Satans Convention 2016

Satans Convention 2016

AtticAura NoirCaronteDead CongregationLost SoulLvcifyreMelecheshSarkristaThe CommitteeTsjuderUrfaust
Speyer, Halle 101
09.01.2016
Jeder Winter hat seine Satans Convention, nur ist dieses Mal einiges ein kleines bisschen anders. Zunächst fällt die aktuelle Ausgabe ins neue Jahr, während man sich bislang stets zwischen Weihnachten und Silvester in Speyer traf. Doch aufgrund der Lage der Feiertage hat sich das in diesem Jahr nicht angeboten. Weiterhin ist es den Veranstaltern gelungen das musikalische Programm zu erweitern und ein extrem hochwertiges und abwechslungsreiches Line Up zu bieten. Der ursprüngliche Fokus auf Black Metal ist inzwischen deutlich in den Hintergrund gerückt und hat einer Offenheit Platz gemacht, die mit Großveranstaltungen wie dem PSOA zu vergleichen ist, nur eintägig und drinnen.

Bei so vielen Leckerbissen haben wir die Anfahrt früh angetreten und sind unbehelligt von Schnee oder sonstigen winterlichen Eskapaden an der Halle 101 eingetroffen. Beim Betreten der Halle treffen wir schon den Opener THE COMMITTEE auf der Bühne an, dem es aber nicht gelingt, einen besonderen Eindruck zu hinterlassen. Abgesehen vom Outfit mit verhüllten Gesichtern, schwarzen Uniformhemden und einem Sänger, der mit einer Sense auf der Bühne herumsteht und dabei ein wenig wie bestellt und nicht abgeholt wirkt, passiert nicht viel Aufsehen Erregendes. Man spielt höchst generischen flotten Black Metal, der zum einen Ohr hineinrauscht und zum anderen wieder heraus. Dennoch finden sich zu dieser sehr frühen Uhrzeit bereits eine ganze Menge Fans in der Halle, denen THE COMMITTEE besser gefallen als mir und es sei ihnen gegönnt.

Auf den Opener folgt bereits ein erstes Highlight des Tages. CARONTE aus Italien zelebrieren den Nachmittag mit feinstem Doom alter Schule. Ihr Auftritt verläuft ohne Schnickschnack, dafür beweisen sie nicht zuletzt durch ihren Frontmann Dorian Bones eine gelungene Präsenz auf der Bühne. Der Sound ist ungemein eingängig und voller Groove, orientiert sich dabei an Genregrößen von SABBATH bis REVEREND BIZARRE. Alleinstellungsmerkmal sind die intensiven Vocals, die von Kritikern nicht ganz zu Unrecht mit Glen Danzig assoziiert wurden. Der komplette Auftritt von CARONTE macht ungemein Spaß und schafft es, die Stimmung bereits am frühen Tag auf ein Optimum zu bringen.

Den Beginn des Auftrittes von SARKRISTA verpassen wir aufgrund einer ausgedehnten Essenspause. Der Sound der Band erweist sich jedoch schon nach kurzem Hören als eiskalt, rasant und nordisch. Dabei drängen sich die Namen einiger finnischer Black Metal Bands geradezu auf, denn nicht nur akustisch erinnern SARKRISTA ungemein an Bands wie BEHEXEN, HORNA oder SARGEIST. Solide, nicht mehr und nicht weniger, ist der abschließende Eindruck.

Wo wir grad bei musikalischen Vorbildern sind: Nun kommen ATTIC. Und schließt man bei deren Set die Augen, könnte man glatt den Eindruck bekommen, einen gewissen diamantenen König in besten Jahren live zu erleben. ATTIC spielen Heavy Metal, der heftig an die Glanzzeiten von MERCYFUL FATE und deren Sänger anknüpft, und das machen sie ganz fantastisch. Der Sound ist druckvoll, die Bühnenshow überzeugend und energiegeladen. Dazu hat man neben Kandelabern noch Elemente eines Chorgestühls auf die Bühne gebracht, um die passende Atmosphäre zu schaffen. Jeder einzelne Song macht Spaß und ich hoffe, die Band in nicht allzu fernen Zukunft wieder einmal erleben zu dürfen.

Nun wechseln wir wieder in extremere Gefilde über. LOST SOUL aus Polen stehen an und sie wollen uns mit technisch angehauchtem Death Metal eins vor die Rübe geben. Doch schon der erste Eindruck stimmt mich skeptisch. Wenn ein Bühnenoutfit so aussieht, als sei es aus der Requisitienkammer für Disney-Bösewichte entliehen, dann finde ich das nicht cool, sondern eher bedenklich. Der Sound von LOST SOUL entpuppt sich als abwechslungsarm und ein wenig stumpf. Was das Ganze soll, erschließt sich mit nicht und gelangweilt sitze ich das Set ab, bis wieder etwas Spannendes passiert.

Und das kommt in der Form von LVCIFYRE schon sehr bald. Hier werden keine Gefangenen genommen, sondern ein Sound produziert, der direkt den tiefsten Schlünden der Hölle zu entspringen scheint. Die Briten hauen der Hörerschaft ein unerbittliches Geballer um die Ohren, das von abgrundtiefen und verhallten Vocals garniert wird. Musikalische Gnadenlosigkeit, du hast einen neuen Namen! Zwar kommt das Material nicht ganz so facettenreich rüber wie auf dem aktuellen Album, aber das lebt auch teilweise von den Gastvocals von Mark of the Devil. Dennoch beeindrucken LVCIFYRE durch die totale Schwärze und rohe Gewalt, die sie in der Halle 101 entfesseln. Ein Set, nach dem man sich erstmal setzen muss.

Und es wird nicht besser, denn DEAD CONGREGATION aus Griechenland setzen nicht weit entfernt von ihrem Vorgänger die Aufgabe fort, das Publikum klanglich zu verdreschen. Zwar geht der Sound ein wenig mehr in Richtung von traditionellen Death Metal Bands, doch das macht ihn nicht weniger beeindruckend. Die vier Herren machen keinerlei Firlefanz auf der Bühne, sondern spielen ihr Material technisch sauber und temporeich herunter. Und das reicht auch schon voll und ganz. Nachdem DEAD CONGREGATION ihre Arbeit verrichtet haben, ist erstmal Pause angesagt, denn das Paket der letzten beiden Acts war in seiner unbändigen Gewalttätigkeit zwar großartig, aber auch ein wenig anstrengend. Und abgesehen davon, dass wir heute schon mit absolut hochkarätiger Musik gesegnet wurden, folgen nun noch vier Bands, die allesamt Headlinerpotenzial haben.

Dass URFAUST am heutigen Abend auftreten, hat eine für den Veranstalter etwas peinliche Vorgeschichte. Eigentlich waren SINMARA für diesen Platz angekündigt, doch dann gab Burning Stage kurzfristig bekannt, dass es ihnen nicht möglich gewesen sei, Flugtickets von Island nach Deutschland zu besorgen. Klingt komisch, ist aber so und bei Facebook nachzulesen. Wie dem auch sei, URFAUST ist ganz sicher nicht der schlechteste Ersatz und die beiden Herren aus den Niederlanden liefern ein gewohnt intensives, ruhiges und nicht nur latent depressives Set ab. Dabei ist es immer wieder faszinierend, welchen Kontrast die beiden Bandmitglieder auf der Bühne bieten. Während Frontmann / Gitarrist IX nahezu regungslos und in sich gekehrt performt, geht die eigentliche Show von Schlagzeuger Vrdrbr aus, der gleichzeitig wohl einer der minimalistischsten Drummer der gesamten Metalwelt ist. Angefangen bei „Die kalte Teufelsfaust‟ entspannen die beiden ein klassisches URFAUST-Set, das in seiner zweiten Hälfte sehr ruhig und getragen ausfällt. Es ist alles ganz anders als die ursprünglich angekündigten SINMARA, aber dafür einfach einzigartig.

Auch der Auftritt von MELECHESH hat eine Vorgeschichte, die aber für den Veranstalter eher einen Triumph darstellt. Denn dass MELECHESH heute hier sind, ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Bandleader Ashmedi steht nämlich aufgrund einer Kneipenschlägerei in Jerusalem seit zehn Wochen unter Hausarrest, nachdem er schon drei Tage im Gefängnis verbracht hat. Um die Show nicht abzusagen, hat er eine horrende Kaution in Israel hinterlegen müssen und wird bald wieder dorthin zurückkehren, um seinen Prozess anzutreten. Um so größer ist die Freude aller Beteiligten, MELECHESH bei der Satans Convention begrüßen zu dürfen. Und nachdem es bei URFAUST eher einfach und ruhig zuging, kommt jetzt ein technisches Feuerwerk zwischen Black Metal, Thrash Metal und orientalischer Folklore. Das Set konzentiert sich dabei eher auf die jüngeren Alben. Dennoch scheinen MELECHESH von der Publikumsreaktion her die heimlichen Headliner des Abends zu sein. Zwar ist die Stimmung durchweg ausgezeichnet, aber keine andere Band wird heute so abgefeiert.

Und wenn einmal mit angeschwärztem Thrash angefangen wurde, dann darf man auch gerne so weitermachen. Auf dem Programm steht niemand Geringeres als die hässlichste Band der Welt, AURA NOIR. Noch nie ist mir bei einem Auftritt der Norweger so deutlich aufgefallen, dass hier zwar reichlich Extremmetal drinsteckt, aber letztlich noch mehr MOTÖRHEAD. So ist es dann auch nur folgerichtig, dass Apollyon Lemmy einen Song widmet. Die Fangemeinde bekommt eine reichliche Portion dreckigen Groove und eine dafür sehr höfliche Band, die auf angenehme Art und Weise den Kontakt zum Publikum pflegt. Damit sind sie nach MELECHESH heute erst die zweiten, alle anderen Bands kamen in ihren Shows ohne besondere Interaktion aus. Garniert wird die Show immer wieder von kleinen, aber beeindruckenden Gitarreneinlagen von Blasphemer, der in dieser Band ja schon seit einiger Zeit eine neue musikalische Heimat gefunden hat. AURA NOIR sind Spaßgaranten und am Ende scheinen sie gar nicht so hässlich zu sein, sondern einfach nette Kerle, die Freude an dreckiger Rockmusik haben.

Zählt man die Patches auf den anwesenden Kutten, ist es kein Zufall, dass TSJUDER heute den Schlusspunkt setzen. Spätestens seit ihrer Reunion und den darauf folgenden beiden Alben sind die Norweger zu Fahnenträgern des „True Norwegian Black Metal‟ geworden, was sie auch zu Beginn ihres Sets verkünden. Und genau das ist Programm. Brachiale Raserei, eine energiegelandene und giftige Performance, Corpsepaint und dicke Nieten, das ist es, womit TSJUDER der ein wenig kaputtgefeierten Meute einheizen. Dabei lassen sie oftmals die Songs ohne Atempause ineinander überlaufen. Als sie dann noch, deutlich nach Ende der regulären Spielzeit, „Sacrifice‟ von BATHORY und „Deathcrush‟ von MAYHEM covern, ist alles klar. Mit TSJUDER hat man hier einen würdigen Headliner gebucht, der diesem grandiosen Tag das passende Ausrufezeichen verleiht.

Insgesamt ist diese Satans Convention so abwechslungsreich ausgefallen wie nie zuvor. Keine der Bands ist hinsichtlich der Publikumsreaktionen durchgefallen, dafür gab es eine Menge guter Stimmung und noch besserer Musik. Burning Stage verleiht der Satans Convention genau so den passenden Charakter und hebt sie vom Kings of Black Metal Festival ab. Und auch wenn das Bohei um SINMARA ein wenig bedauerlich ist, bleibt zu dieser Veranstaltung nur eines zu sagen übrig: Best Satans Convention ever! Mal schauen, wie die Veranstalter mit dieser Verantwortung im kommenden Jahr umgehen werden.
-