Wacken Open Air 2015

Wacken Open Air 2015

AmorphisBlack Label SocietyDream TheaterIn FlamesKholdPowerwolfRob ZombieSabatonSavatageSepulturaTrans-Siberian OrchestraWithin Temptation
Wacken Festivalgelände
30.07.2015

Einleitung

Für den Teil der Metalgemeinde, der drauf steht, ist das Wacken Open Air jedes Jahr wieder ein ganz besonderes Festival. Dass sich die Besonderheit dieses Jahr nicht nur am Festival selbst festmachen lässt, sondern dieses mal außerhalb des Einflusses des Veranstalters lag und durch den Wettergott bestimmt wurde, ist ein mittelmäßig katastrophaler Umstand, der wahrscheinlich die eine oder andere Assoziation zum Dschungelcamp aufweist. Obwohl, die haben es da in der Regel wenigstens noch einigermaßen warm. Wie dem jetzt auch sei. Es konnte trotz extrem unter Wasser stehenden Feldern und der dadurch wohl einzigartigen Möglichkeit des Unterwasserzeltens ein doch recht anständiges Festival zum Laufen gebracht werden. Das einzige was mich gewundert hat, war dass der Rettungsdienst dieses Jahr nicht von der DGzRS durchgeführt wurde.

Eigentlich wollte ich mir ja am Mittwoch schon die Freunde von EUROPE und NEW MODEL ARMY zu Gemüte führen, was aber durch die Sintflut und allerlei herumfliegenden Zelten und Pavillons verwehrt wurde. Außerdem blockierte die Arche Noah gerade den Weg.

Donnerstag

Und so startete man eben erst am eigentlichen Eröffnungstag. Dieser zeigte sich dann auch schon etwas weniger feucht, gut bedient aber war, wer sich die Wathose eingepackt hatte. Und so konnte man, immerhin von ein paar leichten Sonnenstrahlen begleitet, den Auftritt von ROB ZOMBIE begutachten. Dieser fehlte bisher auch noch in meiner persönlichen Sammlung. Und ehrlich gesagt, viel wurde auch nicht dafür getan das mal zu wiederholen. Der Sound stimmte, die Songauswahl war, sagen wir mal, ok und Herr Zombie bemühte sich auch. Aber irgendwie kam das ganze ziemlich blutleer rüber. Die Leute vor der Bühne wurden einfach nicht abgeholt.

Eine weitere neue Spielwiese waren für mich dann SAVATAGE. Nicht dass die mir unbekannt wären, nur bislang haben die bei mir wenig Interesse geweckt. Im Vorfeld hatte man schon viel gehört, dass dieser Auftritt so einiges in den Schatten stellen sollte, was jemals in Wacken geboten wurde. Ja nun, es war zunächst einmal nur der Gig von SAVATAGE. Nicht mehr, nicht weniger. Für mich als nicht gerade großer Freund dieser ins Power Metal gehenden Geschichten, ganz ordentlich und unterhaltend.
Das änderte sich dann ziemlich schnell, als dann ca. eine halbe Stunde später der bandeigene Ableger TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA die zweite Bühne enterte und den Rest der Spielzeit ein munteres hin und her, mit- und auch durcheinander auf beiden Stages zusammen entstand. Mit einer gewaltigen licht überströmten Performance, die ich sogar bei einigen altgedienten progressiven Rockacts so noch nie gesehen haben, konnten Gefangene gemacht werden. Mund auf und staunen. Glücklicherweise war das auch der Schlusspunkt des ersten Tages, denn nach so etwas hätte keiner mehr gewinnen können.

Freitag

EPICA und ENSIFERUM aus Zeitgründen verpasst (wenn man vom Presseplatz erst einmal komplett um das Dorf geleitet wird, dann kommt das schon mal vor), begann Tag 2 dann etwas später als geplant mit SEPULTURA. Seit dem Abgang von Max nicht mehr mein Ding, konnte die Band mit ihrem grandiosen Auftritt in Wacken 2012 einen Teil von mir zurückerobern. Was allerdings taugt die Truppe ohne die Hilfe der damaligen Trommlertruppe? Jede Menge. Das Publikum ist sichtlich angefixt, besonders bei den alten Teilen, die leider ein wenig zu kurz kamen. Genau wie der Auftritt als solcher. Gerade war man mittendrin, schon war es wieder vorbei.

Am frühen Abend ging es dann schön progressiv weiter. Das erste Mal überhaupt hatten sich DREAM THEATER nach Holstein getraut. Ich habe die Amis nie für eine Festivalband gehalten. Und dieser Eindruck wurde bestätigt, gleichzeitig aber auch für nichtig erklärt. Es kommt eben ganz drauf an was gerade gespielt wird. Die kurzen knackigen Stücke wissen zu gefallen, können auch mitreißen und zeigen, dass diese Band ein Feuerwerk abfeuern kann. Was dann aber ausbremst, sind eindeutig die Songs, in denen zu viel und zu lange gegniedelt wird. Auch die eingestreute Ballade trat enorm auf die Stimmungsbremse. War also ganz nett, aber nicht wirklich außergewöhnlich.

Die nächste Band kenne ich dann tatsächlich nur vom Weghören. BLACK LABEL SOCIETY. Einfach nie mein Ding gewesen. Da man allerdings den Fanboy im eigenen Marschgepäck dabei hat, muss man da jetzt auch durch. Gut, ich habe es mir schlimmer vorgestellt. Es war schon amtlich was da abgeliefert wurde, auch wenn ich nicht einen einzigen Song kannte. Und so machte die Show auch echt Spaß, bis zu dem Zeitpunkt als Mr. Wylde dann einen gut zehnminütigen Soloorgasmus bekam. Das ist mir dann einfach zu viel. Wenn man auf die Band steht, hat man vor Freude bestimmt mit unkontrolliertem Harnablass zu kämpfen. Ich bin da jetzt wenigstens trocken geblieben.

Danach dann schnell rüber auf die andere Seite der Bühnenwand und auf die Schweden von IN FLAMES warten. Auch wenn die Band mit ihrer musikalischen Entwicklung einige alte Fans vergrault hat, so schafft es diese genau die, die dadurch ins Boot geholt werden konnten, vor der Bühne zu vereinen. Das erste Mal an diesem Wochenende war es vor der Bühne bis hinten durch so richtig voll. Und ich denke, dass jeder, der nun da stand, auf seine Kosten gekommen sein dürfte. Auch wenn der Auftritt scheinbar von vorne bis hinten durchgeplant war und wenig Spontanität zeigte, dadurch phasenweise etwas unterkühlt wirkte, bekam man dennoch voll auf die Zwölf. Etwas gewöhnungsbedürftig war auch das Outfit von Fronter Anders Fridén, der in seinem komplett weißem Zwirn wohl eine Stunde vorher noch in Wimbledon auf dem Center Court stand. Sei's drum. Spaß gemacht hat es dennoch, bis hin zum üblichen Höhenfeuerwerk.

Noch ein musikalischer Absacker gefällig? Schnell rüber zur Party Stage und mit den seichteren Tönen von WITHIN TEMPTATION den Abend ausklingen lassen. Hätte jetzt aber auch nicht wirklich Not getan. Besonders nicht, wenn man gerade von einer riesigen stampfenden Soundwand kommt und nun ein schlecht abgemischtes Etwas vorfindet, das den leichteren Klang der Band nun völlig auf den Boden klatschen lässt. Die Show war sicherlich in Ordnung und auch Sharon den Adel kam extrem sympathisch rüber, aber es gelangte einfach nicht bis zu mir.

Samstag

Samstag. Der schönste Morgen des Festivals, der jedes Jahr wieder mit dem amtlichen Bauernfrühstück im Ort selbst beginnt, und danach auf die Wiese treibt. Und jetzt stand ich vor der Qual der Wahl, was als Verteiler angebracht wäre. KATAKLYSM oder KHOLD? Ich mag beide und habe auch keine Band bisher live gesehen. Nach der Erinnerung an den Sound der Party Stage von gestern Abend entschied ich mich dann für die Norweger. Ich wurde auch nicht enttäuscht, jedenfalls nicht so richtig. Die Musik war das, was ich hören wollte. Ich mag diese monotone Grundstimmung der Band. Aber bei Sonnenschein (ja, richtig gelesen, die war nämlich jetzt tatsächlich da) kommt das nicht so richtig rüber und die Ähnlichkeit der einzelnen Songs, nicht umsonst ist das hier Modern Talking im Black Metal Gewand, kann eine dreiviertel Stunde verdammt lang werden.

Ich habe es immer wieder versucht, meistens versuchen müssen, aber gegen POWERWOLF ist für mich einfach kein Kraut gewachsen. Jetzt dachte ich, dass könnte doch immerhin live klappen, aber denkste Puppe! Für mich persönlich hat es das noch schlimmer gemacht. Dieses pseudoreligiöse Selbstbeweihräucherungfest geht mir extrem auf die Nüsse. Selbstversuch beendet. Nie wieder!

Ein weiteres Highlight in der Running Order hingegen war das 20jährige Jubiläum von AMORPHIS ''Tales From The Thousand Lakes''. Und so wurde hier auch das komplette Album durchgezockt, was allerdings die Leute, die die Band erst kürzlich entdeckt haben, ein wenig von der Bühne verschreckte. Zu drastisch ist dann doch der stilistische Wandel der Band ausgefallen. Zwar wurde auch der eine oder andere neuere Track angestimmt, aber eigentlich wurde doch nur das eine Album abgefeiert. Vermutlich was es für die Band zu früh am Tag, denn ich habe die Band bestimmt schon an die zehn Mal gesehen, und muss sagen, dass es einer der schlechteren Gigs war. Es war nur bis zu einem gewissen Punkt packend. Auch wenn die Band lange nicht mehr so viele Musiker auf der Bühne hatte, so passte es irgendwie nicht zusammen. Oder vielleicht gerade deswegen?

War es außer bei In Flames noch einmal voll vor der Stage? Ja, genau ein Mal. Und dafür waren auch wieder Schweden verantwortlich. SABATON. Wieder eine Band, die mir wohl immer ein Rätsel bleiben wird. Dem überwiegendem teil der Zuschauer schien es aber richtig zu gefallen, denn voller war es nie. Für mich bestenfalls durchschnittlich, aber wem es gefällt.


Und wie sieht jetzt mein persönliches Fazit aus? Angesichts der widrigen Umstände wurde das beste aus der Situation gemacht. Wenn man schon am Mittwoch mitbekommt, dass keine Autos mehr auf das Gelände dürfen und die dann gefühlt irgendwo südlich von Hamburg stehen bleiben müssen, Zeltplätze knietief unter Wasser stehen und ein normales Fortbewegen, ohne unter Alkohol zu stehen, nicht mehr möglich ist, dann stellt sich die Frage wann der Punkt eigentlich erreicht wird, an dem so ein Festival abgesagt wird. Es war absolut grenzwertig. Auch habe ich vereinzelnd Stimmen im Publikum gehört, die sagten, dass sie froh sind, wenn das hier vorbei wäre. War bislang auch noch nicht da. Okay, unterm Strich ist alles gut gelaufen. Es wurde gemacht und getan. Die Bandauswahl war für mich dieses Jahr eher unter ferner liefen, aber Spaß hat es doch gemacht. Wenn jetzt noch etwas an der Wegsituation für uns Pressefritzen gemacht wird und man als Fußgänger auch wieder die 700 Meter zum Pressebereich gehen kann und nicht wieder komplett fünf Kilometer um das Gelände geführt wird, dann bin ich auch wieder komplett glücklich.
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