In Semper Diabolica V

In Semper Diabolica V

AbyssousAntlersHellish CrossfireMosaicMotor
Leipzig, Halle 5 e.V.
05.09.2015
„In Semper Diabolica“, der traditionelle Herbstauftakt der Metalheadz, geht nunmehr auch schon in die fünfte Runde und weil es unbestätigten Gerüchten zufolge Spanferkel in rauen Mengen geben wird, heißt der Zielhafen heute Abend ganz klar Halle 5. Dort ist dann erwartungsgemäß alles ganz einfach: Am Einlass schnell einen fairen Zehner abgedrückt, ein hoffentlich saugfähiges Nutztier im Brötchen abgegriffen und dann rein in die Bude, wo sich mit MOTOR gerade der Opener warmspielt.

Erster Gedanke zum Gebotenen: Es ist schon interessant, was für Bands mittlerweile willfährig umkvltet werden, in welch untergrundigem Ausmaß auch immer. MOTOR jedenfalls zocken bestenfalls mediokren Sauf-Rock mit metallischen Untertönen, der in seiner himmelschreienden Simplizität meinetwegen Tradition aus jeder Pore schwitzt – nach dem zweiten Track ist das Ganze jedoch bereits schaler als ein Ale aus der Mikrowelle. Was sie können (neben diesem coolen Hoppelriff, ihr wisst schon) sind Refrains, die man nicht zuletzt dank großzügiger Wiederholungstaktik schlecht aus dem Kleinhirn bekommt. Wer in einer knapp vierminütigen Nummer öfter „heavy metal“ unterbringt als IRON MAIDEN „no more lies“ im gleichnamigen 7+-Minüter, verdient jedenfalls die blecherne Chorusnadel am Bande, bevor es wieder raus zum zahlreich anwesenden Volk geht.

Zurück im Auditorium erwarten uns anschließend die ANTLERS, die bestimmt nur so heißen, weil der Name GEWEIH schon vergeben ist –Doppel-Headliner-Tour, anyone? Musikalisch setzen die multinationalen Leipziger auf flächigen BM modernerer Bauart mit Hang zur postmetallischen Komfortzone, was trotz vereinzelter Längen und ein paar crustigen Ausbrüchen durchaus hypnotisch wirkt. Kompositorisch erinnern vor allem die recht langen Aufbauten zunächst ein wenig an CNTMPT, allerdings tauchen ab Song Nummer 3 dann auch die Vocals aus den Tiefen des Mix‘ auf und sorgen in Verbindung mit den wohlig wabernden Gitarrenwänden für gefällige Unterhaltung. Schöne Band, die man sich bei Gelegenheit mal wieder auf die Ohren legen kann.

Überraschung des Abends sind anschließend ganz zweifellos die für NOCTURNAL WITCH (Gute Besserung!) eingesprungenen MOSAIC: Irgendwie irgendwann mit den schrulligen ALCHEMYST verbunden, widmen sich die Thüringer einer Interpretation des Black Metal, die zugleich traditionell und ungewöhnlich wirkt. Während die Basis durchaus Echos von Spät-90er-Ästhetik zeitigt, sind es vor allem die rhythmischen Variationen und das feine Händchen für Dynamik, die MOSAIC heute Abend vom Teilnehmerfeld abheben. Man hat während des Gigs das gute Gefühl, dass hier mit musikalischen Mitteln Stimmungen durchschritten werden, statt in nur einem Zustand zu verharren – eine erfrischende Facette, die durch das zurückhaltende, aber markante Bühnenoutfit (2 Holzschnitt-Banner, bronzene Schminke) noch unterstrichen wird. Endgültig in Worte fassen lassen sich MOSAIC nur schwer, aber ihr solltet der Band nach Möglichkeit unbedingt einmal Ohr und Auge leihen – die demnächst erscheinende EP "The Ambrosia Scrolls" nebst ebenfalls anstehendem Album dürfte der Livepräsenz ja zuträglich sein.

Richtig gut gehen nach kurzer Eingewöhnung dann auch die mir bis dato unbekannten ABYSSOUS ab. Namensseitig erinnert das Ganze zunächst an eine unterschätzte Black Metal-Combo aus Schweden (ABYSSOS, um genau zu sein), doch mit Schwarzmetall haben die Chemnitzer nicht viel am Hut. Sie zaubern dem geneigten Publikum viel lieber ein traditionelles Todesbrett in den Thalamus, das bei aller Wut auch die Technik nicht vergisst. ABYSSOUS sind tight, schön brutal und riffseitig gerade so abwechslungsreich, dass am Ende eine ausgewogene Mischung aus Atmosphäre und bangbarem Geballer entsteht. Beim nächsten In Flammen Open Air sicher ein Pflichttermin.

Nach drei guten bis hochklassigen Bands bleibt heute leider nicht mehr viel Enthusiasmus für HELLISH CROSSFIRE über, was angesichts des Status‘ der Band ein wenig schade ist. Wer am zugrundeliegenden Mechanismus interessiert ist, liest bei Simmel kurz „Über Kunstausstellungen“ nach und sieht anschließend ein, dass sensorische Eindrücke eben nicht zugleich zahlreich UND nachhaltig sein können – im Musikbereich ist diese Erkenntnis leider noch nicht allzu verbreitet.
Unabhängig davon haben die Metalheadz an diesem ziemlich strangen Abend ein hochklassiges und im Kern überzeugendes Billing auf die Bretter der Halle 5 gewuchtet: Stilistisch breit gefächert, dem entsprechend motivierend und mit 10€ definitiv im ökonomischen Wohlfühlbereich angesiedelt. Würde ich auch zahlen, wenn es letzten Endes vielleicht eine Band weniger wäre – aber das ist eher eine persönliche Randnotiz. ;)

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