NRW Deathfest 2014

NRW Deathfest 2014

Bombs Of HadesCorpsessedEntrapmentFunerusGoatbloodIncantationProfanityPurgatoryUnaussprechlichen KultenZombiefication
Wermelskirchen, AJZ
20.09.2014
Inzwischen findet das NRW Deathfest zum zwölften Mal statt und die Veranstaltung hat nicht umsonst den Anspruch, ein herausragendes Event für den europäischen Death Metal Underground zu sein. Und die Tatsache, dass man im kleinen AJZ Wermelskirchen den Eindruck gewinnt, dass dort Sprachen aller Herren Länder gesprochen werden, bestätigt das. Nicht nur Bands, sondern auch Fans aus aller Welt reisen in den verschlafenen Ort im rheinisch-bergischen Kreis, um sich dort zwei proppenvolle Tage lang die Trommelfelle verdreschen zu lassen.
Wo wir grade bei „zwei Tage‟ sind... Der Freitag bot bereits ein ausuferndes Programm an obskuren wie auch spannenden Bands, doch leider ist es uns nur möglich, vom Samstag, der mit etwas größeren Namen aufwartet und auch den Haupttag des Festivals bildet, zu berichten.

Vom heimischen Köln aus ist es eine ordentliche Busfahrt nach Wermelskirchen und noch lacht die Sonne, als wir vor dem AJZ eintreffen. Draußen tummeln sich bereits reichlich Besucher, der Thekenbereich ist ebenfalls gut besucht, nur vor der Bühne stehen nicht viel mehr als zehn müde Gestalten herum, von denen auch noch die Hälfte mit einem Fotoapparat ausgestattet zu sein scheint. Die Band, die dort aufspielt, nennt sich GOATBLOOD und die mauen Publikumsreaktionen sprechen für sich. Der Sound ist dünn, die Stimmung verhalten und so nutzen wir die Zeit, um uns ein wenig genauer umzusehen, den Merchandise zu begutachten und die sensationell günstigen Getränkepreise des AJZ zu nutzen.

Mit wenig bis keinen Erwartungen geht es an den Auftritt von ZOMBIEFICATION aus Mexiko und so früh am Tage gibt es die erste dicke Überraschung. Trotz kompletter Unkenntnis der Band werden wir komplett umgehauen. Der Sound ist über die Maßen druckvoll, die Performance leidenschaftlich und das Songmaterial zündet sofort beim ersten Hören. Hier präsentiert sich eine Band, die den weiten Weg gereist ist, um zu begeistern und das schaffen sie. Jetzt ist es wirklich losgegangen und voller Vorfreude warten wir auf die acht weiteren Bands, die auf ihren Auftritt warten.

ENTRAPMENT aus den Niederlanden gehen in eine ganz andere Richtung. Nicht nur optisch präsentieren sie sich wenig szenetypisch, auch der Sound stellt eine deutliche Abwechslung dar. Weniger tieftönend, dafür mit einer punkig-rotzigen Attitüde wird hier Death Metal der alten Schule dargeboten. Das Ergebnis ist durchaus launig, wenn auch nicht vollends begeisternd. Im Vergleich zu einer so solide aufspielenden Band wird aber noch einmal deutlich, mit welcher Wucht die davor spielenden Mexikaner den Tag eröffnet haben.

Schon an dieser Stelle zeigt sich, dass der ambitionierte Plan der Veranstalter nicht aufgeht und dass die Umbaupausen deutlich länger dauern als vorgesehen. Ein wenig Sorge macht sich breit, wie lange der Tag eigentlich noch gehen soll, denn zeitlich hängt alles bereits jetzt und es gibt noch reichlich anzuschauen. Als endlich BOMBS OF HADES die Bühne entern, macht sich dazu eine gewisse Ernüchterung breit. Die Schweden kommen sehr brav daher, vor allem die Vocals klingen eher bemüht als kraftvoll und obwohl sie spielerisch nichts falsch machen, bleibt das Set recht blass.

In der Zwischenzeit überzieht sintflutartiger Regen Wermelskirchen, was dazu führt, dass in der Umbaupause plötzlich die Bühne unter Wasser steht. Techniker und Musiker arbeiten gleichermaßen daran, alles trocken zu legen und zum Glück gibt es keinen Kurzschluss, bevor FUNERUS auftreten. Die Band zu sehen, hat einen tragischen Beigeschmack. Jill McEntee sieht man ihre gesundheitlichen Probleme sehr deutlich an, weshalb es umso bewundernswerter ist, dass sie sich derzeit gemeinsam mit der Band ihres Mannes auf Europatournee befindet. Und so sehr ich mich im Vorfeld auf den Auftritt der Band gefreut habe, so sehr wird dieser durch die Umstände getrübt. Zunächst erreicht die Soundqualität, die bislang bemerkenswert gut war, hier einen plötzlichen Tiefpunkt. Die Gitarre verschwindet fast vollkommen hinter den Drums, besonders wenn die Doublebass einsetzt, hört man nur noch wenig anderes. Zwar bessert sich dies im Laufe des Sets leicht, aber von einem guten Zustand sind wir auch am Ende weit entfernt. Und so sehr sich Frau McEntee darüber freut auf der Bühne zu stehen, so eingeschränkt ist ihre Darbietung. Auch vom Timing her stimmt nicht immer alles, was dem gesamten Set einen faden Beigeschmack verleiht. FUNERUS ist eine Band mit fantastischem Material, aber was man hier live zu sehen bekommt, ist nur ein Schatten dessen, was man aus dem Studio kennt. Als Vorwurf darf dies keineswegs gesehen werden, eher als ein Aufforderung, Jill McEntee von ganzem Herzen eine gute Besserung zu wünschen.

Da wir inzwischen schon einige Stunden im AJZ sind, muss dringend etwas zu essen her, was sich in der naheliegenden Innenstadt von Wermelskirchen auch problemfrei realisieren lässt. Allerdings bedeutet dies, auf PROFANITY verzichten zu müssen.

Ein heiß ersehntes Highlight folgt direkt auf das Abendessen, wenn auch mit inzwischen heftiger Verspätung. CORPSESSED aus Finnland stehen auf dem Programm und das Studiomaterial lässt auf ein intensives Set hoffen. Bereits beim Soundcheck deutet sich an, was in den kommenden Minuten für Ekstase sorgen wird. Hier hat eine absolute Ausnahmeband den Weg ins Bergische gefunden. Vokalist Niko Matilainen erweist sich als ein Stimmakrobat von einer schier unfassbaren Intensität, der dazu noch äußerst leidenschaftlich auf der Bühne agiert. Dass er sich dazu die frisch rasierte Glatze mit dem Mikro blutig haut, lässt den eh schon recht psychotischen Eindruck noch authentischer wirken. CORPSESSED entfesseln einen solchen Sturm an Gewalt, dass die Münder offenstehen und ich mich frage, wann ich einen solch brachialen Auftritt zum letzten Mal erlebt habe. Es ist sehr undankbar, nach dieser Band auftreten zu müssen und das gilt für alle weiteren Acts dieses Festivalabends.

Mit der nächsten Band kommen wir wieder in etwas gesittetere Bereiche. PURGATORY sind eine Institution im deutschen Death Metal Underground, die Band aus Sachsen ist inzwischen zwei Dekaden dabei und ihre letzten Alben waren so frisch wie nie zuvor. Auch wenn hier wieder das Soundproblem vorhanden ist, dass die Techniker einer einzelnen Gitarre nicht genügend Präsenz im Gesamtsound verleihen können, überzeugen PURGATORY auf ganzer Linie. Sie spielen reinen Death Metal der alten Schule und die Songauswahl ist gelungen. Leider hätte man bei einem solchen Set etwas mehr Lebendigkeit seitens des Publikums erwarten können, doch zu diesem Zeitpunkt hatten etliche Besucher schon bald einen vollständigen Arbeitstag im AJZ zu stemmen.

Nach einer wieder recht ausschweifenden Umbaupause kommen noch einmal Südamerikaner auf die Bühne und die haben die beeindruckendsten Nieten des Tages mitgebracht. UNAUSSPRECHLICHEN KULTEN aus Chile füllen der vorletzten Platz des Programms und den haben sie auch einigermaßen verdient. Ihr Sound ist roh und finster, sie bieten ihr Material engagiert dar und schaffen es, das ausgezeichnete akutelle Album „Baphomet Pan Shub-Niggurath‟ ordentlich anzupreisen. Nur muss das Set leider mehrfach wegen Problemen im Bereich des Drumkits unterbrochen werden, was der Stimmung nicht zuträglich ist. Dennoch gelingt es ihnen, der vorherrschenden Müdigkeit entgegenzuwirken und zu beweisen, dass die weite Reise sich gelohnt hat.

Gegen ein Uhr, also mit weit mehr als eineinhalb Stunden Verzögerung im Zeitplan, ist es endlich soweit und INCANTATION beginnen mit dem Headlinerset. Und was soll man sagen? Die inzwischen in Teilen ergrauten Herren ziehen beharrlich ihren Stiefel durch und das ist gut so. INCANTATION sind sie selbst, sie schöpfen aus dem Fundus ihrer vielen Alben und liefern wieder einmal einen Auftritt ab, der beharrlich zwischen musikalischer Brutalität und der freundlichen Art der Musiker pendelt. Herr McEntee, der heute seinen zweiten Auftritt am Abend hat, wirkt humorvoll wie eh und je und feuert das Publikum wiederholt mit „Come on you deutsch fucks!‟ an, bis er voller Freude entdeckt, dass sich vor der Bühne auch einige „dutch fucks‟ eingefunden haben. Technisch ist hier wieder alles im grünen Bereich, der Sound ist einem Headliner angemessen und mit einer kurzen Zugabe endet das Set dann kurz nach zwei Uhr.

Auch wenn zum ersten Abend nichts gesagt werden kann, reicht doch dieser Tag aus, um die Bedeutung und Qualität des NRW Deathfest hervorzuheben. Das Programm war so umfangreich wie auch abwechslungsreich und es ist wundervoll zu sehen, dass hier so viele spannende Undergroundbands unter einem Dach versammelt werden, die teilweise einmal um die Welt anreisen mussten. Auch wenn technisch nicht immer alles ganz sauber war, so gab es dafür Momente, an denen blanke Perfektion vorherrschte. Und mit CORPSESSED kann ich für meinen Teil verbuchen, einen der beeindruckendsten und intensivsten Liveauftritte seit langer Zeit erlebt zu haben. Allein dafür bin ich dem NRW Deathfest und seinen Machern zutiefst verbunden. Bis zum nächsten Jahr!
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