Marduk Grave Death Wolf & Valkyrja

Marduk, Grave, Death Wolf & Valkyrja

Death WolfGraveMardukValkyrja
Turock, Essen
07.12.2013
Schwedenabend in Essen, das ist es, was den Hörer heute erwartet. Inmitten all des Weihnachtstrubels, der nicht nur den Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur nervlichen Herausforderung macht, ist ein ganzer Bus voller Herren aus Skandinavien ins Ruhrgebiet gekommen, um uns zwischen Glühwein und Spekulatius zu zeigen, wo Knecht Ruprechts unheiliger Hammer hängt. Die Herkunft eint die vier Bands, die sich musikalisch doch sehr unterschiedlich zeigen. Natürlich geht es um extremen Metal, allerdings weist das liebevoll geschnürte Päckchen unterschiedliche Farben auf. Für den einen oder anderen mag dies eine Herausforderung sein, doch letztlich sind die Bands in ihrem jeweiligen Bereich eine Bank und das sollte reichen.

Nachdem die Anreise überstanden ist, die Kitschbuden der Essener Fußgängerzone durchquert und seit dem Aufbruch im heimischen Rheinland nunmehr zwei Stunden vergangen sind, stehe ich endlich vor dem Turock. Wieder einmal. In dieser Herbst- / Wintersaison anscheinend eine Art zweites Wohnzimmer. Auf meine Frage, ob es denn wohl voll würde, bekomme ich nur ein nüchternes Nicken zurück, aber es war zu erwarten, dass die Besetzung dieses Abends reichlich Publikum ziehen dürfte. Und noch während die Jacke abgegeben und die Ohren verstöpselt werden, ist deutlich zu hören: VALKYRJA sind ja schon in vollem Gange! So verlässlich das Zeitmanagement im von mir aufs Höchste geschätzten Turock ist, so sehr irritieren mich die rentnerkompatiblen Anfangszeiten. Also nix wie rein, denn die Band ist nicht bloßes Anhängsel, sondern ein erwartetes erstes Highlight. Um viertel nach sieben ist der Laden allerdings schon rappelvoll und der Weg zur Bühne ziemlich dicht. Wie es zu erwarten war, gibt es tollen schwedischen Black Metal mit leicht melodischer Note, der auch live mehr als einmal an WATAIN erinnert. Macht aber nichts, VALKYRJA sind auch live ausgezeichnet und sie haben mit ihren drei Alben so viel Songmaterial zusammen, dass die Show auch ruhig noch ein wenig länger sein könnte. Nur leider ist es so früh am Abend nicht zu übersehen, dass die Angereisten scheinbar noch nicht ganz wach sind. Dementsprechend fällt die Resonanz nicht besonders lautstark aus. Man schaut interessiert, applaudiert ein wenig und das wars. Schade für die Band, die ein wenig mehr Euphorie verdient hätte.

Weiter geht es nach gewohnt kurzer Umbaupause dann mit der Band, die ich eigentlich auf der Opener-Position erwartet hatte. DEATH WOLF ist Morgans Zweitprojekt, deshalb bietet es sich an, direkt zwei Mal am Abend auf der Bühne zu stehen. Bislang war mir die Truppe nur vom Namen her bekannt, der Eindruck, den sie live hinterlassen, ist allerdings beachtlich. Einen Orden für Originalität haben DEATH WOLF zwar nicht verdient, doch Spaß macht die Angelegenheit schon. Die Kombination aus brutalem Rock'n Roll und Punk geht direkt ins Ohr, wohl auch, weil man das Gefühl nicht los wird, das alles schon mal gehört zu haben. Nichtsdestotrotz gefällt die Show, auch weil die Musiker und besonders Vokalist Maelstrom ordentlich Hummeln im Hintern haben. Man kann es schlechter treffen, wenn so viele Bands gemeinsam unterwegs sind und so sehe ich gut gelaunt dem Rest des Abends entgegen.

GRAVE sind so old school, dass man sie fast schon als reaktionär bezeichnen könnte. Aber was soll es, denn die Herren sind in ihrem Genre einfach eine Macht. Und es beginnt mit ihrem Auftritt ein Frontalangriff auf alle Trommelfelle, so tief und derbe ihr Sound eben ist. Dabei merkt man ihnen durchweg an, dass sie nach all den Jahren den Spaß an der Sache nicht verloren haben, wenngleich Herr Lundgren das einzig verbliebene Gründungsmitglied ist. Besonders Bassist Tobias Cristiansson hat sichtlich Spaß in den Backen und erfreut sich immer wieder an bösen Posen, die ihm allerdings ein breites Grinsen ins Gesicht treiben. Musikalisch gibt es einen Rundumschlag durch die Bandgeschichte, vom Debüt bis zur aktuellen EP reicht das Spektrum der ausgewählten Songs. Am Ende kann man festhalten, dass GRAVE wieder einmal das gemacht haben, was sie können wie nur wenige andere: Verdammt brutal und irre laut den guten alten schwedischen Todesknüppel schwingen. Etwas anderes haben sie nie gemacht und wer das nicht mag, der sollte lieber Glühwein trinken gehen. Letztlich vermisse ich ein paar Songs, besonders „Soulless? blieb wieder mal aus, aber man kann nicht alles haben.

Und auf einmal wird die Umbaupause doch noch lang. Es scheint einfach dazu zu gehören, ein bisschen Divengehabe an den Tag zu legen, wenn man Headliner ist. So nun auch bei MARDUK zu beobachten, denn die Bühne ist hergerichtet, im Hintergrund grummelt und dröhnt es vom Band, blaues Licht schafft eine kühle Stimmung und sonst passiert nichts. Dergleichen ist immer wieder ein bisschen ärgerlich, da man als Zuschauer nicht das Gefühl bekommt, dass mehr als „Willst du gelten, mach dich selten!? dahinter steckt. Als die Band dann endlich die Bühne betritt, ist die Warterei aber schnell vergessen, denn heute darf man etwas Besonderes von dieser legendären Black Metal Institution erwarten. Ihr Album „Panzer Division Marduk? ist in diesem Jahr 15 geworden und „Those of the Unlight? hat inzwischen stattliche 20 Jahre auf dem Buckel, deshalb gibt es beide Alben komplett. Und da bekanntlich der Opener und Titelsong des erstgenannten Albums eine absolute Granate ist, dem dann auch noch „Baptism by Fire? und das geniale „Christraping Black Metal? folgen, besteht von Anfang an kein Zweifel, warum MARDUK dieser ganz spezielle Nimbus anhaftet. Das Programm ist so konsequent wie überraschungsarm, es werden einfach beide Alben straight durchgezockt, zwischendurch gibt es eine kleine Pause. Was auch heißt, dass „Wolves? zwar dargeboten wird, aber für erfahrene Freunde der Band an untypischer Stelle. MARDUK sind live unvergleichlich aggressiv und komplett humorfrei. Am Ende fällt es aber schwer, ihnen zu verzeihen, dass nach diesem Programm einfach Schluss ist. Ohne jegliche Zugabe, ohne Material von „Serpent Sermon?, das sie in diesem Winkel der Welt noch nicht live dargeboten haben, verabschieden sie sich wortlos und lassen das gleichermaßen begeisterte wie konsternierte Publikum stehen. Trotz eines mehr als nur gelungenen Abends für all die vielen Gäste, die sich heute im Turock versammelt haben, drängt sich da bereits der Gedanke ans PSOA 2014 auf, auf dem MARDUK spielen werden. Vielleicht gibt es da ja was vom neuen Material.
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