Avenged Sevenfold Five Finger Death Punch & Avatar

Avenged Sevenfold, Five Finger Death Punch & Avatar

AvatarAvenged SevenfoldFive Finger Death Punch
Bochum, Ruhrkongress
17.11.2013
Wenn es um die Frage geht, ob jemals wieder eine Band die Größe solcher Kapellen wie METALLICA oder MAIDEN erreichen kann, sind sich die meisten Experten und solche, die das gerne wären, eigentlich einig: Nein, in der heutigen Musiklandschaft ist das kaum möglich. Nichtsdestotrotz orientieren sich nicht wenige aufstrebende Bands an eben diesen metallischen Göttern, was bei den genannten Experten mal auf mehr, mal auf weniger Wohlwollen stößt. Mit ihrem im Sommer erschienenen Album „Hail To The King“ zitieren AVENGED SEVENFOLD teilweise überdeutlich die METALLICA der 90er Jahre, jedoch nicht ohne eine beträchtliche Anzahl an Hymnen geschrieben zu haben, denen man sich schon auf Konserve nur schwer entziehen kann. Ob mit diesem Album und dem Label Warner Music im Rücken womöglich doch der ganz große Sprung möglich ist?

Dass die fünf Amis auf ihrer Europatour unter anderem im recht edlen Bochumer Ruhrkongress Halt machen, spricht genauso für eine rosige Band-Zukunft wie die Tatsache, dass die Location schon gut gefüllt ist, als pünktlich um halb Acht die Schweden AVATAR die große Bühne entern. Diese haben in ihrer Karriere schon die eine oder andere Kurskorrektur vorgenommen, so dass man ihnen ihre Heimat Göteborg mittlerweile nur noch mit deutlichen Abstrichen anhört. Zwar krächzt der häufig im Stechschritt auf der Stelle marschierende Sänger Johannes Eckerström schon mehr oder minder in Melodeath-Manier, musikalisch hat man allerdings mit dem nach wie vor aktuellen 2012er Werk „Black Waltz“, aus dem sich die heutige Setlist vornehmlich speist, einen deutlichen Schritt in Richtung groovigen Rock mit industrieller Schlagseite gemacht. Dank des Streifzugs durch verschiedenste Genres kommt während des knapp 30-minütigen Sets zwar keine Langeweile auf, ein nicht unerheblicher Teil des Publikums weiß mit der Melange der Schweden aber nicht viel anzufangen und spendet eher höflich Applaus. Und auch bei mir bleiben die Göteborger trotz ihrer Heimat-Verbeugung „Ready For The Ride“ eher mit dem Prädikat „interessant“ als mit der Auszeichnung „mitreißend“ im Gedächtnis. Der gute Sound schürt jedoch schon die Vorfreude auf das, was noch folgen soll.

Nach viertelstündiger Umbaupause stehen dann die Modern Metaller von FIVE FINGER DEATH PUNCH auf den Brettern. Deren neuester Streich namens „The Wrong Side Of Heaven And The Righteous Side Of Hell, Volume 2“ ist just vor zwei Tagen auf den Markt gekommen, bedacht wird er aber heute weder mit Worten noch mit Songs. Stattdessen geht das amerikanische Quintett gleich mit einem ihrer größten Hits in die Vollen, was sich absolut bezahlt macht. Ein stattlicher Teil des Publikums scheint nämlich in erster Linie wegen FFDP hier zu sein, so dass Fronter Ivan Moody, der optisch übrigens ein bisschen was von Wayne Rooney hat, kein Problem damit hat, seinen textsicheren Fans den Refrain von „Under And Over It“ zu überlassen. Diese fressen ihren Lieblingen geradezu aus der Hand und feiern sie zwischen den Songs mit „Five Finger!“ – „Death Punch!“-Chören ab. Der Sound ist anfangs noch nicht ganz so differenziert, das ändert sich aber im Laufe des Sets, das einen guten Querschnitt durch die FFDP-Diskografie liefert.
Die auf Grund eines Knöchelbruchs eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit ihres Fronters nutzen dessen deutlich haarigere Mitstreiter an den Saiteninstrumenten, um von Mikro zu Mikro zu wandern und die ohnehin schon austickende Meute noch weiter anzustacheln. Dadurch ist die Stimmung im Publikum schon verdammt gut, obwohl hier bisher „nur“ der Einheizer auf der Bühne steht. Für die im Frühjahr anstehende Headliner-Tour durch Europa deutet sich also schon ein kleiner Triumphzug an, und woran das liegen könnte, beweisen FIVE FINGER DEATH PUNCH mit der Zugabe „The Bleeding“, eine Power-Ballade, die sie in den USA zu einer großen Nummer werden ließ – anno 2013 sind sie definitiv auch hierzulande auf dem Sprung zu einer festen Größe.

Längst zu einer solchen geworden sind AVENGED SEVENFOLD, und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass diese Entwicklung ein wenig an mir vorbeigegangen ist. Doch die deutlich längere Umbaupause lässt schon erahnen, dass nun die ganz großen Geschütze aufgefahren werden, und als endlich das Intro zu „Shepherd Of Fire“ ertönt, wird diese Vermutung auch bestätigt. Statt die Bühne wie die Vorbands einfach mit einem großen Backdrop auszuschmücken, ziert stattdessen ein riesiger, mit Fledermausflügeln ausgestatteter Totenkopf – das Bandmaskottchen - den Raum hinter den Drums. Ein Knalleffekt wie ein Donnerschlag ertönt und plötzlich wird die Bühne in ein Meer aus Flammen getaucht. Klar, der „Shepherd Of Fire“ will natürlich angemessen visualisiert werden, und aus diesem Grund schießen die Pyros nicht nur aus allen erdenklichen Enden der Bühne, sondern auch aus dem riesigen Totenschädel hervor – beeindruckend, besonders in Kombination mit der aufwändigen Lightshow. Was das Drumherum angeht, scheinen A7X also keine Wünsche offen zu lassen – doch wie steht es um das wirklich wichtige, die Musik? Was können insbesondere die neuen Songs?

Nun ja, wer Angst hat, dass die Amerikaner mit ihren imposanten Showeffekten Schwächen in Songwriting oder Live-Darbietung zu kaschieren gedenken, kann schnell erleichtert aufatmen. Der genannte Opener und der „Hail To The King“-Titeltrack sind Hymnen, bei denen man gar nicht anders kann, als in das Fistraising und Headbanging von Frontmann M. Shadows einzusteigen. Dieser zeigt sich gut bei Stimme und verleiht den ansonsten sehr nach METALLICA klingenden neuen Songs mit seinen mit einem hohen Wiedererkennungswert gesegneten Vocals eine angenehme SEVENFOLD-Note. Die Stimmung ist schon während der ersten vier Songs am Siedepunkt, beim folgenden „Doing Time“ brechen dank Shadows‘ Forderung nach einem zünftigen Circle Pit dann aber alle Dämme. Beim „Nightmare“-Block wird dem verstorbenen Ex-Drummer James Sullivan gedacht, was der guten Stimmung aber keinen Abbruch tut. Lediglich das etwas langatmige Solo von Gitarrist Synyster Gates und das Jammen mit seinen Bandkollegen dämpfen die Euphorie ein wenig, die auch der unglücklich danach platzierte dramatische Stampfer „Requiem“ nicht wieder heben kann. Erst beim abschließenden „Bat Country“ knistert es wieder so richtig im Ruhrkongress, noch lauter wird es nur noch bei den obligatorischen „Waking The Fallen“-Songs im Zugabeblock, mit denen AVENGED SEVENFOLD ihrer Metalcore-Vergangenheit huldigen.

Abschließend bleibt nur die Erkenntnis, dass diese fünf noch recht jungen Amis, die aber immerhin auch schon seit rund 15 Jahren im Geschäft sind, einen massiven Pferdefuß auf die europäische Metal-Landkarte gesetzt haben. Dass sie in den Vereinigten Staaten längst zu den Großen ihrer Zunft zählen, macht sich leider am Merchandise-Stand bemerkbar, so dass ich sicher nicht der einzige bin, der ohne ein teures Souvenir nach Hause geht. Die rund 40 Euro für das Ticket haben sich jedoch fraglos gelohnt, neben den Ohrenschmerzen bleiben nämlich vor allem auch die Erinnerungen an einen denkwürdigen Konzertabend.


Setlist AVENGED SEVENFOLD:

Shepherd Of Fire
Critical Acclaim
Welcome To The Family
Hail To The King
Doing Time
Buried Alive
Fiction
Nightmare
Afterlife
Synyster Gates Solo
Band Jam
Requiem
Bat Country

Chapter Four
Unholy Confessions
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