VIII. In Flammen Open Air

VIII. In Flammen Open Air

AhabArroganzCryptopsyDragonsfireEktomorfEndstilleExhumedGraveHuman PreyHumiliationInge & HeinzInquisitionKryptosMor DagorOndskaptToxic Beast
Torgau, Entenfang
04.07.2013

Donnerstag

Das In Flammen Open Air ist ohne Zweifel eines dieser Festivals, das man selten nur ein einziges Mal besucht. So gut wie jeder, der einmal in Torgau dabei gewesen ist, streicht den Julianfang des darauf folgenden Jahres bereits frühzeitig mit einem Marker seiner Lieblingsfarbe dick an. Dabei ist es, neben der überschaubaren Größe, dem begrünten Festivalgelände und der Möglichkeit, seine Getränke und Speisen von zu Hause bis direkt vor zur Bühne zu bringen, vor allem die familiäre Atmosphäre, die von überall auf einen herein zu schwappen scheint. Man fühlt sich eben einfach wohl.
Auch die mittlerweile 8. Ausgabe kann wieder mit einem leichten Zuschauerplus und einigen hochkarätigen Bands aufwarten. Ebenso steigt parallel dazu auch die Zahl der Dixis, die durch sorgfältige Leerung dieses Jahr sogar dem Festival seinen Running Gag über die Toilettensituation als einzigen Kritikpunkt entzieht. Teile des Geländes müssen zwar dem Matschgott geopfert werden, es bleibt aber immer noch ordentlich Reserveacker (traditionellen gut gedüngt mit Pferde- oder Schafsköttel - von weiteren Recherchen wurde abgesehen) und die Wege zu Bühne, Grill und Froschkotze-Bar sind nachwievor angenehm kurz. Das Wetter meint es gut und die lästigen Mücken werde je nach Verfügbarkeit mit Chemie oder bösen Blicke bekämpft. Dann also Streichholz raus und losgezündelt! [cr]

Die mittlerweile schon traditionelle Warm-Up-Party auf dem In-Flammen-Dampfer fällt dieses Jahr sprichwörtlich ins Wasser. Die Jahrhundert…ähm…Jahrtausend…nunja, das ganze viele unerwartete Wasser hat leider auch hier seine Spuren hinterlassen und dem Kahn seine Seetauglichkeit entrissen. Nichtsdestotrotz soll die Party dennoch stattfinden, wenn eh schon mal alle hier sind. Mit Shuttle-Bussen geht es vom Festivalgelände zum Club im Torgauer Brückenkopf. BLOODLAND, INGE & HEINZ sowie THE SOULSCAPE PROJECT sorgen für den nötigen musikalischen Background während als kleine Hommage an die Flut auch die Kehlen entsprechend befeuchtet werden. [cr]

Freitag

Am Nachmittag des offiziell ersten Festivaltages hat man die Gelegenheit, die Gewinner des vor kurzem abgehaltenen Leipziger Warm-Up Death-Match Contests noch einmal zu erleben, falls man TOXIC BEAST damals verpasst hat. Dort eröffneten sie ebenfalls mit ihrem furiosen Retro-Thrash den musikalischen Reigen. Heute jedoch warten bereits zu Beginn weitaus mehr nach Riffs lechzende Kuttenträger auf den Auftritt. Ist ja auch kein Wunder. Ist das Zelt einmal aufgebaut, die Nachbarn lautstark begrüßt, der Mittagsgrill schon wieder am erkalten und die mitgebrachten Biervorräte nahe der Erschöpfungsgrenze, muss einfach mal was Handfestes her. TOXIC BEAST sind gestandene Männer mit Selbstvertrauen, haben keine Angst vor engen Hosen, musikalischen Klischees und prähistorischen Schnauzbärten. Die unerwartet gut aufgestellte Menge weiß dies zu schätzen und zeigt eindrucksvoll, dass sie sich keineswegs Energie für später aufheben wollen. [cr]

Die angestaute Energie können FLESHCULT nicht ganz für sich nutzen, man sollte aber auch bedenken, dass sie auf keinen derart großen mitgereisten Fanblock zurückgreifen können wie ihre Vorgänger. Black Death Metal hat man sich auf den langen Ledermantel geschrieben und anfänglich macht die Band mit der namentlichen Kampfansage an alle Vegetarier auch einen soliden Eindruck. Nach und nach jedoch stellt sich eine gewisse Ernüchterung als Folge einer mangelnden Spannung ein und man beginnt, die Musik zwar im Ohr habend, gedanklich sich aber anderen Dingen zuzuwenden. Was will uns eigentlich der Mantel sagen? Vor allem, wenn er eh kurze Zeit später abgestreift wird? Und passen eigentlich die ausgestreckten Zeigefinger und Daumen meiner Hände um die Taille des Frontmanns? [cr]

Natürlich soll man Auftritte nicht hauptsächlich an der Optik festmachen, jedoch fallen auch CONTAMINANT zunächst durch ihr Auftreten auf. Überwiegend in weiß gekleidet und geschminkt, dazu passende roten Blutapplikationen - das geht im Sinne der "corporate identity" ja noch in Ordnung, aber Kontaktlinsen? Nein mann, solange du nicht blind wie ne Horde Maulwürfe bist, geht das gar nicht. Zudem sollte man auf einer derart familiär ausgerichteten Veranstaltung nicht so sehr den über den Dingen stehenden Unnahbaren geben, ob nun als Rolle oder in echt. Da verwundert es kaum, wenn das Publikum vorwiegend skeptisch dreinschaut. Vor allem aber ist dies dahingehend ärgerlich, dass die Bayern mit ihrem spürbar elektronisch verstärkten Melodic Death Metal musikalisch auf dem In-Flammen durchaus Akzente zu setzen vermögen. [cr]

...Akzente, die vom Leipziger Röchelspaßkommando HUMAN PREY nur Minuten später genüsslich durch den Wolf gedreht werden. Wir kennen die Freunde der langen Handkante bereits vom letzten IFOA, wo sie insgesamt noch etwas scheu in den Entenfang blickten und teilweise durch Überraschung punkten konnten - derartiger Schabernack ist diese Saison nicht mehr drin. Um so schöner ist es dann aber, dass man HUMAN PREY in jeder Hinsicht ein auftrittsreiches Jahr anmerkt: Weniger Slapstick an der trotzdem gut besetzten Humorfront, dafür eine merklich erhöhte Tightness, die vor allem den immer wieder sahnig-feinen Grooveparts hilft. Abgerundet wird das Gesamtpaket von der durchaus sportlichen Resonanz - die Blastbeat-Bekehrten des letzten Jahres (natürlich vollzählig anwesend) machen ihr Ding sowieso, dazu gab es dieses Jahr auch reichlich frisches Blut im Hasenstall. Sehr schöner Auftritt einer hoffentlich auch zukünftig gesetzten IFOA-Konstante. [rs]

Bei MOR DAGOR ist man sich einig, dass man diese eigentlich gern gemeinschaftlich sehen möchte, aber ein sich spontan materialisierendes Zeitloch weiß dies effizient zu verhindern.

Stattdessen widmen wir uns anschließend ausgiebig einer der großen Überraschungen des Festivals: HUMILIATION. Die Malaysier waren in jüngster Zeit bereits ein, zwei Mal in Deutschland zu erleben, kommen heute allerdings noch 'ne Ecke brachialer aus den Schlappen. Im Fahrwasser der neuen Scheibe "Turbulence From The Deep" schicken die Jungs eine knapp 40-minütige Todeswalze over Torgau, deren militaristische und zutiefst oldschoolige Brachialität vor allem Assoziationen zum britischen Leitpanzer BOLT THROWER aufkommen lässt: Ausgiebig zelebrierte Doublebass-Salven, der unermüdlich pumpende Bass, ebenso simple wie effektive Gitarrenarbeit, dazu das abgrundtiefe Röcheln von Sänger Bear Bee, dem selbst ein Shirt der Größe M bis in die Kniekehlen schlackert - das sieht zunächst witzig aus, nimmt die dichter werdende Zuschauermenge aufgrund der musikalischen Qualität allerdings im Handstreich. Und so erfreuen wir uns fliegenden Kopfes und gefletschten Zahnes an einem Auftritt, der alle Beteiligten überrascht und hoch zufrieden zurück lässt - raise your fist, Humiliationist! [rs]

Was man von den kanadischen Holzverdreschern CRYPTOPSY erwartet, hängt sehr stark von den eigenen musikalischen Fähigkeiten ab. Während aktive Musiker gebannt deren Flitzefingern folgen, flutschen so manch anderem die schwer zu greifenden Songs regelmäßig durch die Inkarnationen der eigenen Griffel. Wie erwartet zocken sich Schlagzeuger, Gitarristen und Bassisten die Seele aus dem Leib. Jedoch fällt im gleichen Atemzug auch auf, wie banal das ewig gleiche Gebrüll des Fronters im Gegensatz zu dieser Komplexität doch klingt. [cr]

Ganz ehrlich: Es ist ja nicht nur das Gebrüll, es ist vielmehr die komplette Packung. CRYPTOPSY sind der auf Krawall gebürstete Flickenflokati, den man sich nicht ums Verrecken in die Stube legen möchte - und live kommt die lustlos verhackstückte Banalität eher noch schlechter weg. Dann lieber die gern gehassten ENDSTILLE, denen man je nach persönlichem Kompensationsbedürfnis so ziemlich alles zwischen einfallslosem 90s-Kopistentum, Aggro-Abstinenz und Midtempo-Sklaverei vorwerfen darf. - So what? Fakt ist, dass die Nordlichter einfach mal sehr genau wissen, wie man schnörkellosen Black Metal genau so spielt, dass die Hütte brennt. Und genau das machen sie hier und heute: Hinter der flugs gezimmerten Schützengraben-/Stacheldrahtdeko drückt der monothematische Schwarzstahl mal etwas schneller, mal im meisterhaft beherrschten Midtempo, hier und da gern auch ein wenig schleifend in den Entenfang, dass es eine wahre Freude ist. Falls man dieses Wort im Zusammenhang mit trvem Vndergrovnd überhaupt noch verwenden darf.
Für mich die beste weil kompakteste BM-Schatulle des Festivals, zumal ENDSTILLE auch in Sachen Ansagen neue Wege beschreiten: "Der nächste Song handelt von den wachsenden sozialen Spannungen im Kaiserreich..." - das ist Studenten-Black Metal in Reinkultur, und mit Blick auf die bildungspolitischen Ansprüche gerade deswegen schon reif für die absolute Dominanz! [rs]

Wenn alle Amis durchgedreht sind, dann dürften die Jungs von EXHUMED bestimmt deren Könige sein. Coolness und Wahnsinn vereinen sich beim plakativen Auftritt der Ausgebuddelten. Eben steht der Gitarrist noch mit Kippe im Mund auf der Bühne, schon segnet er im nächsten Moment das Zeitliche. Ein schlecht verkleideter Arzt eilt ihm mit einem vermutlich von Dr. Emmett Brown selbst gebastelten Defibrilator bewaffnet zu Hilfe, kann jedoch auch nichts ausrichten. Erst das aus zwei Metern Höhe oral eingeflößte Notfallbier erweckt den erschöpften Saitenhelden wieder zum Leben. Als Beweis für die wiederhergestellten Körperfunktionen wird der verabreichte Alkohol prompt wieder ausgekotzt, sich kurz geschüttelt und weiter gespielt. Das ist widerlich und beeindruckend zugleich, passt aber natürlich auch prima zum gorigen Old School Death der Band. So verwundert es auch nicht, wenn am Ende der Herr Doktor wiederkehrt und den aus einem abgetrennten Gummikopf herauslaufenden Blutersatz in der Menge verteilt. Die haben eben nen Knall, diese Amis. Und so lange sie es nur auf der Bühne ausleben, können sie den gerne behalten. [cr]

Deutlich ernster geht die 2-Mann-Armee von INQUISITION auf ihren Kreuzzug. Mit einem Gesichtsausdruck irgendwo zwischen grimmiger Steppdecke und einem von seinem eigenen bevorstehenden Aussterben informierten Panda bleibt keine Luft für irgendwelchen Humor. Geht ja auch schlecht, denn ohne Konzentration würde man es gar nicht schaffen, derart vielseitigen Black Metal zu fabrizieren. Es ist geradezu erschreckend, welch voluminöse Epik die beiden nur mit Schlagzeug, Gitarre und Mikro erschaffen. Und immer wieder wird leicht die Richtung gewechselt, damit keine Langeweile aufkommt. Die große Bühne lässt INQUISITION zwar etwas verloren erscheinen, aber da stehen die beiden einfach drüber. [cr]

Äbbelwoi un DRÄGENSFAIE zieh'n ons in de ärschde Reihe... ...oder so ähnlich. DRAGONSFIRE geben sozusagen den Rausschmeißer für Tag 1 und zeigen sich mit zutraulichen Stücken wie "Speed Demon" trotz später Stunde von ihrer besten Seite. Das heißt in diesem Fall: Hessische Standup-Comedy meets melodischen Power Metal, beides grundsätzlich wenig spektakulär, aber im Verbund dennoch grundsolide Unterhaltung jenseits der extremeren Gefilde. Einzig der Publikumsandrang lässt zu dieser Nachtzeit etwas zu wünschen übrig - der erste Festivalabend wird ja gern zum totalen Vernichtungskrieg gegen die eigene Leber genutzt, weshalb die letzten Bands des Freitags traditionell im Nachteil sind. Dennoch: Ansehnlicher und leicht verdaulicher Abschluss des ersten Tages, der leider etwas kurz ausfällt (wir werden morgen drauf zurückkommen). [rs]

Sonnabend

PROPHETS OF THE RISING DEAD haben sich für ihre sonnabendliche Nachmittagseröffnung exorbitant gutes Wetter ausgesucht. Ein Wetter, das viele Besucher um die Mittagszeit weg vom Festivalgelände und hin zu den unterschiedlichsten Erfrischungsangeboten lockt. Da kann es schon mal passieren, dass man den Auftritt verpasst. [cr]

Aber als direkt im Anschluss die Überraschung enthüllt wird, die "die Metal-Welt noch nicht erlebt hat", sind alle wieder an Bord. Dem In-Flammen wird ja seit jeher seine familiäre Atmosphäre ganz hoch angerechnet, aber mit der Aktion, Kaffee und teils von Mutti selbstgemachten (!) Kuchen kostenlos an die Besucher zu verteilen, dürfte man sich wohl endgültig einen festen Platz in jeder Familienchronik ergattert haben. [cr]

Praktisch, dass sich passend dazu TORTURE THE MASS bereit erklären, als treibende Kraft ihr Bestmöglichstes zu tun, um die angefressenen Kalorien schnellstmöglich wieder abzutrainieren. Das sächsische Vierergespann versucht dies durch brutalen und schnörkellosen Death-Grind, tief gestimmte Gitarren, Gorillas und Bananen. Da die Mägen noch voll und Menschenaffen recht haarig sind, muss man sich mit herum hüpfenden, kostümierten Exemplaren zufrieden geben. Das Fitnessprogramm wird jedenfalls dankbar angenommen, selbst vor der Bühne hat das herumhackende Publikum keinen Respekt. [cr]

Jau, TTM waren ein guter Weckruf, dem ARROGANZ am liebsten noch eins draufsetzen wollen. In Sachen Merch sind die jungen Deutschen jedenfalls Weltmeister, weshalb die verhaltene Resonanz zunächst ein wenig überrascht: Der Platz vor der Bühne ist zwar recht ordentlich gefüllt, nur will der Funke nicht so recht überspringen.Verantwortlich hierfür könnten meines Erachtens die streckenweise arg rumpeligen Songaufbauten sein, die den Egomonstern in gewissen Kreisen zwar reichlich Credibility verleihen dürften, in der livehaftigen Umsetzung allerdings nur bedingt funktionieren. Weniger noch, weil gerade bei ARROGANZ deutlich wird, dass eine zweite Gitarre auf der Bühne nicht nur verdammt gut aussieht, sondern vor allem um Längen besser klingt. In aktueller Form ist das Gebotene jedenfalls kein hinreichender Grund für ein gerecktes Näschen. [rs]

Getreu dem Motto "Brot und Spiele" setzen ROMPEPROP auf traditionelle Mittel zur Besucheranimation. Wobei ersteres gerade nicht zur Verfügung steht, so dass aufblasbares Plastikspielzeug fürs Erste reichen muss. Während nun also die Bälle über den Köpfen kreisen, die verrückten Holländer mit blutverschmierten Op-Kitteln und Ganzkörper-Skelett-Anzügen von ihren pubertären Fantasien berichten, dazu extrem griffige und rhythmusbeschränkte Riffs den beigestellten Papp-Minion zum Schwingen bringen braut sich in den Reihen des Publikums etwas zusammen. Die Hände hacken rhythmisch durch die Luft, die Füße tragen den Rest des Körpers unaufhaltbar kreisförmig auf einem schier endlosen Weg. Raum und Zeit verlieren ihre Bedeutung, der Intellekt liegt am Boden und wird mit Schlamm bespritzt. Die Band selbst wirkt gelegentlich von der entstandenen Eigendynamik etwas überfordert, als ein mit Panzertape an einen Stuhl montierter Masochist auf der Bühne abgestellt wird. Das Publikum übernimmt quasi die Kontrolle und verdonnert die Jungs mit den Instrumenten zu Sklaven ihrer Glückseligkeit. In diese Rolle schlüpfen sie willig, eine echte Wahl haben sie nicht. [cr]

Ziemlich gespannt darf man nach dem Minion Mosh auf KRYPTOS sein, denn aus nicht näher genannten Gründen haftet den Indern der Geruch eines Geheimtipps an. Letzterem werden sie heute allerdings kaum gerecht: Die vergleichsweise traditionelle Stahlarbeit mäandert viel zu midtempolastig dahin, wirkt dadurch über Gebühr ausgewalzt und in ihrer Kopflastigkeit wenig mitreißend. Bei KRYPTOS hört man den Songs förmlich das Reißbrett an, auf dem sie entstanden sind - für Heavy Metal mit thrashigen Untertönen beileibe nicht die beste Voraussetzung. Etwas aufgelockert wird das Set durch die kürzeren Banger, in denen dank Bay Area-Gaspedal und fein ziselierter Melodik die Schwarte kracht - ansonsten eine eher ernüchternde Angelegenheit. [rs]

Gar nicht nüchtern kommen im Anschluss ONDSKAPT daher: Die Schweden sind sichtbar evil, sichtbar wohlgenährt, sichtbar nicht mit einem Bier zufrieden gewesen. Gerade Fronter Acerbus sieht im blutverschmierten Bandagenlook samt Rettungsringen zum Gruseln aus, was der sehr reduzierten Show allerdings keinen Abbruch tut - ONDSKAPT liefern vor allen Dingen grimmigen, rhythmisch überzeugenden und bisweilen angenehm dissonanten Black Metal der Oberklasse und für diese abgefuckte Konsequenz kann man sie hier und heute ins schwarze Herz schließen. Überhaupt ist es schön, dass man es in Torgau schafft, mit relativ wenigen Bands die verschiedensten Strömungen des Black Metals abzudecken - vom abgefuckten bis zum polierten, vom Knüppelballett bis zum Kaspertheater. ONSKAPT jedenfalls empfehlen sich mit dem Gebotenen auch für das ein oder andere Clubkonzert. [rs]

Im Anschluss geben AHAB dann nach eigener Aussage ihr erstes Konzert bei Tageslicht. Den Belagerern des gut gefüllten Vorplatzes ist es recht, denn der ausgiebig zelebrierte Nautik-Doom mag im Dunkel noch einen Tick mächtiger wirken - für ein stilistisch erfrischendes Intermezzo ist die Tageszeit allerdings egal. Wobei man sagen muss, dass auch AHAB in Zukunft ein wenig auf's Dynamik-Department achten sollten: Mit brachialer Entschleunigung und unverzerrten Inseln kommt man zwar eine Weile klar; auf Dauer jedoch weckt die jüngere Konzentration auf "Grunzen/Klargesang" als prominentestes Gliederungsmerkmal die Sehnsucht nach der auch riffseitigen Dramatik eines "Call Of The Wretched Sea". Weniger postmetallisch-instrumentales Treibgut, dafür die ein oder andere gnadenlos drückende Monsterwelle - dann könnte der Käpt'n auch auf einem Festival so richtig zünden. [rs]

Obwohl auch nicht gerade unter den allerkleinsten Fischen schwimmend, haben EKTOMORF bei dieser Veranstaltung klar den Außenseiterstempel auf dem Handrücken prangen. Zwar gibt sich das In Flammen seit jeher musikalisch sehr breitschultrig, dennoch steht bereits im Vorfeld die spannende Frage im Raum, wie die Ungarn mit ihrem Jumpcore ankommen würden. Aber schnell wird klar: Zwischen all dem Ernst des Death, Black und Doom ist noch genügend Motivation und Energie vorhanden, um mit ein paar gezielten Hüpfern die Welt ein wenig lebenswerter zu machen. Dem einen mögen zwar die Ansagen von Zoltán "Ich kann mehr 'Fuck's per Minute von mir geben als Alexi Laiho" Farkas über das ach so schwere Leben an sich ein wenig auf die Eier gehen, der Großteil schwingt ebenjene aber ohne Unterlass zu den knackigen Riffklöpsen des energetischen Vierergespanns. [cr]

Der René und seine Jungs waren übrigens auch da. Währenddessen hat uns eine Mücke gestochen. [cr]

Die nun folgenden GRAVE sind ja eine dieser Bands, die bei größeren Festivals nicht mehr zwangsläufig headlinen und bei mehreren zur Auswahl stehenden Alternativen auch mal ausgelassen werden. Dafür zeigen die ebenso unkaputtbaren wie sympathischen Schweden bei Veranstaltungen des Kalibers IFOA umso eindrucksvoller, wie man die Bude amtlich einreißt: Kurze verschmitzte Ansagen, Killersound a la Fredman, dazu ein bunter Blut-und-Gedärme-Strauß zwischen "Into The Grave" (klar!) und einem Nesthäkchen wie "Amongst Marble and the Dead" - voilá, der vollgepackte Entenfang steppt im 4/4-Takt. Und so auffällig die songschreiberischen Parallelen der in vollkommen unterschiedlichen Perioden entstandenen Stücke auch sein mögen, so breit ist dass grenzdebile Grinsen, wenn einem die nächste hochwohlgeborene Riffattacke das Eingemachte aus der Fontanelle prügelt - so und nicht anders sieht Death Metal aus, die Damen! Und das machen wir heute so lange, bis es auch der Letzte verstanden hat - "A Morbid Way To Fuckin' Die"! [rs]

Aber Moment! Vor dem Abnippeln bietet es sich in jedem Falle an, der letzten Band des In Flammen 2013 ein Ohr zu leihen. Selbige heißt TARANTEL und hat sich laut Backdrop auf Metalcover spezialisiert. Interessanterweise kommt einem der Sänger gleich mal vage bekannt vor, was nach kurzer Überlegung nur wenig verwundert: Gerade noch leicht erkältet mit LIGHTNINGZ EDGE im Bandhaus, steht Matthias heute bei bester Gesundheit auf der Torgauer Showbühne! Und dort bekommen wir im Endeffekt ein Metal-Best Of mit MAIDEN-Schlagseite auf die Ohren, inklusive kultiger Ansagen und einer Setlist, die keine falschen Fehler macht:

Brave New World
No More Lies
The Trooper
Run To The Hills
Future World
Breaking The Law


Und wie schon beim gestrigen Abschluss mit DRAGONSFIRE - oder dem letztjährigen Triumphzug der SKANNERS - fällt auf, dass man die Spielzeit der Heavy/Power Metal-Bands gerne verlängern dürfte. Die traditionelle Ecke kommt sichtbar gut an und lockert das grundsätzlich eher extreme Geschehen beim IFOA vorbildlich auf, wofür dieses Jahr TARANTEL ein absolut gelungenes Beispiel waren. Da sollte nach gerade einmal sechs Songs einfach noch was gehen. [rs]

Na schön, wenn wir einmal beim Fabulieren sind, ne Prise Melodeath oder ein Fitzelchen mehr Dark/Gothic Metal ständen auf meiner persönlichen Wunschzettel für das kommende Jahr. Dafür könnte dann problemlos dubiose Schwarz-Weiß-Maler in ihrem Wald hocken bleiben, statt die Bühne zu verstopfen. Kommen werden wir wahrscheinlich sowieso, wenn am bewährten Konzept festgehalten wird. Denn alles, was man an Kritikpunkten aufführen könnte, wäre letztlich nur kleinkariertes Fingersaugen. Brenn weiter, kleine Flamme! Auf dass du zu einem Großfeuer wachsen und nichts als Asche hinter dir lassen mögest! Oder so ähnlich... [cr]

Alle Bilder von Christian

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