The Ocean Tides from Nebula Shining Hacride
The Ocean, Tides from Nebula, Shining, Hacride
Essen, Zeche Carl
15.11.2013
15.11.2013
Den Jackenkragen bis beinahe über die Nase gezogen schlendere ich durch Essen. Das Ziel? Die Zeche Carl, die am heutigen Abend Schauplatz eines Aufeinandertreffens unterschiedlichster Metalbands sein wird. THE OCEAN haben zum zweiten Teil ihrer „Pelagial“-Tour geladen. Die Uhr schlägt grade acht, als ich leicht bibbernd den Platz vor der Bühne betrete. Ich hoffe, die lange Reise hat sich gelohnt, und geselle mich in die Runde, schließlich entern die ersten Hauptakteure des Abends schon die Bühne.
Die Franzosen von HACRIDE mimen den Anheizer. Musikalisch in den unterschiedlichsten Regionen aufgestellt, kristallisieren sich die Jungs um Sänger Luis Roux schnell als wuchtigste Truppe des Abends heraus. Das liegt an der todesbleiernen Grundausrichtung, aber auch an dem einen oder anderen latent hardcorehaften Einschlag, den schon Schlagzeuger Florent Marcadet mit seinem CRO-MAGS Shirt ausstrahlt. In erster Linie ist es aber der Gesang, der doch phasenweise an recht typische Core-Shouts erinnert. Das klingt jetzt irgendwie negativ, soll es aber gar nicht sein. HACRIDE machen ihre Sache sehr gut. Vom ersten Song weg passt der Sound und die Jungs scheinen darüber hinaus recht motiviert zu sein. Die Mischung aus ruhigen Passagen und der wuchtigen Streitaxt in Form tiefgestimmter Gitarrenwände macht Laune. Und so endet nach „Act of God“ und dem mit einem unfassbaren Breakdown ausgestatteten „My Enemy“ ein gelungener Gig, der Freude auf mehr macht.
Anschließend betreten die Norweger von SHINING die Bühne. Dort verweilen sie auch erst einmal längere Zeit, ohne aktiv ihre Instrumente zu bedienen. Dezente Tonprobleme haben sich eingeschlichen und ich gebe zu, dass die bei mir ohnehin nicht hoch im Kurs stehende Band damit weiteren Kredit verspielt. Dennoch gebe ich den Prog-Künstlern eine Chance und verirre mich in den vorderen Reihen, als die soundtechnische Feierlichkeit nach einer kurzen Entschuldigung beginnt. So richtig feierlich werden die folgenden Minuten allerdings nicht. Neugierig und fasziniert lauscht das Publikum den Tönen und es kommt zu Bewegung vor der Bühne. Allerdings nicht in Form eines Mosh-Pits oder dergleichen. Einige der Anwesenden bemerken schnell, dass dies nicht ihre Cup of Tea ist, andere dagegen sind durchaus fasziniert vom – nennen wir es mal – Free-Jazz-Black-Metal. Inzwischen leuchtet mir auch das kafkaeske Intro des Kollegen Bach in der Rezension zur aktuellen Scheibe ein. Klar ist das Saxophon, das Sänger Jorgen Munkeby da schwingt, ein extravagantes Aushängeschild. Im Gitarren- und Schlagzeuggewitter geht es allerdings ebenso unter wie jegliches Klang- und Melodiegefühl. Nach drei Songs zieht es mich erstmals auf Toilette, nach dem fünften zum Merchandise. SHINING mag sicher nicht jeder, genauso wie Kafka. Auf mich trifft beides zu…
Danach wird es ruhiger…viel ruhiger! TIDES FROM NEBULA zelebrieren ihren atmosphärischen Post Rock mit viel Gefühl und Melancholie. Die Polen wirken dabei ebenso zurückhaltend wie ihre Musik und geradezu konträr zu ihren Vorgängern. Breite Klangteppiche werden ausgelegt und versetzen die Anwesenden in tranceartige Zustände. Der Gegenpol wirkt zunächst erleichternd. Im Laufe der Zeit schleicht sich jedoch eine gewisse Abnutzungserscheinung ein. Minutenlang wabern besinnliche Instrumentalparts dahin, werden ab und an von eruptierenden Gitarrenwänden und Drumexplosionen abgelöst, nur um dann anschließend wieder in sich wiederholende Muster zu verfallen. Das sind zwar die Elemente, mit denen der Post Rock so spielt, vor einigen Wochen habe ich dies bei GOD IS AN ASTRONAUT allerdings noch deutlich spannender und wirkungsvoller erlebt. TIDES FROM NEBULA kommen an diesem Abend nicht über das Prädikat „Durchschnitt“ hinaus.
Das soll sich dann beim Headliner ändern. Trotz den internen Differenzen (Gitarrist Jonathan Nido und Schlagzeuger Luc Hess werden die Band verlassen) spielen THE OCEAN die Tour professionell zu Ende. Somit bildet der heutige Abend auch eine der letzten Gelegenheiten, die Band noch einmal in dieser Formation spielen zu sehen. Viel spannender ist aber die Frage, wie das geniale Konzeptalbum „Pelagial“ an dieser Stelle wohl umgesetzt wird. Schon als das instrumentale Intro „Mesopelagic: Into the Uncanny“ ertönt, sind die meisten Zuhörer entzückt. Die Erwartungshaltung ist hoch, die Begeisterung allerdings auch. Die Bühne wird in tiefblaues Licht getaucht und im Hintergrund startet ein Videoclip, der den nun folgenden Abstieg in die Tiefen des Meeres auch visuell unterstützt. Und so beginnt ein Konzert, das vielmehr als eine Reise zu verstehen ist, auf die man sich einlassen muss. Alle drei „Bathyalpelagic“-Titel schließen sich nun an und Sänger Loic Rossetti zeigt, dass er sich auch in den cleanen Tonlagen heimisch fühlt. Das Shouten – und das zeigt sich im Laufe des Abends immer mehr – ist jedoch sein Steckenpferd.
Insgesamt spielen THE OCEAN das Album deutlich brachialer als in der CD-Version. Für mich persönlich ein Kritikpunkt. Denn das Konzept mit den verschiedenen Lichtstufen, der immer düsterer werdenden Musik und dem ebenso aufgebauten Background-Video ist schlichtweg genial. Die Brachialität wirkt der mitreißenden Stimmung allerdings entgegen. Als sich der Sänger bei „Hadopelagic: Let them believe“ vom nahestehenden Balkon in die Menge schmeißt und später mit HACRIDE Shouter Luis Roux (dieser war zwischenzeitlich als Gastsänger auf die Bühne gekommen – ich hoffe, ich vertausche hier niemanden…) „showprügelt“, geht ein gewisser Under-Water-Charme doch deutlich verloren. Das erwarte ich dann eher bei BRING ME THE HORIZON und Co. Ein gelungener Abschluss ist hingegen „The Origin of God“, das von Jorgen Munkeby am Saxophon unterstützt wird. Schlussendlich bleibt es ein guter Auftritt, dem ein wenig mehr atmosphärisches Denken besser zu Gesicht gestanden hätte. Man darf gespannt sein, wie THE OCEAN ihren Weg in Zukunft weitergehen werden.
So geht ein durchaus gelungener Abend zu Ende und ich mache mich wieder auf den Weg durch das einsame Essen. Wieder bin ich bemüht mein Gesicht vor der Kälte zu schützen. Dieses Mal allerdings mit einer unterstützenden Kapuze ausgestattet. An dem exquisiten Merch von THE OCEAN bin ich dann doch nicht ungeschoren vorbeigekommen…
Die Franzosen von HACRIDE mimen den Anheizer. Musikalisch in den unterschiedlichsten Regionen aufgestellt, kristallisieren sich die Jungs um Sänger Luis Roux schnell als wuchtigste Truppe des Abends heraus. Das liegt an der todesbleiernen Grundausrichtung, aber auch an dem einen oder anderen latent hardcorehaften Einschlag, den schon Schlagzeuger Florent Marcadet mit seinem CRO-MAGS Shirt ausstrahlt. In erster Linie ist es aber der Gesang, der doch phasenweise an recht typische Core-Shouts erinnert. Das klingt jetzt irgendwie negativ, soll es aber gar nicht sein. HACRIDE machen ihre Sache sehr gut. Vom ersten Song weg passt der Sound und die Jungs scheinen darüber hinaus recht motiviert zu sein. Die Mischung aus ruhigen Passagen und der wuchtigen Streitaxt in Form tiefgestimmter Gitarrenwände macht Laune. Und so endet nach „Act of God“ und dem mit einem unfassbaren Breakdown ausgestatteten „My Enemy“ ein gelungener Gig, der Freude auf mehr macht.
Anschließend betreten die Norweger von SHINING die Bühne. Dort verweilen sie auch erst einmal längere Zeit, ohne aktiv ihre Instrumente zu bedienen. Dezente Tonprobleme haben sich eingeschlichen und ich gebe zu, dass die bei mir ohnehin nicht hoch im Kurs stehende Band damit weiteren Kredit verspielt. Dennoch gebe ich den Prog-Künstlern eine Chance und verirre mich in den vorderen Reihen, als die soundtechnische Feierlichkeit nach einer kurzen Entschuldigung beginnt. So richtig feierlich werden die folgenden Minuten allerdings nicht. Neugierig und fasziniert lauscht das Publikum den Tönen und es kommt zu Bewegung vor der Bühne. Allerdings nicht in Form eines Mosh-Pits oder dergleichen. Einige der Anwesenden bemerken schnell, dass dies nicht ihre Cup of Tea ist, andere dagegen sind durchaus fasziniert vom – nennen wir es mal – Free-Jazz-Black-Metal. Inzwischen leuchtet mir auch das kafkaeske Intro des Kollegen Bach in der Rezension zur aktuellen Scheibe ein. Klar ist das Saxophon, das Sänger Jorgen Munkeby da schwingt, ein extravagantes Aushängeschild. Im Gitarren- und Schlagzeuggewitter geht es allerdings ebenso unter wie jegliches Klang- und Melodiegefühl. Nach drei Songs zieht es mich erstmals auf Toilette, nach dem fünften zum Merchandise. SHINING mag sicher nicht jeder, genauso wie Kafka. Auf mich trifft beides zu…
Danach wird es ruhiger…viel ruhiger! TIDES FROM NEBULA zelebrieren ihren atmosphärischen Post Rock mit viel Gefühl und Melancholie. Die Polen wirken dabei ebenso zurückhaltend wie ihre Musik und geradezu konträr zu ihren Vorgängern. Breite Klangteppiche werden ausgelegt und versetzen die Anwesenden in tranceartige Zustände. Der Gegenpol wirkt zunächst erleichternd. Im Laufe der Zeit schleicht sich jedoch eine gewisse Abnutzungserscheinung ein. Minutenlang wabern besinnliche Instrumentalparts dahin, werden ab und an von eruptierenden Gitarrenwänden und Drumexplosionen abgelöst, nur um dann anschließend wieder in sich wiederholende Muster zu verfallen. Das sind zwar die Elemente, mit denen der Post Rock so spielt, vor einigen Wochen habe ich dies bei GOD IS AN ASTRONAUT allerdings noch deutlich spannender und wirkungsvoller erlebt. TIDES FROM NEBULA kommen an diesem Abend nicht über das Prädikat „Durchschnitt“ hinaus.
Das soll sich dann beim Headliner ändern. Trotz den internen Differenzen (Gitarrist Jonathan Nido und Schlagzeuger Luc Hess werden die Band verlassen) spielen THE OCEAN die Tour professionell zu Ende. Somit bildet der heutige Abend auch eine der letzten Gelegenheiten, die Band noch einmal in dieser Formation spielen zu sehen. Viel spannender ist aber die Frage, wie das geniale Konzeptalbum „Pelagial“ an dieser Stelle wohl umgesetzt wird. Schon als das instrumentale Intro „Mesopelagic: Into the Uncanny“ ertönt, sind die meisten Zuhörer entzückt. Die Erwartungshaltung ist hoch, die Begeisterung allerdings auch. Die Bühne wird in tiefblaues Licht getaucht und im Hintergrund startet ein Videoclip, der den nun folgenden Abstieg in die Tiefen des Meeres auch visuell unterstützt. Und so beginnt ein Konzert, das vielmehr als eine Reise zu verstehen ist, auf die man sich einlassen muss. Alle drei „Bathyalpelagic“-Titel schließen sich nun an und Sänger Loic Rossetti zeigt, dass er sich auch in den cleanen Tonlagen heimisch fühlt. Das Shouten – und das zeigt sich im Laufe des Abends immer mehr – ist jedoch sein Steckenpferd.
Insgesamt spielen THE OCEAN das Album deutlich brachialer als in der CD-Version. Für mich persönlich ein Kritikpunkt. Denn das Konzept mit den verschiedenen Lichtstufen, der immer düsterer werdenden Musik und dem ebenso aufgebauten Background-Video ist schlichtweg genial. Die Brachialität wirkt der mitreißenden Stimmung allerdings entgegen. Als sich der Sänger bei „Hadopelagic: Let them believe“ vom nahestehenden Balkon in die Menge schmeißt und später mit HACRIDE Shouter Luis Roux (dieser war zwischenzeitlich als Gastsänger auf die Bühne gekommen – ich hoffe, ich vertausche hier niemanden…) „showprügelt“, geht ein gewisser Under-Water-Charme doch deutlich verloren. Das erwarte ich dann eher bei BRING ME THE HORIZON und Co. Ein gelungener Abschluss ist hingegen „The Origin of God“, das von Jorgen Munkeby am Saxophon unterstützt wird. Schlussendlich bleibt es ein guter Auftritt, dem ein wenig mehr atmosphärisches Denken besser zu Gesicht gestanden hätte. Man darf gespannt sein, wie THE OCEAN ihren Weg in Zukunft weitergehen werden.
So geht ein durchaus gelungener Abend zu Ende und ich mache mich wieder auf den Weg durch das einsame Essen. Wieder bin ich bemüht mein Gesicht vor der Kälte zu schützen. Dieses Mal allerdings mit einer unterstützenden Kapuze ausgestattet. An dem exquisiten Merch von THE OCEAN bin ich dann doch nicht ungeschoren vorbeigekommen…