Enforcer Skull Fist Vanderbuyst & Gengis Khan

Enforcer, Skull Fist, Vanderbuyst & Gengis Khan

EnforcerGengis KhanSkull FistVanderbuyst
Köln, MTC
05.02.2014
Zu einem ziemlich perfekten Zeitpunkt innerhalb der Tour treffen ENFORCER und Begleittruppen in Köln ein, denn nach einer Woche sollten Verschleißerscheinungen noch außen vor sein, während die Abstimmung aufeinander bei allen Bands passen müsste. Und obwohl Köln sich in der Vergangenheit nicht immer als bestes Pflaster für klassischen Heavy Metal präsentiert hat, sorgt die Zusammenstellung mit drei starken Livebands und dem Wild Card Opener früh für viel Betrieb im sympathischen MTC.

Die angesprochene Wild Card sind GENGIS KHAN, die sich 2012 zusammengefunden haben und trotz kaum nennenswerter (bzw. bekannter) Vorerfahrung der einzelnen Musiker schon im letzten Jahr ihr Debüt „Gengis Khan Was A Rocker“ veröffentlicht haben. Unerschrocken und flink wie ihr weltenerobernder Namenspatron preschen die jungen Italiener voran, es hapert allerdings noch an den Feinheiten. Das Timing der Refrains ist gerade in Liedern wie “Heavy Metal Maniac“, die eigentlich dazu dienen sollten, die Meute zu animieren, etwas neben der Spur und der gelegentliche Normalgesang wirkt in dem hochmelodischen Umfeld seltsamer als die (teilweise) in halboffenen Holzfällerwesten zur Schau gestellten Brusthaare. Der Daumen zeigt zwar nach oben, das ist jedoch vorerst vor allem Einsatz- und Spielfreude geschuldet. Aber was nicht ist, kann ja durchaus noch werden, zum Beispiel auf dem nach aktueller Planung für September vorgesehenen Zweitwerk.

Auf einer völlig anderen Erfahrungssphäre existiert der Rock’n’Roll Train VANDERBUYST, denn Willem, Jochem und Barry sind in den letzten sechs Jahren mehr unterwegs gewesen als viele langlebigere Bands in ihrer ganzen Geschichte. Als Quasi-Nachbarn genießen die Niederländer in Köln außerdem eine Art Heimvorteil, anders kann man kaum erklären, was ab dem ersten Ton für eine Bombenstimmung im MTC herrscht – es fehlt nicht viel dazu, dass auch noch die Riffs mitgesungen werden. Die nach Spaß gierende Menge bekommt ihrer Laune angemessen die volle Packung serviert, garniert mit allerhand launigen und lustigen Ansagen, auf die überraschend oft ein Zuschauer die passende Antwort hat, sowie der spontanen Umwidmung des brandaktuellen „Shakira“ auf eine anwesende Christina. Die musikalische Mixtur aus klassischem Rock mit frischer Energie wird untermalt von Jochems 70er Outfit, Willems Banglaune und einem tollen Gitarrensound, so dass die Zuschauer ebenso breit strahlen wie die „Flying Dutchmen“. Der Haken an der Sache? „Like life this set is short.“

Selbst wenn das neue Album nicht allen Erwartungen gerecht wurde, ist die Vorfreude auf SKULL FIST groß, denn live ist die Faust erfahrungsgemäß „Heavier Than Metal“. Das bestätigt sich auch heute Abend und bevor jemand auf den Gedanken kommen könnte, Frontmann Jackie Slaughter wäre nach seinem schweren Skateunfall eine Nuance vorsichtiger geworden, wird schnell eines Besseren belehrt. Im niedrigen MTC kann Jackie zwar nicht stagediven, es hält ihn jedoch nichts davon ab, sich mitten im Lied auf die ersten Reihen zu legen, und Gitarrenkamerad Jonny Nesta darf auch eine kurze Runde auf den Schultern des Chefs drehen. Der abenteuerlichen Show ein wenig zum Opfer fällt „Heavier Than Metal“, das mit einer Gitarre nicht über genügend Punch verfügt, außerdem wird „The next song is about a warrior and his sign. It’s called ‚Sign Of The Warrior‘“ schmerzlich vermisst. Der Setsieg geht deshalb relativ eindeutig an das überbordend energisch geschmetterte „No False Metal“, selbst wenn der Unterhaltungswert über die kompletten 45 Minuten hoch bleibt und die neuen Lieder den alten live weniger nachstehen als befürchtet.

Überraschenderweise lässt es sich in Bühnennähe lockerer stehen, als der Headliner sie betritt, aber vielleicht haben einige Kölner noch gar nicht ihre Reserven aufgebraucht, sondern wussten nur, was sie bei ENFORCER erwartet, denn die Lautstärke ist in den vorderen Reihen selbst mit Gehörschutz ohrenbetäubend. Was der Merchguy später lakonisch mit „We’re the headliner, we have to be louder!“ zusammenfasst, treibt die Anlage immer wieder nah an Rückkopplungsbereiche und nervt tierisch. Dass „Scream Of The Savage“ wie durch die Heißmangel gedreht klingt, stört dabei weniger, als die Sinnlosigkeit des live ausgetragenen Loudness Wars, der garantiert nicht nur mir eine im Wortsinn rauschende Nacht ins Ohr gehämmert hat. Dabei stimmt ansonsten alles und ENFORCER haben nie zuvor eine Setlist aufgefahren, die in meinen Augen so nah an der für sie möglichen Perfektion ist: Das frühe „Mesmerized By Fire“ bringt das Blut in Wallung, mit „Katana“ wird wenig später hervorragend nachgelegt und nach dem schmissigen „Take Me Out Of This Nightmare“ folgt endlich einmal das (bisher) selten gespielte „Walk With Me“. Dessen Steigerungen sind indes so mitreißend und atemraubend, das im Anschluss vorübergehend ein wenig die Luft raus ist. Das Drumsolo und die weiterhin abartige Lautstärke tun ihr Übriges, um die kleine Abwanderung von nach hinten nach draußen umzuleiten, was die in absoluter Topform aufspielende Band eigentlich nicht verdient hat. Zum Glück geben die Verbliebenen weiterhin Vollgas, so dass nach dem instrumentalen „Silent Hour / The Conjugation“ und „Satan“ in der Zugabe ein letztes Mal geglänzt wird, mit dem wohl bekanntesten eigenen Lied, „Midnight Vice“, sowie VENOMs „Bursting Out“.
Dieser feurigen Spiellaune und Setlist hat aktuell keine der in den letzten Jahren aufgekommenen Trad Metal Bands ähnliche Kaliber entgegenzusetzen, trotz des inzwischen oft genug angesprochenen heutigen Wermutstropfens. Damit beweisen ENFORCER auch, dass sie zurecht an der Spitze des hochkarätigen Packages stehen, selbst wenn das heute vermutlich nicht jeder Kölner unterschreiben würde.
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