Commandment - No Mercy

Commandment - No Mercy
Power Metal
erschienen am 26.02.2010 bei Pure Steel Records
dauert 51:20 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Corrupted Youth
2. Betrayed
3. Road To Nowhere
4. Guitar Solo
5. The Cell
6. No Mercy
7. Holding On
8. Kamikaze
9. Voice Of The Sphynx
10. Law Of The Streets (Hidden Track)
11. Fire When Ready (Hidden Track)
12. Ivory Tower (Hidden Track)
13. Tears Of Remembrance (Hidden Track)
14. On The Attack (Hidden Track)

Die Bloodchamber meint:

Einige Alben stecken so voller Geschichte und Geschichten, dass dahinter die Musik selbst, unabhängig von ihrer Qualität, auf Dauer oft verblasst. Wer kennt zum Beispiel nicht die Diskussionen um das Originalcover des SCORPIONS Klassikers „Virgin Killers“? Die Anzahl derjenigen, die die starken & schwachen Lieder des Albums sofort benennen können wird im Vergleich ziemlich gering sein. Mit diesem Skandalpotential können COMMANDMENT nicht mithalten, aber wenn das Debüt einer Band sich großer Beliebtheit und auch einer Menge Radiozeit erfreuen durfte, sollte man doch erwarten, dass das zweite Album nur wegen einer Labelpleite nicht unveröffentlicht und im bloßen Rough Mix Status verbleibt, bis es fast 20 Jahre später wieder entdeckt wird. So war der Gang der Dinge von „No Mercy“, bevor es im letzten August auf Vinyl veröffentlicht wurde, dem jetzt die um weitere fünf, noch später wiedergefundene Lieder ergänzte CD-Version folgt.

Wie man es von Pure Steel kennt (und mag), ist der Sound des Albums natürlich nicht nachträglich aufgeplustert und für den Abschlussball herausgeputzt worden, sondern klingt dank des verständnisvollen Masterings von Rocco Stellmacher (u.a. GORGONS EYES & Ex-MIND ODYSSEY) differenziert & gleichzeitig roh und basisch. Der unter diesen Voraussetzungen einzige größere Mangel ist der sehr helle und beckenlastige Klang des Schlagzeugs, ansonsten sei so manchem Black Metal Puristen diese COMMANDMENT Scheibe als Beweis dafür ans Herz gelegt, dass eine Produktion roh, ehrlich & kaum wahrnehmbar sein kann, ohne beschissen zu klingen.

Die besondere Qualität von COMMANDMENT liegt musikalisch darin, viel Inhalt kompakt umzusetzen. Denn obwohl außer „Tears Of Remembrance“ kein Titel auch nur in die Nähe der fünf Minuten Marke kommt, was womöglich damals mit Blick auf die Radiotauglichkeit so geplant war, bleibt Platz für schmissige Strophen, mitsingtaugliche Refrains und eine Menge Gitarrenspielereien von Gitarrist JR3 (auch bekannt als Dr. Frankenshred, der Namensgeber & Chef von FRANKENSHRED), die in Richtung anderer amerikanischer Shredmeister wie Chris Impellitteri gehen. Selbst wenn einigen Liedern noch der letzte Schliff fehlt - anders kann ich mir zum Beispiel auch das zusammenhanglos als vierten Track eingeschobene Gitarrensolo nicht erklären - lassen viele Lieder eine Menge Potential anklingen. Gerade der Titeltrack „No Mercy“, das mit thematisch passend hypnotischem Refrain versehene „Voice Of The Sphynx“ und vor allem der Ohrwurm „Road To Nowhere“ deuten an, was in einer günstigeren Zeit für COMMANDMENT hätte möglich sein können.

Dennoch hat das Album, ganz unabhängig von Unproduktion und fehlendem Feinschliff, einen nicht zu leugnenden Lieben-oder-Hassen Faktor, der am Gesang des mittlerweile verstorbenen David Nava hängt. Die nahezu abartige Höhe, in der er sich fortwährend bewegt, ist nichts, an das man sich gewöhnen kann. Beim Erstkontakt mit COMMANDMENT fällt man das persönliche Geschmacksurteil, ob man diese Höhen mag oder nicht ertragen kann. Demzufolge sollte wirklich jeder, der nicht zufällig das Debüt „Engraved In Stone“ aus den späten Achtzigern kennt, vor einem möglichen Kauf in dieses Album reinhören. Als Belohnung winkt ein Album, das eigenwilligen US-Power Metal in seiner ursprünglichen Form so weit fühlbar macht, wie es im Jahr 2010 eben noch geht.
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