Kings of Black Metal 2014

Kings of Black Metal 2014

BaptismBehexenBorgneCult Of FireEndstilleHateImpietyIskaldKampfarKholdKoldbrannMayhemMerrimackNargarothOndskaptSethSvartidauðiVelniasWaldschrat
Alsfeld, Stadthalle
04.04.2014

Freitag

Dieses Festival wächst und wächst. Innerlich und äußerlich. Nicht nur dass die Organisatoren von Jahr zu Jahr kleine Neuerungen im Drum und Dran einführen und die Abläufe glätten, sondern diese Ausgabe Kings of Black Metal fällt so umfangreich aus wie noch keine zuvor. Zwei Tage volles Programm warten auf die Gemeinde, zwei Tage randvoll mit großen und nicht ganz so großen Namen der Szene. Doch die schiere Masse bringt für den einzelnen Fan und Korrespondenten ganz neue Schwierigkeiten mit sich: Wie soll man sich das alles geben? Zu Beginn vor sechs Jahren war dies noch fast durchweg möglich, doch allein mit einem Samstag, der (ohne eventuelle Verzögerungen beim Umbau) 14 Stunden Programm bietet, muss man dazu übergehen, auszusuchen und Prioritäten zu setzen. Das bedeutet natürlich auch, dass man so manche interessante Band einfach sausen lassen muss, was keinesfalls die Leistungen der Vernachlässigten in den Schatten stellen soll. Aber auch die Kondition eines maximal motivierten Fans und Schreiberlings ist begrenzt und 19 Bands in eineinhalb Tagen sind verdammt viel.

Da die Anreise an einem Freitag heißt, dass erst das Tagwerk getan werden muss, bevor der Weg nach Osthessen angetreten werden kann, müssen die ersten Bands dran glauben und ohne uns spielen. WALDSCHRAT, BORGNE und KOLDBRANN eröffnen am Freitagnachmittag und frühen Abend die Warm Up Night. So interessant sie gewesen wären, wir schaffen es genau um acht an der Halle zu sein, die bereits ordentlich gefüllt ist. Auf dem Weg hinein fällt auch direkt auf, dass das Zelt, das Burning Stage erstmals auf der letzten Satans Convention dabei hatten, auch hier einen Teil des Platzes vor der Halle füllt, was es erlaubt, einen Großteil des Merchandise und der Händler aus dem Vorraum der Stadthalle zu halten und so für etwas mehr Platz zu sorgen. Ganz klar eine gute Idee und ein Beweis dafür, dass jedes Jahr ein wenig optimiert wird.

Glücklicherweise bekommen wir ONDSKAPT von Beginn an mit. Die Herren spielen Black Metal mit schwedischer Schlagseite und eindeutig okkulter Ausrichtung. Musikalisch gelingt dies auch recht gut, nur bei der Performance gibt es Optimierungspotenzial. Obwohl ihr Material eine gelungene Mischung aus Aggressivität und Melodik bietet, wirken die Musiker ein wenig steif und verlegen, was sich besonders beim Frontmann negativ bemerkbar macht. Und so bleiben ONDSKAPT mit einem respektablen Set ein wenig hinter den Erwartungen zurück.

Ganz anders wird dies mit der nächsten Band, die auch schon als Headliner angekündigt ist. Das Prime Time Programm dieses ersten Abends wird von zwei deutschen Bands bestritten, wobei ENDSTILLE schon mehrfach auf Veranstaltungen von Burning Stage beweisen durften, was für eine großartige Liveband sie sind. Und genau das gelingt ihnen heute auch, obwohl der Mann am Mischpult zu Beginn des Sets dem armen Zingultus das Mikro abgedreht lässt. Der lässt sich von so etwas aber nicht beirren und beweist zusammen mit seinen vier Kollegen die ganze Klasse dieser Band. ENDSTILLE entfesseln eine brachiale Energie und besonders Zingultus ist auch deren perfekte Verkörperung. Das umfangreiche Repertoire der Band liefert dazu noch mehr als genug Munition für das Set, auch wenn so mancher Klassiker ungespielt bleibt. Dass man sich bei der Zugabe aber doch noch dazu durchringt, „Navigator“ und „Frühlingserwachen“ zu spielen, sorgt für entsprechend dankbare Reaktionen. Völlig begeistert von einem tollen Set der Norddeutschen erwarten wir, was der Abend noch so bringen mag.

Allein am Aufkommen der entsprechenden Shirts zeigt sich deutlich, dass NARGAROTH heute von vielen erwartet werden und auch ich bin ausgesprochen neugierig, was es denn mit dieser kontroversen Band auf sich hat. Nach allem, was ich bislang musikalisch von ihnen mitbekommen habe, hat diese Truppe noch nie einen großen Reiz auf mich ausgeübt, vom Rest wollen wir an dieser Stelle nicht reden. Aber gerne lasse ich mich eines Besseren belehren und so warten wir gespannt mit einer beträchtlichen Schar auf das Set. Eröffnet wird es von der Band, einem Trupp fahnentragender Herren in Sturmhauben und einem Feuerspucker zu den Klängen von „Black Metal ist Krieg“, ihrem eindeutig bekanntesten und am meisten zitierten Song. Die bös dreinblickenden Maskenmänner ziehen sich danach an den Bühnenrand zurück und versprühen von aus dort den Charme einer Hooligantruppe. Und wieder einmal zeigt sich: Es gibt viele Lesarten des Begriffs Black Metal. Getragen von einem ausgezeichneten Sound geht es weiter und musikalisch zeigen sich NARGAROTH durchaus eingängig mit einer Masse an Riffs, die deutlich an die frühen Jahre der Szene und ihre skandinavischen Urväter erinnern. Passend dazu werden auch Coverversionen von BURZUM („War“) und MAYHEM („Freezing Moon“) gespielt, von denen besonders das letzte einen komischen Beigeschmack hat. Gemessen an der Version des Originals, das es am kommenden Abend zu hören gibt, wirkt die Version von NARGAROTH doch so bieder wie die Reproduktion des röhrenden Hirschs neben der Schrankwand in Eiche rustikal. Hier ist nichts von dem inspirierten Irrsinn der Norweger zu spüren und besonders an solchen Stellen zeigt sich, wer heute abend die Headlinerhosen anhat. NARGAROTH sind es für mich nicht, auch wenn das Publikum das in weiten Teilen nicht so sieht. Ich persönlich finde es mehr als schade, dass Ash dann in einer Ansage doch noch seinen reaktionären Unfug unters Volk bringen muss, indem er gegen SHINING gerichtete homophobe Pöbeleien ablässt. Bedenklich dabei ist nicht nur die Geistlosigkeit des Sprechers, sondern auch die breite Zustimmung seitens des Publikums. Dass wir uns im Jahre 2014 immer noch mit solchen Formen von Ausgrenzung rumschlagen müssen, ist armselig und beklagenswert. Dass das Ablassen einer solchen Grütze allerdings nicht angemessen vom Publikum quittiert wird, zeigt deutlich, dass auch in unserer geliebten Szene nicht alles zu Besten steht. Damit endet der Abend nicht so schön, wie er begonnen hat und ich persönlich hoffe NARGAROTH nicht wieder auf einem der Festivals dieses Veranstalter sehen zu müssen.

Samstag

Da der Freitag schon einigermaßen lang und ereignisreich war, dauert es eine Weile, bis am Morgen des Haupttages die Wunden geleckt und Blessuren auskuriert sind. Die Halle öffnet schon vor Mittag, was wirklich außergewöhnlich früh ist. Dementsprechend lassen wir die ersten beiden Bands sausen, denn heute ist noch Kondition gefragt. So müssen ISKALD und VELNIAS leider ohne uns auskommen, auch wenn es sich bei ihnen um interessante Acts handelt.

Pünktlich zum Set von SVARTIDAUÐI ist der Ort des Geschehens aber bereits gut gefüllt. Die Isländer stellen mit ihrem Debüt „Flesh Cathedral“ einen ganz klaren Geheimtipp im Underground dar, wobei ihr Sound komplex und nicht eben eingängig ausfällt. Ihr Material bieten sie mit Leidenschaft dar, was das Publikum zu schätzen weiß. In Anbetracht der Länge ihrer Kompositionen spielen sie natürlich eine sehr überschaubare Anzahl an Stücken und die hypnotischen Instrumentalpassagen passen nur mittelmäßig in den frühen Nachmittag, der durch die geöffneten Hallentüren hereinlacht. SVARTIDAUÐI wären zu einem späteren Zeitpunkt sicherlich besser aufgehoben gewesen, aber sie haben sich gut geschlagen und zeigen, dass sie eine der interessantesten neueren Bands in der Szene darstellen.

Alles ist anders, denn jetzt sind IMPIETY dran. Altgedient sind die Asiaten, und mit überbordenden Songs haben sie auch nichts am Hut. Dementsprechend bekommen die Anwesenden richtig ordentlich einen vor den Latz geballert, die rüpelhafte Mischung aus Black, Death und Thrash Metal gleicht im Kontrast zu den Vorgängern einem gepflegten Schlag in die Nieren. IMPIETY machen ihre Sache so routiniert wie leidenschaftlich und setzen im Gesamtgeschehen einen guten Kontrapunkt. Nur eines zeigt sich bei ihrem Set wieder einmal. Wenn man live mit nur einer Gitarre auf der Bühne steht und viele Soli in den Songs hat, dann wirkt der Gesamtsound schnell etwas dünn. Ansonsten verabschieden wir uns gut gelaunt und voller Lust auf Mittagessen in den Sonnenschein.

Genau das ist auch der Grund, warum es zu KHOLD und SETH an dieser Stelle leider nichts zu lesen gibt. Das folgende Programm schreit nach Stärkung, denn der Block, der uns erwartet, hat es in sich.

Ob man damit gerechnet hat oder nicht, nun kommt ein Highlight. Und was für eines. Nicht nur musikalisch sind CULT OF FIRE allererste Sahne, sondern auch optisch bieten sie den wohl beeindruckendsten Auftritt dieses Festivals. Theatralik in Reinform pflegen die Tschechen und ihre Kostüme sind so elegant wie verstörend. Alle Musiker sind in Umhänge gehüllt, die mit okkulten Symbolen geschmückt sind. Die Gesichter verdecken sie hinter Masken und die Kapuzen, die sie darüber tragen, sind so geformt, als hätte die Person darunter die Kopfform eines Aliens. Auch vom Mischer bekommen CULT OF FIRE einen feinen Sound beschert und mit ihrer kraftvollen, mystischen und melodischen Musik sind sie eindeutige Gewinner dieser Veranstaltung. Sie schaffen es mit einer von vorne bis hinten brillanten Performance, das Publikum für sich einzunehmen und werden auch entsprechend abgefeiert.

Weniger Undergroundstatus haben die Finnen von BEHEXEN, Gäste die man bereits bei den Kings of Black Metal sehen durfte und auf die man sich auch immer wieder freuen darf. BEHEXEN liefern heute einen sehr runden und gelungenen Auftritt ab. Klassisch finnische Räudigkeit, die sich im ein oder anderen Hit manifestiert, genau das ist es, was man von ihnen erwartet. Dabei zocken sie sich durch die eigene Bandgeschichte und ob „By the Blessing of Satan“ oder „Temple of the Silent Curses“, nichts von dem, was sie machen, zeigt irgendwelche Schwächen. Dennoch bleibt ein leich unbefriedigtes Gefühl zurück, für das BEHEXEN aber nichts können. Es ist nur so, dass es schwer ist, gegen einen solche überwältigenden Auftritt wie den der Vorgänger anzuspielen.

KAMPFAR sind live eine absolute Macht. Wer das noch nicht erlebt hat, der hat etwas verpasst. Es macht den entscheidenden Unterschied, ob eine Band bedingungslos Lust darauf hat, auf der Bühne zu stehen oder nicht, ganz egal, wie elaboriert die Spieltechnik ist. Und KAMPFAR sind heiß. Verdammt heiß. Von der ersten Sekunde an sprüht die Energie in den Saal, Dolk macht allen Anwesenden vor, wie leidenschaftlich und brutal man eigentlich headbangen kann und auch der Rest der Truppe ist voll bei der Sache. Dass KAMPFAR mit ihrem Pagan Black Metal natürlich noch die ein oder andere Melodie in petto haben, die aktivierend wirkt, ist nicht nur nettes Beiwerk, sondern entscheidend. Dazu kommt eine intensive Interaktion mit dem Publikum, was bei so vielen eher zurückhaltenden Bands im Programm eine angenehme Abwechslung darstellt.

Und auch wenn KAMPFAR ihrer Headlinerposition mehr als gerecht geworden sind, sieht die Running Order eine weitere Steigerung vor. Nimmt man den Festivalnamen ernst, dann ist ein Auftritt von MAYHEM eigentlich obligatorisch. Für diese Legenden wird dann auch erstmals der Zeitplan verletzt. Ansonsten war die Organisation hinsichtlich des Timings und der Umbaupausen allerdings perfekt, nur wenn es darum geht, Feuer zu entfachen und Schweineköpfe zu drapieren, dann dauert alles ein wenig länger. Die Stadthalle ist nun auch knüppelvoll und das Publikum drängt immer weiter nach vorne, als das klassische „Silvester Anfang“ den Auftritt eröffnet. MAYHEM sind anlässlich ihres 30jährigen Jubiläums hochmotiviert, was sich besonders am durchweg freudigen Gesicht Necrobutchers und Attilas exzentrischen Eskapaden mit Galgenstrick und Schädel beobachten lässt. Dabei spielen sie sich von der Vergangenheit in die Gegenwart und kein Album wird ausgelassen. Von „Deathcrush“ über „Buried by Time and Dust“, „My Death“, „Illuminate Eliminate“ bis hin zum aktuellen „Psywar“ bieten sie ein volles Panorama ihres Schaffens. Und die Version von „Freezing Moon“, die wir heute zu hören bekommen, macht noch mal ohne Raum für Missverständnisse deutlich, wie wahre Könnerschaft aussieht. MAYHEM werden mit diesem Auftritt ihrem Legendenstatus vollends gerecht und die ursprüngliche Plaungsidee, den Headliner nicht zuletzt auftreten zu lassen, wirkt nun ein wenig traurig, denn wie das noch getoppt werden soll, kann im Moment keiner so recht beantworten.

Da ein Finne bekanntlich selten allein kommt, dürfen BAPTISM die undankbare Rolle übernehmen, der Rest der Nacht einzuläuten. Das machen sie auch mehr als anständig. Unter normalen Umständen wäre ihr Auftritt etwas gewesen, das immense Freude hervorgerufen hätte, doch jetzt wirkt alles ein wenig fade und durchschnittlich. Auch die Halle beinhaltet nur noch etwa die Hälfte derer, die bei der letzten Band anwesend waren und man merkt dem Publikum an, dass es einigermaßen platt und kaputtgefeiert ist. Lord Sargofagian und seinen Mannen kann man dabei keinen Vorwurf machen. Sie ziehen ihr Set ansprechend durch, doch insgesamt ist die Luft einfach raus.

Und so kapitulieren auch wir angesichts einer schieren Übermacht an hochwertiger Musik und schleppen uns deutlich nach vollendeter Geisterstunde Richtung Bett. Was allerdings auch heißt, dass MERRIMACK und HATE ohne uns auskommen müssen. Das ist bedauerlich, aber bei so langen Tagen nicht einfach zu vermeiden. Letztlich kann man den Veranstaltern zu dieser 2014er Auflage des Kings of Black Metal nur gratulieren. Die erstmals zweitägige Veranstaltung war ein voller Erfolg, die Bandauswahl großartig und die technischen Abläufe so gut wie noch nie. Nur die Getränkekarten sind wieder mal ein Ärgernis, an das man sich bei Burning Stage leider gewöhnen musste. Sowohl die Regelung, das Becherpfand über die Karten abzurechnen wie auch die teilweise Überforderung des Personals, die Karten richtig abzuzeichnen, sind nervig. Wenn dann an einem Getränkestand auch immer nur ein Kugelschreiber vorhanden ist, obwohl dort drei Leute bedienen, dann fragt man sich schon, wie das sein kann. Doch dies soll nicht an letzter Stelle stehen, schließlich kann man für so tolle Veranstaltungen nur dankbar sein und es bleibt abzuwarten, wie dieses Hochamt des Black Metal im kommenden Jahr fortgesetzt werden mag.
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