Nidrosian Aftermath Procession

Nidrosian Aftermath Procession

KringaMgłaMisthyrmingOne Tail, One Head
Salzburg, Rockhouse
10.12.2015
Ein Konzertabend der besonderen Art stand mir letztens ins Haus. Nachdem die letzte Nidrosian Black Mass binnen Minuten ausverkauft war, erschloss sich schließlich doch noch eine Möglichkeit, einige der wohl gefragtesten Black Metal Bands der Stunde live zu bestaunen. Als das Tourpaket der Nidrosian Aftermath Procession schließlich angekündigt wurde, staunte ich nicht schlecht: MGLA, ONE TAIL ONE HEAD, MISþYRMING und KRINGA. Während MGLA und MISþYRMING in diesem Jahr Alben herausbrachten, die es gerade regelmäßig in die Best of 2015 Listen schaffen, eilt ONE TAIL ONE HEAD ein Ruf als absolut feuriger, einmaliger Live-Act voraus. Einzig KRINGA waren mir im Vornherein unbekannt.

Aber das dürfte sich recht bald ins Gegenteilige wandeln. Doch der Reihe nach: Zunächst bleibt nämlich noch festzuhalten, dass das Rockhouse in Salzburg einer der coolsten Clubs ist, die ich besucht habe. Das Bunker-ähnliche Gewölbe verströmt eine sehr intime Atmosphäre. Dazu kommen noch die wahnsinnig netten Fans; vielleicht sind mir aber Österreicher wegen ihres so vertraut klingenden Dialekts nur schneller sympathisch.


Die geschmackvoll dekorierte Bühne erstrahlt in roter Beleuchtung und pünktlich wird frischer Weihrauch aufgesetzt und das unheilige Treiben darf beginnen. Die Lokalmatadore von KRINGA nehmen den Anfang und haben erstaunlich leichtes Spiel. Das Quartett hat einige EPs und Demos am Start und obwohl die Hütte noch nicht voll ist, können sie vom Start weg alle mitreißen. Wenig überraschend handelt es sich hier um orthodoxen Black Metal, bei dem sich der Bassist mit geifernden Screams und der Gitarrist mit akzentuiertem klaren Gesang abwechseln. Die eiskalten Riffs entfalten sich wunderbar und rasend schnelle Songs treiben uns den Schweiß auf die Stirn. Diese knapp 40 Minuten vergehen wie im Fluge.

Ohne großes Tamtam macht sich im Anschluss MISþYRMING fertig. Die Isländer folgen einem ähnlichen Stil und können so nahtlos an die zuvor angeheizte Stimmung anknüpfen. Die Songs von ihrem Debütalbum werden ohne Abstriche zum Besten gegeben, nur an Intros und Outros wird verständlicherweise gespart. Während ein Berg von einem Mann hinter dem Drums den Anschein erweckt, er hätte hier ein Kinderschlagzeug vor sich, wirkt die Saitenfraktion wie schemenhafte Ghule. Der Frontmann spielt mit unübersehbarer Leidenschaft die griffigen Leads und kommt ohne jede Ansprache (wie alle Bands übrigens) zurecht.

Schon ist Halbzeit und man fiebert mit steigender Spannung dem Höhepunkt entgegen. Und der offenbart sich mir schon vor dem nominellen Headliner. Ich habe ja schon Konzertmitschnitte auf Youtube gesehen und begeisterte Erfahrungsberichte gelesen, aber was ONE TAIL ONE HEAD hier abfeiert, ist nichts weniger als genial. Ein glatzköpfiger Ork hinter den Drums, ein bärtiger Zombie an der Gitarre, ein tollwütiger Bär am Bass und ein blutüberströmter Hexer am Mikrofon – diese Kombination ist so energetisch wie unaufhaltsam. Mittlerweile ist es kuschelig geworden vor der Bühne und die ohnehin schon nur im Kopf herrschende Grenze wird von beiden Seiten überquert. „Wir kennen eure Songs! Wir singen mit! Wir moshen! Wir brennen diese Stadt nieder!“ Nie wäre ich willenloser auch der letzten Aufforderung nachgegangen, zu intensiv ist dieses Erlebnis. Dass neben den paar veröffentlichten und bekannten Songs auch ein paar neue das Repertoire auffüllen, macht die Vorfreude auf eine neue Veröffentlichung umso schöner.

Was kann da noch kommen? Nach einem so schweißtreibenden Auftritt hat es jede Band schwer und das sollte sich heute auch bestätigen. MGLA legen keinen Wert auf Äußerlichkeiten, treten daher völlig vermummt auf und spielen mit klinischer Sauberkeit. Natürlich haben die höchstens 150 Leute im Rockhouse auf diese Band gewartet, für nicht wenige ist ihr aktuelles Album das Beste des Jahres. Doch wirklich gebührend wird das gute Stück nicht zum Besten gegeben. Stattdessen besteht die Setlist aus Songs ihrer ganzen Schaffensperiode und neben drei Alben beinhaltet das auch die zwei EPs „Further Down The Nest“ und „Mdłości“. Ohne Frage wissen sie zu fesseln, selbst ich – völlig verausgabt noch – kann mir nicht helfen und wackle wie in Trance mit dem Kopf. Aber sie spielen kaum eine Minute länger als die anderen und bleiben aufgrund ihrer stoischen Ruhe auch nicht so im Gedächtnis. Schade eigentlich.

Aber den Abend könnten die Polen auch nicht versauen, wenn sie ein Peter Maffay Tribute-Konzert gespielt hätten. Jede dieser Bands hat Alleinstellungsmerkmal, jede konnte hier gehörige Duftmarken setzen und das liegt nicht am vielen Weihrauch. Ärgerlich ist eigentlich nur, dass sich die Bands wahnsinnig stur an den Zeitplan hielten und auch sonst ein wenig die Lockerheit vermissen ließen. Allerdings hat man es hier auch nicht mit heimlichen Kirchgängern zu tun, sondern mit Musikern, die ihrem Konzept scheinbar alles opfern und unbeirrbar ihren Weg gehen.
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