Cemetary - Black Vanity

Cemetary - Black Vanity
Gothic Metal
erschienen in 1994 bei Black Mark Production
dauert 44:45 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Bitter Seed
2. Ebony Rain
3. Hunger Of The Innocent
4. Scarecrow
5. Black Flowers Of Passion
6. Last Departure - Serpentine Paradise
7. Sweet Tragedy
8. Pale Autumn Fire
9. Out In The Sand
10. Rosemary Taste The Sky

Die Bloodchamber meint:

Teil der wilden 90er, die im Metal Ergebnisse und Ausschläge in höchste Höhen und tiefste Tiefen mit sich brachten, waren auch CEMETARY, die sich in einer TIAMAT oder (kurze Zeit später) MOONSPELL nicht unähnlichen Entwicklung vom ursprünglichen Death Metal immer weiter gen Gothic Metal wandten. Verantwortlich war dafür allen voran der Kopf der 1989 gegründeten Band aus Borås, der inzwischen in Berlin residierende Mathias Lodmalm. Weil die wechselhafte Geschichte der Band nach 1997 mit Quasi-Umbenennungen in SUNDOWN und CEMETARY 1213 und schließlich Lodmalms nahzu Kiske-esker Abkehr vom Metal und dem damit einhergehenden endgültigen Ende 2005 ein Kapitel für sich ist, liegt der Fokus heute auf dem Album, das als Bindeglied zwischen den beiden Gesichtern fungiert und im gleichen Jahr erschien wie „Wildhoney“.

Wo „Wildhoney“ sich jedoch mutig und experimentell dem Leben und der Vergänglichkeit der Natur zuwandte, ist „Black Vanity“, die schwarze Eitelkeit, introvertierter, dunkler und trotz der im Allgemeinen warmen Gitarren in seinem Kern auch deutlich kälter. Unterstützt wird das von wie Einflüsterungen des Unterbewusstseins wirkenden Sprechpassagen neben dem eigentlichen Gesang („Hunger Of The Innocent“) und dem wiederholten Kontrast zwischen der Annäherung an Maschinengeräusche („Last Departure – Serpentine Parade“) und klirrende Ketten („Scarecrow“) zu hell aufblitzenden Akustikmomenten. In diesem Umfeld schneidet selbst der Wind in „Black Flowers Of Passion“ eisig in die Knochen, während die mehrmals auf dem Album sachte eingreifende Helena Ohberg im Wechsel mit Lodmalm eine todtraurige Geschichte erzählt, die im letzten Drittel um ein Haar an wenigen prägnanten Zupfern zerbricht.

Ebenso bemerkenswert wie kurios ist es demnach, dass das Album von beinahe schmeichlerischer Zugänglichkeit beseelt ist. Gefördert von den überschaubaren Geschwindigkeitsunterschieden im unteren bis mittleren Bereich und dem zwar leicht rauchig-grummeligen, doch stets um Melodie bemühten Gesang Lodmalms kann sich daraus auf Albumdistanz allerdings eine zweite Seite der Medaille entwickeln, die die (Be-)Deutung des Titels in Richtung der Nichtigkeit und des leeren Scheins, der Vanitas, verschiebt. Überschreitet man diese Grenze ein einziges Mal, lüftet also den Schleier der Atmosphäre und blickt dahinter, sind CEMETARY verloren, denn der nüchterne Betrachter wird immer Aufhänger für Kritik finden, von der (vermeintlich) fehlenden Abwechslung über die (tatsächlich) überschaubare Dynamik bis zur gelegentlichen Fernando Ribeiro-Schwülstigkeit („Out In The Sand“).

Vielleicht liegt es an dem Zeitpunkt des Erstkontakts, dass ich diese Grenze nie überschritten habe und es mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht werde, denn über viele Jahre hat mich das Album in den 90ern auf Augenhöhe zu „Clouds“, „Wildhoney“ oder „Irreligious“ begleitet und bis heute nichts von seiner Magie verloren. Aus den genannten Gründen ist es völlig legitim, eine andere Meinung zu „Black Vanity“ zu haben, aber wer ein Freund der genannten Bands und Alben ist, sollte CEMETARY zumindest kennen, um ein Bild der damaligen musikalischen Zeit zu gewinnen, das über die deutlich bekannteren (und allesamt noch aktiven) TIAMAT, AMORPHIS, MOONSPELL oder PARADISE LOST hinausgeht.
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