Defeater Caspian Landscapes Goodtime Boys
Defeater, Caspian, Landscapes, Goodtime Boys
Köln, Essigfabrik
24.01.2014
24.01.2014
Wir schreiben den 24.Januar 2014. DEFEATER haben in die Essigfabrik nach Köln geladen. Melodischer Hardcore steht auf dem Programm. Da erwartet man Schweiß, Authentizität, Emotionen und ein energiegeladenes Publikum. Im letzten Jahr hat die Band aus Massachusetts mit „Letters Home“ das dritte schlicht und ergreifend großartige Album infolge veröffentlicht. Grund genug dem Fünfer einen Besuch abzustatten. Vor allem wenn mit CASPIAN eine Post Rock Kapelle im Vorprogramm auftaucht, deren Livequalitäten zum Besten gehören, was die Szene zu bieten hat.
Den Start liefern aber zunächst die GOODTIME BOYS. Was rein vom Namen her irgendwie nach Punkband klingt, entpuppt sich recht schnell als recht treibend rockende Angelegenheit mit unüberschaubaren Hardcore-Einflüssen. Die bei Bridge Nine Records beheimateten Engländer liefern dabei das, was man von einer Opening-Band erwartet. Spielfreudig und auch ein wenig aufgeregt präsentiert das Quintett einige durchaus eingängige Titel, die das Publikum schon zu ersten zufriedenen Gesichtszügen animieren. Sänger Alexander gibt dabei offen und ehrlich zu, dass dies eine der größten Bühnen ist, auf denen die Band jemals stand. Da darf man ihnen ruhig wünschen, dass noch ein paar weitere dieser Größe hinzukommen, denn insgesamt bieten die Hardcore-Punker durchaus ansprechendes Material.
Namentlich schon deutlich bekannter ist die Nachfolgeband LANDSCAPES. Die ebenfalls von der Insel stammende Melodic Hardcore Band hat durch sehr emotionsgeladene Konserven auf sich aufmerksam gemacht, auf denen sich melodische Soundwände mit heftigen Hardcore-Ausbrüchen abwechseln. Von diesen Klanglandschaften spürt man an diesem Abend aber nicht ganz so viel. Fronter Shaun Milton lässt doch irgendwie die standardisierte Hardcore-Keule raushängen. Nur vereinzelt schafft es die Band die Gefühlswelten der Besucher wirklich anzusprechen. Das bedeutet nicht, dass der Auftritt ein Flop ist. Vielleicht war aber auch die Erwartungshaltung zu groß. LANDSCAPES spielen ordentlichen melodischen Hardcore. Mal ein wenig düster, dann wieder brachial, aber eben nie vollends berührend. Und genau das ist der Punkt, an dem die Band ein wenig den Anschluss an die Speerspitze der Szene verliert. Dennoch verirren sich einige Besucher an den Merch-Stand, um anschließend mit „Live Gone Wrong“-Shirts herumzulaufen. Kleidungstechnisch sind die Somerseter auf jeden Fall vorne.
Im Schubladendenken verwurzelte Anwesende werden im Anschluss ein wenig verwundert die Nase rümpfen. Mit CASPIAN betritt eine Band die Bühne, die von der musikalischen Orientierung im Grunde nicht so richtig in die Tour-Besetzung passt. Für mich persönlich ist dieser Schachzug allerdings einer der Gründe überhaupt hier zu sein. Und mit dieser Meinung stehe ich sicher nicht alleine da – erst recht nach dem Auftritt. Die ebenfalls aus Massachusetts stammenden instrumentalen Post Rocker gehören zu der fast schon typischen Gemeinschaft aus Bands, die mit Laut-Leise-Dynamiken, elegischen Klangteppichen, plötzlichen Gitarren-Eruptionen und ganz viel Gefühl die Szene in den letzten Jahren erst so richtig groß gemacht haben. Für viele Experten mag dies inzwischen schon herkömmlich sein, CASPIAN schaffen es jedoch noch immer mit ihrem Material zu faszinieren – live erst recht. In den folgenden Minuten fühlt man sich wie in einem Tunnel. Als wäre sonst niemand mehr in der Essigfabrik. Nur du und die Musik. Die Band erzeugt dabei eine tiefemotionale Stimmung. Am 25.August 2013 verstarb Bassist und Gründungsmitglied Chris Friedrich mit gerade einmal 33 Jahren. Vielleicht ist es reine Interpretation, aber möglicherweise wirkt der Auftritt auch deshalb so verzweifelt traurig. Mit „The Heart that Fed“ ist auch eine Nummer der aktuellen EP mit von der Partie. Wer sich die Musik der Band aber mal in ganzer Kunst aufs Ohr legen möchte, sollte sich das 2009er Album „Tertia“ gönnen. Der Gig endet mit „Sycamore“, bei dem die gesamte Band ihre Instrumente beiseitelegt und sich am Schlagzeug versammelt, um gemeinsam zu trommeln. Eine coole Idee, die zu einem rundum gelungenen Auftritt passt.
Man kann nicht behaupten, dass DEFEATER im Anschluss noch einmal eine Schippe drauf legen würden. Es kommt ihnen aber zugute, dass vorher eine musikalisch anders aufgelegte Band auf der Bühne stand. So wirken schon die ersten Töne von „Bastards“ wie ein Befreiungsschlag. Wo vorher eine wahnsinnige Wall of Sound erklang, findet jetzt ein Schlag in die Magengrube statt. Doch DEFEATER sind eben nicht einfach nur wütend, wuchtig und brachial. Sie sind eben auf der anderen Seite genau das, was man von einer Melodic Hardcore Band erwartet: unglaublich authentisch! Hier wirkt jede Textzeile zu 100% ehrlich. Wenn Sänger Derek Archambault bei „Empty Glass“ aufs Mikro verzichtet und mit roher Stimmgewalt in die Menge schreit, dann entfaltet sich eine Welle aus Gänsehaut über das Publikum hinweg. Der Fronter, der übrigens wegen einer anstehenden Hüft-OP nicht angefasst werden durfte, zeigt sich gegenüber meiner letzten Liveerfahrung mit der Band noch einmal gesanglich verbessert. Die große Crowdaction bleibt aufgrund des Gesundheitszustandes damit aus. Mich persönlich stört das aber überhaupt nicht. So lassen sich Knallersongs wie „Dear Father“ oder „The Red, White and Blues“ auch aus nächster Nähe genießen, ohne von ausladenden Stiefelmoves mitgerissen zu werden. Auch das neue Material weiß zu gefallen. Vor allem „No Shame“ und „Bled Out“ können hier überzeugen. Im Mittelteil darf Archambault mit „I don’t Mind“ und „But Breathing“ die akustische Seite von DEFEATER auspacken. Eine gelungene Abwechslung, die vor allem durch das in eine Uptempo-Nummer aufgepeppte „But Breathing“ richtig viel Laune macht. So endet mit dem bockstarken „Cowardice“ ein wieder einmal vollends gelungener Auftritt. DEFEATER sind meiner Meinung nach das derzeit stärkste, was der melodische Hardcore zu bieten hat.
Setlist DEFEATER:
1. Bastards
2. Warm Blood Rush
3. Dear Father
4. The Red, White and Blues
5. Rabbit Foot
6. A Wound and Scar
7. I Don't Mind
8. But Breathing
9. No Savior
10. No Shame
11. Empty Glass
12. Bled Out
Zugabe:
13. Cowardice
Den Start liefern aber zunächst die GOODTIME BOYS. Was rein vom Namen her irgendwie nach Punkband klingt, entpuppt sich recht schnell als recht treibend rockende Angelegenheit mit unüberschaubaren Hardcore-Einflüssen. Die bei Bridge Nine Records beheimateten Engländer liefern dabei das, was man von einer Opening-Band erwartet. Spielfreudig und auch ein wenig aufgeregt präsentiert das Quintett einige durchaus eingängige Titel, die das Publikum schon zu ersten zufriedenen Gesichtszügen animieren. Sänger Alexander gibt dabei offen und ehrlich zu, dass dies eine der größten Bühnen ist, auf denen die Band jemals stand. Da darf man ihnen ruhig wünschen, dass noch ein paar weitere dieser Größe hinzukommen, denn insgesamt bieten die Hardcore-Punker durchaus ansprechendes Material.
Namentlich schon deutlich bekannter ist die Nachfolgeband LANDSCAPES. Die ebenfalls von der Insel stammende Melodic Hardcore Band hat durch sehr emotionsgeladene Konserven auf sich aufmerksam gemacht, auf denen sich melodische Soundwände mit heftigen Hardcore-Ausbrüchen abwechseln. Von diesen Klanglandschaften spürt man an diesem Abend aber nicht ganz so viel. Fronter Shaun Milton lässt doch irgendwie die standardisierte Hardcore-Keule raushängen. Nur vereinzelt schafft es die Band die Gefühlswelten der Besucher wirklich anzusprechen. Das bedeutet nicht, dass der Auftritt ein Flop ist. Vielleicht war aber auch die Erwartungshaltung zu groß. LANDSCAPES spielen ordentlichen melodischen Hardcore. Mal ein wenig düster, dann wieder brachial, aber eben nie vollends berührend. Und genau das ist der Punkt, an dem die Band ein wenig den Anschluss an die Speerspitze der Szene verliert. Dennoch verirren sich einige Besucher an den Merch-Stand, um anschließend mit „Live Gone Wrong“-Shirts herumzulaufen. Kleidungstechnisch sind die Somerseter auf jeden Fall vorne.
Im Schubladendenken verwurzelte Anwesende werden im Anschluss ein wenig verwundert die Nase rümpfen. Mit CASPIAN betritt eine Band die Bühne, die von der musikalischen Orientierung im Grunde nicht so richtig in die Tour-Besetzung passt. Für mich persönlich ist dieser Schachzug allerdings einer der Gründe überhaupt hier zu sein. Und mit dieser Meinung stehe ich sicher nicht alleine da – erst recht nach dem Auftritt. Die ebenfalls aus Massachusetts stammenden instrumentalen Post Rocker gehören zu der fast schon typischen Gemeinschaft aus Bands, die mit Laut-Leise-Dynamiken, elegischen Klangteppichen, plötzlichen Gitarren-Eruptionen und ganz viel Gefühl die Szene in den letzten Jahren erst so richtig groß gemacht haben. Für viele Experten mag dies inzwischen schon herkömmlich sein, CASPIAN schaffen es jedoch noch immer mit ihrem Material zu faszinieren – live erst recht. In den folgenden Minuten fühlt man sich wie in einem Tunnel. Als wäre sonst niemand mehr in der Essigfabrik. Nur du und die Musik. Die Band erzeugt dabei eine tiefemotionale Stimmung. Am 25.August 2013 verstarb Bassist und Gründungsmitglied Chris Friedrich mit gerade einmal 33 Jahren. Vielleicht ist es reine Interpretation, aber möglicherweise wirkt der Auftritt auch deshalb so verzweifelt traurig. Mit „The Heart that Fed“ ist auch eine Nummer der aktuellen EP mit von der Partie. Wer sich die Musik der Band aber mal in ganzer Kunst aufs Ohr legen möchte, sollte sich das 2009er Album „Tertia“ gönnen. Der Gig endet mit „Sycamore“, bei dem die gesamte Band ihre Instrumente beiseitelegt und sich am Schlagzeug versammelt, um gemeinsam zu trommeln. Eine coole Idee, die zu einem rundum gelungenen Auftritt passt.
Man kann nicht behaupten, dass DEFEATER im Anschluss noch einmal eine Schippe drauf legen würden. Es kommt ihnen aber zugute, dass vorher eine musikalisch anders aufgelegte Band auf der Bühne stand. So wirken schon die ersten Töne von „Bastards“ wie ein Befreiungsschlag. Wo vorher eine wahnsinnige Wall of Sound erklang, findet jetzt ein Schlag in die Magengrube statt. Doch DEFEATER sind eben nicht einfach nur wütend, wuchtig und brachial. Sie sind eben auf der anderen Seite genau das, was man von einer Melodic Hardcore Band erwartet: unglaublich authentisch! Hier wirkt jede Textzeile zu 100% ehrlich. Wenn Sänger Derek Archambault bei „Empty Glass“ aufs Mikro verzichtet und mit roher Stimmgewalt in die Menge schreit, dann entfaltet sich eine Welle aus Gänsehaut über das Publikum hinweg. Der Fronter, der übrigens wegen einer anstehenden Hüft-OP nicht angefasst werden durfte, zeigt sich gegenüber meiner letzten Liveerfahrung mit der Band noch einmal gesanglich verbessert. Die große Crowdaction bleibt aufgrund des Gesundheitszustandes damit aus. Mich persönlich stört das aber überhaupt nicht. So lassen sich Knallersongs wie „Dear Father“ oder „The Red, White and Blues“ auch aus nächster Nähe genießen, ohne von ausladenden Stiefelmoves mitgerissen zu werden. Auch das neue Material weiß zu gefallen. Vor allem „No Shame“ und „Bled Out“ können hier überzeugen. Im Mittelteil darf Archambault mit „I don’t Mind“ und „But Breathing“ die akustische Seite von DEFEATER auspacken. Eine gelungene Abwechslung, die vor allem durch das in eine Uptempo-Nummer aufgepeppte „But Breathing“ richtig viel Laune macht. So endet mit dem bockstarken „Cowardice“ ein wieder einmal vollends gelungener Auftritt. DEFEATER sind meiner Meinung nach das derzeit stärkste, was der melodische Hardcore zu bieten hat.
Setlist DEFEATER:
1. Bastards
2. Warm Blood Rush
3. Dear Father
4. The Red, White and Blues
5. Rabbit Foot
6. A Wound and Scar
7. I Don't Mind
8. But Breathing
9. No Savior
10. No Shame
11. Empty Glass
12. Bled Out
Zugabe:
13. Cowardice