Grand Magus Audrey Horne Zodiac & The Vintage Caravan

Grand Magus, Audrey Horne, Zodiac & The Vintage Caravan

Audrey HorneGrand MagusThe Vintage CaravanZodiac
Köln, Gebäude 9
19.03.2014
Am zweiten Tag der Tour ist die Rock Revelation schon in Deutschland angelangt, wo die Mehrzahl der Konzerte stattfinden wird. Austragungsort ist das wunderbare, aktuell akut in Gefahr geratene Gebäude 9 in der Nähe der Kölner Messe, das neben guter Raumaufteilung und angenehmer Bühnenhöhe auch an der Theke überzeugen kann, weil neben dem üblichen Kölner Einerlei, bestehend aus Kölsch & Becks, auch deutlich schmackhafteres Staropramen zum gleichen Tarif bereitsteht. Allzu lange währt der Aufenthalt im Theken- & Merchraum (vorerst) aber nicht, denn die Jungspunde der Stunde legen pünktlich los.

Gemeint sind natürlich THE VINTAGE CARAVAN, die in natura keinen Tag älter aussehen als auf den diversen Promofotos, aber schon Alarm machen wie die Großen. Konzentriert auf genau die Hälfte des Debütalbums, die sich live noch besser als auf Platte als voluminöser Actionrock inszenieren lässt, u.a. „Craving“, „Expand Your Mind“ und „Cocaine Sally“, spielt das Trio sich in einen ausgewachsenen Rausch, der zügig immer größere Teile des Publikums ansteckt. Das Gute daran? Kater oder sonstige Ausfallerscheinungen werden mehrheitlich ausbleiben, bei Frontmann Óskar (aka „der schmale Kelly“) bin ich mir allerdings nicht ganz sicher, so wie er sich mehrmals nahezu Hendrix-artig in seinem ekstatischen Gitarrenspiel zu verlieren scheint. Allzu lange nehmen diese Momente den Jüngling mit dem rotbraunen Haar aber nicht in Beschlag, denn dafür sind er und seine beiden Spießgesellen heute zu angriffslustig im positiven Sinn: Jedes Lied wird mit größtmöglicher Energie und fröhlichem Nachdruck zelebriert, schließlich kommen wir so jung nicht mehr zusammen. Die drei isländischen Burschen sind noch ganz am Anfang, aber wenn sie die Zukunft annähernd so gestalten können, wie es die Gegenwart verheißt, werden wir noch lange und viel Freude mit THE VINTAGE CARAVAN haben.

Diese Vorlage macht den Job für ZODIAC nicht leichter, obwohl die Münsteraner im Vorfeld sicher mehr Leuten bekannt waren, zumal sie in Köln keine Unbekannten sind. Im Vergleich zum letzten Frühjahr zeigt die Band sich spürbar verbessert, weil die Musiker bei allem Baden in der selbst kreierten Atmosphäre fokussierter wirken. Die Auswirkungen davon auf die Wahrnehmung des Auftritts sind nicht von der Hand zu weisen, weil die gefühlte Präsenz erheblich gesteigert wird und, ebenso wichtig, der gewohnt bluesige, betont lässige Rock griffiger und weniger ziellos scheint. Der Effekt schwächt sich im weiteren Verlauf zwar etwas ab, doch ein beachtlicher Teil der Zuschauer ist bis dahin ausreichend überzeugt, um ZODIAC bis zum Ende hörbar zugetan zu sein. Bei mir und einigen Umstehenden reicht es dafür noch nicht ganz, aber wenn die Band den nächsten Schritt ebenso zügig wie den letzten macht, wird sich das vielleicht schon beim nächsten Mal ändern.

Als seltsames Phänomen habe ich AUDREY HORNE auf dem letzten Rock Hard Festival kennengelernt und sehe mich heute in dieser Einschätzung bestätigt. Während die Alben einen guten bis sehr guten Eindruck machen, explodieren die Norweger, sobald sie auf eine Bühne treten. Ich würde sogar bezweifeln, dass mehr als drei Zuschauer notwendig sind, um Toschie, Ice Dale und Kompagnons zum völligen Durchdrehen zu bewegen. Dabei gibt Toschie sich heute zunächst weltmännisch gesittet mit Schlips, doch seine innere Rocksau, den zotteligen Abenteuerbruder des lähmenden Schweinehundes, kann er nur Sekunden im Zaum halten, bis sie sich freigekämpft hat und hemmungslosen Tribut einfordert, von den Mitmusikern wie den Zuschauern. Neben Bassist Espen, der mit Poloshirt & Schlägermütze von Rockabilly bis FLOGGING MOLLY nicht unangenehm auffallen würde, dreht zur allgemeinen Unterhaltung und Freude besonders Ice Dale auf und strahlt darüber bzw. dabei über das ganze Gesicht. Rock’n’Roll ist offenbar ein erstklassiger Ausgleich zu seiner Rolle bei den nordisch-ernsteren ENSLAVED. Auf die Gefahr hin, es mir mit den völlig mitgerissenen ersten Reihen zu verscherzen, muss ich jedoch erwähnen, dass die hervorragende Stimmung heute, anders als auf dem Rock Hard Festival, nicht jedes Lied zu einem Ereignis aufbrezelt. Trotz der Konzentration auf das die Hälfte der Setlist einnehmende letzte Album „Youngblood“ zeigt sich an diesem Punkt eine zweite Diskrepanz zwischen Auftritt und Konserve, denn während ein ordentliches Maß an Abwechslung auf Platte (fast) immer ein Plus ist, sind (mir) die Charaktere der Lieder heute eine Nuance zu unterschiedlich, um die Stimmung dauerhaft auf dem Gipfel halten zu können. Ändert aber nichts daran, dass AUDREY HORNE eine großartige Liveband sind, bei der einzig Drummer Kjetil nicht vom wilden Affen gebissen wurde.

Nach einigen Jahren, in denen GRAND MAGUS mit unschöner Regelmäßigkeit nicht gegen die von ihren Vorbands erzeugte Stimmung anstinken konnten, haben die drei Schweden sich mittlerweile endlich freigespielt, denn erneut geht niemand nach Hause, bevor der Headliner seinen Beitrag geleistet hat. Wie groß der Einfluss der stilistischen Weiterentwicklung der Band vom ursprünglichen Doom über den mächtig pumpenden Heavy Metal der mittleren Jahre zur aktuellen Hard Rock Geschmeidigkeit ist, lässt sich schwer abschätzen, aus den Reaktionen auf die gespielten „Hammer Of The North“ Lieder ließe sich jedoch schließen, dass GRAND MAGUS einfach ein wenig länger gebraucht haben, um sich in ausreichend vielen Köpfen fest- und durchzusetzen, damit ein Konzert zum dauerhaften Stimmungshoch wird. Allerdings haben auch die drei Musiker ihre Lektion gelernt, denn nach munteren, engagierten und spielfreudigen Vorbands reicht einfaches Abliefern nicht, das Publikum will (außer bei SLAYER) auch vom Kopf einer Tour etwas geboten bekommen. Und das gibt es heute Abend von GRAND MAGUS, mit Herz und Durchsetzungsvermögen. Ungeachtet seines ausgiebigen Faustschwingens und todernsten Starrens in die Botanik geht dabei ausgerechnet J.B. voran –kaum zu glauben, wie der scheinbar stets zwischen Stoiker und Grant pendelnde Veteran sich freuen kann, wenn das Publikum sich lautstark einbringt -, während Fox & Ludwig wie immer vergnügte Miene zum guten Spiel machen.
Einziger kleiner Wermutstropfen eines rundum begeisternden Auftritts ist in meinen Augen die Setlist, die auf hymnische Stampfer von „Steel Versus Steel“ über „Ravens Guide Our Way“, „Triumph And Power“ bis zum abschließenden „Hammer Of The North“ fokussiert ist und leider keinen Platz für Agileres wie „At Midnight They’ll Get Wise“, „Fight“ oder „The Naked And The Dead“ hat. Weil ich aber niemals ein GRAND MAGUS Konzert mit unglücklichen Gedanken verlassen werde, solange das alles zerschmetternde „Like The Oar Strikes The Water“ aufgeführt wird, höre ich sofort auf, mich an Kleinkram aufzuhängen, denn der Nordstern leuchtet dem Trio heller denn je. Das haben sie sich verdient, möge es noch lange so bleiben!

Vielen Dank für die Bilder an Mumpi & Monsterpics.de!
Auf der Facebookseite von Monsterpics gibt es übrigens auch einige starke Bilder von AUDREY HORNE zu sehen.

Bildergalerie

-