Storm Crusher Festival V

Storm Crusher Festival V

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Wiesau
18.09.2015

Freitag

Metalfestivals in der bayerischen Provinz scheinen keinen guten Stand zu haben. Zu oft habe ich schon erlebt, dass groß angesetzte Festivals mit bekannten Headlinern wegen schleppenden Kartenvorverkaufs wieder abgesagt werden. Umso größer ist die Freude, dass das Storm Crusher in Wiesau in der nördlichen Oberpfalz bereits in die fünfte Runde geht. Ich bin zum ersten Mal dort und erlebe ein bodenständiges, kleines Festival. Eine Bühne wird in der alten Reithalle aufgebaut, draußen gibt es überschaubare drei Fressstände und das Bier (wenn auch kein gutes) wird zu absolut fairen Preisen verkauft. Gecampt wird standesgemäß auf der Pferdekoppel neben der Halle. Das führt dazu, dass wir mit dem beissenden Duft von Urin in der Nase, Pferdekot an den Stiefeln und dem Eisengeschmack von billigem Dosenbier im Mund am Freitagnachmittag zur Stage pilgern.

Bei meiner Ankunft entern die EVIL INVADERS die Bühne. Die Jungs kommen aus Belgien, zocken Speed Metal und haben dieses Jahr ihr erstes Album rausgebracht. Mit einer guten Portion Mut knüppeln sie ihr Set runter. Innovative Akzente können sie zwar nicht setzen, aber ein kurzweiliger Gig ist das allemal.

ATTIC lockt die nicht wenigen MERCYFUL FATE-Nostalgiker vor die Bühne, nicht das letzte Mal an diesem Abend. Urige Riffs und der hohe Gesang stoßen hier auf bereitwillig abgehende Fans. Klassischer Heavy Metal wird hier groß geschrieben und ATTIC punkten dahingehend ordentlich.

Dass WITCHBURNER schon seit 1992 aktiv sind, hätte ich ihnen beim besten Willen nicht zugetraut. Aber die vielen Kuttenaufnäher und Shirts deuten schon im Vorfeld darauf hin, dass sie eine ansehnliche Fanbase vor Ort haben. In dem wilden Thrash Metal, den sie bieten, finde ich mich im Moment aber nicht gut zurecht und leihe ihnen vielleicht zu Unrecht nur ein halbes Ohr.

Ohne in bösen Zungen zu sprechen, würde ich MACBETH gerne als Opis bezeichnen. Diese alten Herren gibt es ja schon ewig und die wissen ganz genau, wie man auf einem kleinen Festival eine ordentliche Show abliefert. Ich war sehr gespannt auf die Thüringer und bin ganz zufrieden. Einzig die deutschen Texte drängen sich immer wieder in den Mittelpunkt meiner Aufmerksamkeit. Da bin ich eher zurückhaltend – nur gut, dass MACBETH nicht gar so viele Plattitüden besingen.

Und zum zweiten Male kommt eine MERCYFUL FATE Gedächtnisband auf die Bretter der Stage. PORTRAIT hat einen astreinen Stil aus Falsettgesang, Riffs, Soli und einer ansprechenden Thematik. Ich bin total positiv überrascht von dem, was PORTRAIT hier abliefern und mehrere Songfetzen verfolgen mich noch Tage danach als Ohrwürmer. Eine grandiose Neuentdeckung für mich!

GRAND MAGUS als Headliner anzusetzen, wirkt auf mich ein wenig gewagt. Ja, der Hype um die Schweden in den letzten Jahren war groß, ihre Alben haben bleibenden Eindruck hinterlassen und live sind sie oft unfassbar gut. Doch an einem müden Abend können die Jungs auch mal gehörig ins Klo fassen. Doch heute soll nicht so ein Tag sein. Mit garantierten Granaten wie „Steel vs. Steel“, „Iron Will“ und natürlich „Hammer Of The North“ bringen sie die Halle auch recht schnell zum Kochen. Sie sind gut drauf und teilen ihre gute Laune mit dem Publikum – und umgekehrt. Die Organisatoren haben also doch alles richtig gemacht und bringen den Freitag zu einem gebührenden musikalischem Finale.

Samstag

An diesem Samstag dürfte es laut Running Order etwas ruppiger zur Sache gehen. Nach einem späten Frühstück im beschaulichen Städtchen von Wiesau finde ich mich zu HELLISH CROSSFIRE vor der Bühne ein. Schon auf dem Party.San wurde ich von ihrem heftigen Thrash Metal vollends überzeugt und auch heute können sie unterhalten.

Mit ARROGANZ kommt nun auch endlich etwas Black Metal auf den Tisch für die Verzehrer von Schwarzklößen. Wenig überraschend ist die Halle nun so leer wie vielleicht um 12 Uhr bei ROGASH. Das verlockt mich aber nur dazu, weiter vorne zu stehen und mich von ihren fiesen Hassbrocken erfüllen zu lassen. Mit ihrer groovebetonten Spielweise, die auch gehörige Death Metal-Einflüsse vorweist, sind sie über den Status eines Geheimtipps eigentlich schon hinaus. Dennoch hinterlässt ihr intensiver Auftritt das Gefühl, Zeuge eines großartigen Newcomers geworden zu sein.

POSTMORTEM sind energiegeladen und brennen darauf, die Reithalle zu zertrümmern. Mit einer guten Setlist bestehend aus Songs ihrer nunmehr 24-jährigen Schaffensperiode spornen sie mit einem motivierten Sänger die Leute dazu an. Der Funke springt nach einiger Zeit über, aber ein Feuer entfachen die Berliner hier nicht gerade.

Nun werden die THIN LIZZY Nostalgiker um ihre Aufmerksamkeit gebeten: DEAD LORD folgt als nächstes. Ihr hoch melodischer Hard Rock reißt die Halle nun eher ein als zuvor. Hits ihres ersten Albums wie „Hammer To The Heart“ oder „Because Of Spite“ werden nun von ihrem zweiten Album ergänzt, besonders „Strained Fools“ weiß zu gefallen. Die Meute ist jedenfalls total begeistert und feiert die synchronisierten Axtschwünge ebenso ab wie das Jimi Hendrixeske Gebahren des Frontmanns.

Es folgt eine kleine Auszeit meinerseits, leider. FACEBREAKER jagen derweil wieder etwas Todesstahl durch die Boxen und noch beim Rauchen draußen kriege ich mit, dass sie durchaus eine große Fanbase anwesend haben. ASSASSIN und METAL INQUISITOR besinnen sich im Anschluss wieder auf klassischen Schwermetall und stoßen auf diesem Festival damit natürlich auf offene Ohren. Von AUDREY HORNE kriege ich dann leider gar nichts mit, nur ein paar Meinungen von dritten Personen und die sind sehr durchwachsen.

Für mein persönliches Highlight lasse ich jedoch alles stehen und liegen und bin wieder voll da: ARTILLERY! Endlich! Und der Gig erfüllt all meine Erwartungen und mehr. Die Kracher von „By Inheritance“ (Titeltrack und „Khomaniac“) begeistern mich am meisten. Ihre neuen Stücke, von denen ich mich nicht so berauschen kann, haben definitiv nicht die Klasse von anderen Rifffeuerwerken, gehören aber nun mal auch dazu. Für ein Schmunzeln sorgt dann noch der Gitarrist, der es nicht lassen kann, ein Solo mit Zunge zu spielen. French Riffing?

TWILIGHT OF THE GODS habe ich nie so recht verstanden. Zum einen liebe ich BATHORY, aber mit diesem Album kann ich schon nicht mehr viel anfangen. Zum anderen mag ich A.A. Nemtheanga und PRIMORDIAL nicht. Die Zeichen stehen also denkbar schlecht und so kann mich auch heute ihr Heavy/Doom/Viking (?) Metal nicht abholen. Die Frotzeleien und überheblichen Sprüche des Sängers schießen dann den Vogel noch ab. Geht bitte und kommt nie wieder!

Nach einiger Verzögerung und technischen Schwierigkeiten darf nun der Headliner SODOM ran. Leider gibt es beim Opener „Agent Orange“ noch keine Gitarre zu hören und später folgt noch eine kurze Auszeit wegen dem doofen Ton, während der Tom Angelripper aber sein bestes tut, um die Wartezeit mit lockeren Sprüchen zu überbrücken. Das Ausharren lohnt sich jedenfalls, mit dem MOTÖRHEAD-Cover „Iron Fist“ sind alle nervigen Umstände vergessen und am Ende gibt es Hit um Hit, als „Remember The Fallen“, „Napalm In The Morning“ und als Schlusspunkt das obligatorische „Ausgebombt“ angestimmt werden.

Am Ende ist hier eigentlich für jeden etwas dabei gewesen. Der Fokus lag in diesem Jahr auf traditionellem Heavy Metal und Speed Metal. Dazu noch gut Thrash Metal und eine handvoll Death/Black Bands und fertig ist ein abwechslungsreiches Festival, das von einem Verein organisiert wird. Vielleicht wirkt es deshalb so familiär, so vertraut. Hier gibt es keinen Firlefanz - nur Metal, ein paar hundert sympathische Besucher (in diesem Jahr offenbar erstmals über 1000), eine freundliche Crew und das faire Preis/Leistungs-Verhältnis. Ich zumindest komme mit Freude im nächsten Jahr wieder!
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