Oddland - The Treachery Of Senses

Oddland - The Treachery Of Senses
Progressive Metal
erschienen am 27.04.2012 bei Century Media
dauert 50:44 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Above And Beyond
2. Flooding Light
3. In The Eyes Of The Mourning
4. Aisle Of Array
5. Past The Gates
6. Still The Spirit Stays
7. In Endless Endeavour
8. Sewers
9. Lines Of Silver Blood
10. Ire

Die Bloodchamber meint:

Noch vor kurzem war ich mir sicher, dass SOEN mit ihrem Debüt „Cognitive“ mein persönlicher Newcomer des Jahres werden würden. Doch es ist noch gar nicht so viel Zeit ins Land gezogen, da bekommt das schwedische Quartett schon ernsthafte Konkurrenz aus dem Nachbarland: Vier Finnen haben sich unter dem Banner ODDLAND formiert, um SOEN die Newcomer-Krone streitig zu machen. Im Schlepptau haben die Jungs ihr Album „The Treachery Of Senses“, das bei entsprechender Promotion gehörig Staub aufwirbeln könnte. Mit dem Plattenlabel Century Media im Rücken dürfte dies durchaus im Bereich des Möglichen liegen – doch wie ist das Label überhaupt auf ODDLAND aufmerksam geworden?

Nun, die Band gewann einen Wettbewerb namens „Suomi Metal Star“, was erst einmal nicht sonderlich beeindruckend klingen mag. Angesichts der Masse an gutklassigen finnischen Rock- und Metal-Bands aber irgendwie doch ein Fingerzeig hinsichtlich des Potentials von ODDLAND. Jedenfalls scheint die Band mit ihrem schwer zu beschreibenden Prog Metal-Sound Eindruck bei Century Media hinterlassen zu haben, und das nicht zu Unrecht. Vorstellen kann man sich den Stil ODDLANDs als einen Bastard aus gemäßigten OPETH und NEVERMORE, angereichert mit jazzigen Passagen und einigen Abstechern in leicht polyrhythmische Djent-Gefilde. Das klingt schon ein wenig kompliziert, dabei wird diese Kurzbeschreibung dem Sound der Finnen noch nicht einmal gerecht. Denn hier und da wird auch noch die Thrash-Keule geschwungen, andere Passagen wiederum haben einen leichten orientalischen Touch.
Dass dieses Potpourri an Einflüssen und Stimmungen funktioniert, liegt zum einen am stimmigen Songwriting der Finnen. Nie wird es übermäßig technisch oder frickelig, ODDLAND behalten Song und Atmosphäre immer im Auge. Zum anderen hat man mit Sakari Ojanen einen fantastischen Sänger in seinen Reihen. Während er in metallischen Phasen mit seiner kräftigen Stimme zu überzeugen weiß, macht er in atmosphärischeren Parts einem Mikael Åkerfeldt von OPETH Konkurrenz. Doch er hat nicht nur ein tolles Organ, er weiß es auch stimmungs- und gefühlvoll einzusetzen und begeistert mit teils ungewöhnlichen Melodiebögen.

So verwundert es nicht, dass der Hörer sich von dem Stilmix nicht aus der Ruhe bringen lässt und stattdessen einen faszinierenden Moment nach dem anderen für sich entdecken kann. Diese lassen sich nämlich nach zwei bis drei Hördurchläufen zuhauf finden. Dem bereits nicht zu verachtenden Doppelschlag zu Beginn folgen die beiden Überflieger des Albums: Das vorab veröffentlichte „In The Eyes Of The Mourning“, das erstmals Ojanens stimmliche Nähe zu Åkerfeldt aufzeigt, sowie das sich zum Hit mausernde „Aisle Of Array“ – beide Songs selbstverständlich gesegnet mit Refrains zum Niederknien. In der zweiten Hälfte des Albums wird es tendenziell etwas progressiver: „In Endless Endeavour“ klingt wie ein verschollenes Kleinod aus OPETHs „Damnation“-Tagen, das bedrohliche „Sewers“ wird mit Frauengesang und vereinzelten Growls angereichert. Der Saxofonpart gegen Ende des achtminütigen Rausschmeißers „Ire“ schließlich verlangt vom Hörer geradezu, gleich wieder mit „Above And Beyond“ von vorne zu beginnen und nach den nächsten Höhepunkten zu forschen…

Das Faszinierende an diesem von Produzenten-Guru Dan Swanö gemixten Album ist für mich, dass ODDLAND sich (obigem Djent-Hinweis zum Trotz) keinen Trends anbiedern und stattdessen unbeirrt ihre ganz eigene Vorstellung von modernem Prog Metal darbieten. Ich könnte mich täuschen, aber ich denke, Century Media haben hier einen guten Fang gemacht. „The Treachery Of Senses“ jedenfalls ist ein Fest für die Sinne und wird sicher am Ende des Jahres noch immer hoch in meiner Gunst stehen. Ein gleichermaßen erstaunliches wie erfrischendes Debüt!
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