Dissection Watain Grabak

Dissection, Watain, Grabak

DissectionGrabakWatain
Engelsdorf, Hellraiser
03.12.2004
Ein großer Aufschrei ging durch die Republik, als die Nachricht der Reunion von DISSECTION die Ohren der Öffentlichkeit erreichte. Mit nur zwei Alben hatten es die schwedischen Gitarrenhelden geschafft, einen derart wichtigen Platz in den Herzen der Black-Metal-Fans einzunehmen, dass beim Erscheinen dieser News ein innerer Zwiespalt quasi vorprogrammiert war. Würde die Band nach der umstrittenen und unfreiwilligen Auszeit von Sänger und Gitarrist Jon Nödtveidt an alte Erfolge anknüpfen können? Oder würden alte Mythen dadurch zerstört werden? Nun, auf der ersten offiziellen Tour werden sich die deutschen Fans davon überzeugen können.
Für das Rahmenprogramm auf ihrer Station im nahe Leipzig gelegenen Hellraiser-Club hatten sich die Schweden zunächst mit den Landeskollegen von WATAIN und den heimischen GRABAK zwei musikalisch ähnlich geartete Bands ins Boot geholt, um das Publikum auf das erforderliche Level zu bringen. Letztere legten zwar etwas verspätet, aber nicht minder motiviert den Aggressionspegel ziemlich hoch an. Vor einer angenehm höheren als beim Eintreffen im Club vermuteten Besucherzahl zockten die Leipziger hasserfüllten und rasenden Black Metal, bei dem man den Eindruck hatte, dass das Hauptziel in einer möglichst kurzen Gesamtspielzeit mit einer maximalen Anzahl von Songs bestehen würde. Wirklich folgen konnten den Stücken wohl nur die Handvoll eingefleischter Fans am Bühnenrand, alle anderen hofften auf die spärlich gesäten und erlösenden Midtempo-Rhythmen, die leider allzu schnell von den es sich etwas zu einfach machenden Prügelparts getötet wurden. Wirklich in Erinnerung blieb vielen wohl nur die Tatsache, dass die Band gleich mit zwei Bassisten an den Start gegangen war, aber das war’s dann auch schon.
Das komplette Gegenteil, obwohl auf selbem Terrain kämpfend, präsentierten nach langer Umbauphase die romantisch veranlagten Jungs um WATAIN. In heimeligem Kerzenschein und eingehüllt in einer Wolke aus frisch Erbrochenem huldigten sie zwar auch der dunklen Seite der Macht, gingen dabei aber bedeutend vorsichtiger zu Gange. Midtempo, Groove und Abwechslung standen an vorderster Front im Kampf um die Gunst des Publikums. Auf dieser Schiene erreichten sie auch deutlich mehr Interessenten als ihre Vorgänger. Zwar würde ein unbeteiligter Beobachter noch lange nicht von einer tobenden Menge sprechen, aber die Zahl der kreisenden Köpfe hatte zumindest deutlich zugenommen. Da aber selbst der kräftigste Metaller nicht unendlich Energie in natürliche Heizkraft transformieren kann (im Volksmund auch „Schwitzen“ genannt), ohne zumindest ab und zu einmal Kalorien nachzuschieben, tummelten sich trotz Bühnenaktivität auch einige Leute am hauseigenen Imbissstand. Die höchst eigenwillige Interpretation von Bolgnese-Nudeln (Der Schreibfehler hätte eigentlich schon skeptisch machen müssen) musste allerdings kulinarisch eher im unteren Bereich eingestuft werden. Jeder Italiener hätte sich mit Freuden erbrochen, wenn er diese Mixtur aus Teigwaren, Gewürzketchup und rätselhaften Fleischbrocken erblickt hätte, aber der Hunger kann so manchen Geschmacksnerv temporär zum Schweigen bringen. [cr]

Im Hellraiser übt man sich im Fanservice und sorgt rundum für das leibliche Wohl, damit man sich frisch gestärkt mit lecker Pommes (die fantastische „Bolgnese“ hab ich mir mal verkniffen) und Bierchen ans DISSECTION-Schauen machen kann; und da fällt einem vor lauter Begeisterung gleich fast wieder alles aus dem Gesicht. Als Bewunderer von „The Somberlain“ und „Storm Of The Light’s Bane“ freut man sich, trotz des zwielichtigen Backgrounds von Mastermind Jon Nödtveidt, die Band mal live zu sehen.
Nachdem die Bandlogos stilsicher auf der Bühne verteilt sind und die Schweden die Bühne betreten, gibt es beim Publikum kein halten mehr. Ehrlich, eine derart begeisterte Meute hat man, zumindest in den vorderen Reihen, schon eine Weile nicht mehr gesehen; da werden die Haare geschüttelt, was das Zeug hält, die Fäuste hochgereckt, begeisterter Jubel jedes Mal, wenn der Frontmann die Gitarre hochreißt. Sieben Jahre sind schon eine verdammt lange Zeit, diese Leute waren ausgehungert.
Auch wenn die Gitarren etwas dünn abgemischt scheinen, ist beim musikalischen und spielerischen Niveau alles im grünen Bereich. Die Band präsentiert die ganze Palette ihrer musikalischen Großtaten; von „Storm Of The Light’s Bane“ wird kein Song ausgelassen. Perlen wie „Night’s Blood“ oder „Where Dead Angels Lie“ zaubern wohlige Gänsehäute.
Nun noch die Frage zu klären: Wie sieht es mit neuem Zündstoff von DISSECTION aus? Da kommen wir zum ersten Kritikpunkt. Die Band stellt ihre neue Single „Maha Kali“ vor. Live kann man sich das Teil aufgrund des tollen Gitarrensolos ja noch schön hören, aber nach nochmaligem Test auf der heimischen Anlage kommt die vollkommene Ernüchterung: es handelt sich um einen weniger als mittelmäßigen Song, der mit DISSECTION wie man sie kennt und liebt nichts mehr zu tun hat.
Zweiter Kritikpunkt: Der Eintrittspreis von 20 Euro ist ganz schön happig, auch das Merchandise hat nicht grad die Bezeichnung Schnäppchen verdient. Ein Tourposter mit den Unterschriften der Helden für drei Euro? Wer’s braucht. Leider müffelt das hier nicht nur nach fettigen Pommes, sondern auch nach schnellem Geldverdienen und da Herr Nödtveidt sowieso ein suspekter Typ ist, den man nicht zu dolle unterstützen muss, bleibt nur, sich weiter zu Hause die guten alten DISSECTION-Alben anzuhören. [yb]

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