sänger von DECREPIT BIRTH, ein gewisser Bill Robinson, vertritt das Death Metal Urgestein und macht seine Sache so hervorragend, dass man Frank nur wenig vermisst. Klasse Leistung! Ich bin nach der Show auch das einzige Mal backstage, um Mister Robinson für die Klasse seiner Darbietung zu danken.

Die Amerikaner CEPHALIC CARNAGE habe ich in Leipzig mal verpasst, da ein Bloodchamber-Schreiberling (nein, ich verrate nicht wer es war!) in volltrunkenem Zustand unserer Aufmerksamkeit bedurfte, um seinen Heimweg zu finden. Nach SUFFOCATION habe ich jetzt die Möglichkeit, Verpasstes doch noch nachzuholen und der Mix aus technischem Death Metal und Grind weiss mich zu begeistern.
ORIGIN sind mir dann zu technisch und die folgende Hell Show ist ein Feuerwerk des nachempfundenen Schmerzes. Hier stechen sich Menschen Nadel durch die Haut an allen möglichen Körperteilen und lassen sich an Seilen in die Luft ziehen. Die Hell Show beendet wie jedes Jahr den ersten Tag in Trutnov, sorgt aber immernoch für meine schaurige Verwunderung.

Tag Nummer zwei beginnen wir mit einer kolumbianischen Band, welche auf den Namen ENTE hört. Diese bieten keine Kinderlieder sondern Death Metal im Stil alter MORBID ANGEL und können entsprechend dem geneigten Deather wärmstens ans Herz gelegt werden.
Es folgen die argentinischen Grinder von SOCIAL SHIT und die Brasilianer von ANDRALLS. Wer auf Thrash Metal im Stil alter SEPULTURA steht sollte hier mal ein Ohr riskieren.
SAKATAT aus der Türkei sind ein Grindtrio mit sehr agilem Sänger und erinnern an die Grinder von ASSÜCK.
M40 mit ihrem schwedischen Crustcore mit Doppelgesang sorgen bei meinen Begleitern für Augenrollen, mir gefällt es richtig gut.
Das Rostocker Grindkommando von WOJZECH kommt ebenfalls mit zwei Sängern und macht richtig Ballett. Ein Cover von PHOBIA wird gespielt und mittlerweile stehen die Mecklenburger auf meinem Einkaufszettel.
Die Amerikaner von WEEKEND NACHOS spielen ebenfalls Grindcore, drosseln aber des öfteren das Tempo und sorgen so für Abwechslung in einem guten Set.
Mit den Deutschen KEITZER setzt der Regen und die große Flucht ins Bierzelt ein. Schade für die Band, da auch ihre Form von Grindcore gut in die Beine geht.

Pünktlich zu den Goregrindern SPASM ist Schluss mit dem Regen, Pigsqueals mag ich aber nicht so ganz und ein Sänger von geschätzten 150 Kilo im Boratkostüm ist auch nicht ganz meine Kragenweite, meine Mitstreiter hingegen feiern kräftig mit. Dass auch viele andere diese Band mögen zeigt ein Meer an Stagedivern. Ich bin und bleibe wohl ein Kulturbanause.
Die folgenden LENG TCHE aus Belgien passen wieder besser in meine Schublade, liefern einen Grindhammer nach dem nächsten ab. Das Publikum braucht aber ein, zwei Songs, um annähernd so zahlreich vor der Bühne auszurasten, wie bei SPASM. LENG TCHEs Sänger ist aber ein Obersympath und nach zwei Ansagen wird es vor ihm wieder voller und wilder.
DEMISOR aus Singapur spielen seit 1987 Grindcore und liefern auch 2012 noch genügend gute Songs ab, um das Energielevel vor der Bühne oben zu halten.
Ihre Landsmänner und Genrekollegen von WORMROT sehen ganz unscheinbar aus, liefern aber ein solches Inferno ab, dass das Energielevel von Platte noch getoppt wird. Ich bleibe jedenfalls mit offenem Mund noch 'ne ganze Weile stehen, um mir im Anschluss ein WORMROT-Leibchen zuzulegen. Wow!
Bei den Franzosen von BENIGHTED ist die Bühne voller Diver, eine Wall of Death wird gestartet und der Schreiberling staunt, hatte ich die Band doch weniger grindig in Erinnerung.

Was dann folgt sollte jedem Besucher des Obscene ein Fest gewesen sein. War Rat im letzten Jahr noch als Sänger der VARUKERS auf dem OEF zu Gast, stürmt er 2012 mit den Urvätern des Grind-, Crust- und Hardcore von DISCHARGE die Bühne. Legionen von Bands berufen sich bekanntlich auf diese Combo und der Gig auf dem Obscene gleicht einem Triumphzug. Große Show zum Mitgröhlen,Mitbangen, Mitdiven und Mitpogen von etwas älteren aber herausragenden Entertainern und kein anderer Musiker scheint am Bühnenrand zu fehlen! Hier bleibt niemand im Backstagebereich.
Und ebenso großartig soll es weitergehen – mit den Schweden NASUM. Deren Sänger Mieszko Talarczyk war leider unter den Opfern der Tsunamikatastrophe 2004 und wird auf der Reunionstour durch Keijo Niinimaa von ROTTEN SOUND ersetzt. Die Band zeigt sich in Höchstform, liefern eine wahnsinnig intensive Show ab und diese wird entsprechend abgefeiert. NASUM zählten völlig zu Recht zur Speerspitze des Grindcore.

EXHUMED mussten ihren Auftritt canceln, so folgen VOMITORY auf DISCHARGE und NASUM. Die Schweden sind auf Platte großartig, auf der Bühne fehlt mir ein wenig Bewegung und nach zweier solcher Bands spielen zu müssen, ist keine leichte Aufgabe. Der Platz vor der Bühne leert sich jedenfalls merklich. Mittlerweile sind auch VOMITORY leider aufgelöst (RIP).
Nach den Holländern von F.U.B.A.R. und ihrem Grind geht es für mich ab zum Zelt. Band des Abends bleiben für mich DISCHARGE.

Und schon ist wieder Samstag und somit der letzte Tag auf dem Obscene für uns. Wir beginnen den Abschlusstag mit SANITY'S DAWN aus Deutschland. Im Gegensatz zu derem erstem OEF-Gig bleibt den Mannen um einen stimmlich sehr breit aufgestellten Sänger in diesem Jahr der Regen erspart.

Da das Wetter gerade sehr gut und der Hunger sehr gross sind, entscheiden sich unser Fahrer und meinereiner zum Besuch im Städtchen. Nach kurzer Absprache mit seiner holden Frau geht’s auch schon los. Wir essen, trinken und füllen die Kronenvorräte auf und sind nach zweieinhalb Stunden wieder auf dem Gelände. Leider verstehen Herr Mitfahrer und Frau Mitfahrer unter „mal kurz etwas essen gehen“ verschiedene Zeitspannen und es gewittert ein wenig in unserer kleinen Festivalfamilie.

JIG-AI aus Tschechien sorgen mit ihren Pigsqueals bei meinen Begleitern für Beruhigung und Gänsehautstimmung, eine Techno-Version von „Wenn wir alle Englein wären“ lässt das Publikum ebenfalls wieder in den Partymodus schalten.
INTERNAL SUFFERING sind Landmänner von ENTE und liefern ein amtliches Death Metal Brett ab, welches ebenso empfehlenswert ist, mal angetestet zu werden.
Ich freue mich auf EXTINCTION OF MANKIND. Bin aber nach der Show ein wenig enttäuscht, weil mir die Stimme des Sängers heute ein wenig kraftlos erscheint.

DEMONICAL liefern entsprechend ihrer Herkunft ein Stück schwedischer Todesblei ab, der nostalgische Gefühle an die Anfänge der 1990er Jahre aufkommen lässt. Leider scheinen viele Besucher gerade diesen Gig zum Essenfassen zu nutzen.
LOOKING FOR AN ANSWER aus Spanien sind auf Platte eine Grindoffenbarung, ich empfehle jedem Liebhaber des Grindcores die Split mit RATOS DE PORAO zum Einstieg, dieser Eindruck verfestigt sich in mir nach ihrem OEF 12 Gig. Die Iberer erinnern mich desöfteren an alte TERRORIZER oder NAPALM DEATH.

HOUWITSER spielen holländischen Death Metal, das Flaggschiff dieser Richtung soll aber noch folgen und meine Begeisterung hält sich bisher in Grenzen. Live funktioniert diese Band allerdings erstaunlich gut.
BLOOD waren mit ihrer ersten LP „Impulse to Destroy“ noch eine meiner Faves. Ihre zweite Langrille „Christbait“ schielte dann ein wenig Richtung Black Metal. Heute kommen BLOOD mit angedeutetem Corpsepaint auf die Bühne. Meine Begleiter findens top, ich hingegen schweige.

Die Franzosen BLOCKHEADS spielen ihren Grind in Anlehnung an alte NAPALM DEATH, ich bin wieder glücklich, endlich wieder richtige Blastbeats.
Redaktionsintern gibt es für ein gelungenes Death Metal Konzert offenbar eine Masseinheit – ein Asphyx. Auch an diesem Abend erreicht eine Band diese Einheit – nämlich ASPHYX höchstselbst. Auch wenn, wie heute, mal die Klampfe ausfällt, ASPHYX bleiben souverän und walzen alles nieder. Ein würdiger Headliner und eine sympathische Band.
Auf ASPHYX folgt die maximale Zerstörung in unglaublicher Geschwindigkeit. Das deutsche Powerviolencetrio YACOPSAE ist die Vertonung rasender Wut. Fürs Kennenlernen sei „Tanz Grosny tanz“ zum Kauf empfohlen.
Die letzte Band die ich 2012 erlebe, heißt POISON IDEA. Die Portland-Schwergewichte werden - ähnlich wie DISCHARGE - von massenhaft Bands als Einfluss genannt. Auch hier wird mitgegröhlt was das Zeug hält, die Form von DISCHARGE am Vortag erreichen POISON IDEA aber nicht ganz. „Feel the Darkness“ unser trotzdem ein würdiger Schluss auf dem Obscene Extreme 2012.

Zum Abschluss sollte noch erwähnt werden, dass das Obscene expandiert ist und es dieses Jahr erstmals je ein Obscene Amerika, ein Obscene Asia und ein Obscene Australia gab. Wer also seinen Urlaub in Übersee plant, sollte seine Augen offenhalten, ob nicht in seiner Nähe der Grind tobt.

Danke an Curby und Crew, ihr seid perfekte Gastgeber. Danke aber auch an die „Stumpfgrinder“, ohne Euch machts wohl nicht im Ansatz soviel Spaß.

(Opi)
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