The Sword - Apocryphon

The Sword - Apocryphon
Heavy Metal / Stoner Rock
erschienen am 02.11.2012 bei Napalm Records
dauert 45:40 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. The Veil of Isis
2. Cloak of Feathers
3. Arcane Montane
4. The Hidden Masters
5. Dying Earth
6. Execrator
7. Seven Sisters
8. Hawks And Serpents
9. Eyes of the Stormwitch
10. Apocryphon

Die Bloodchamber meint:

Der zur Zeit so angesagte Retro-Hard Rock ist ein gutes Beispiel dafür, wie vermeintlich inexistent ganze Genres sein können, bis ein Zündfunke zu der Wahrnehmung führt, dass jetzt jeder unrasierte Schlaghosenträger zwischen Münster, Leeds, Örebro und (in diesem Fall) Austin der Rockgeschichte authentischen Tribut zollen möchte. Erst der zweite Blick offenbart, dass viele dieser Bands mitnichten auf einen rollenden Zug aufspringen, sondern bereits seit einigen Jahren ihrer Leidenschaft für Gestriges frönen und zum Teil bereits eine erkleckliche Zahl an Veröffentlichungen im Köcher haben. Bevor also wie auch im mit Frontfrau ausgestatteten Occult (Proto-Doom) Rock über unbescholtene Bands der Stab wegen unterstellter Trendreiterei gebrochen wird, gilt es genauer hinzusehen.

Und damit sind wie bei „Apocryphon“ angelangt, dem vierten Album der texanischen THE SWORD, dessen verdammt buntes Cover mehr Drogenkonsum andeutet, als die Musik halten kann und will. Dennoch harmonieren die Farbenpracht und insbesondere die zentral lodernde Flamme gut mit dem eher oberflächlich entspannten Heavy Stoner Rock, denn unter der Oberfläche brodelt es ständig. Die Eruptionen fallen dabei weder besonders heftig noch besonders langwierig aus, dennoch sind sie notwendig, damit das Album nicht dauerhaft so dahindämmert wie zum Beispiel in den ersten drei Minuten von „The Hidden Masters“. Der Gegensatz dazu ist das rhythmisch treibende „Execrator“, dem mit exaltiertem bis delirierendem Jammen die Krone aufgesetzt wird.

Frontmann J.D. Cronise hat den als Albumtitel verwendeten Begriff bei Recherchen zum frühen Christentum gefunden und versteht ihn als Botschaft, sich umfassend über etwas zu informieren, wenn man es verstehen will, statt allein auf eine Quelle zu vertrauen. In „Apocryphon“ steckt allerdings auch eine Ambivalenz, denn so wie Apokryphen Texte sind, die aus verschiedenen Gründen (z.B. später entdeckt oder entstanden, Religionspolitik) nicht Teil des biblischen Kanons sind, so wird das Album nie in den Rang eines „Black Sabbath“ oder „Jailbreak“ gehoben werden. Und das ist nicht nur der späten Geburt geschuldet, denn selbst wenn Kyle Shutt und der neben dem Gesang auch eine Gitarre bedienende Cronise sich ziemlich leidenschaftlich in die Aufgabe stürzen, sind sie in punkto Findungsreichtum und Kreativität (natürlich) kein Iommi und kein Lynott.

Der Knackpunkt bei und für THE SWORD liegt aber, wie meiner Meinung nach auch schon bei „Warp Riders“, im fehlenden Punch. Während besonders die schwedische „Konkurrenz“ von GRAVEYARD bis HORISONT zu jeder Albumsekunde den Eindruck vermittelt, sich wie besessen den Arsch abzuspielen und ihr Herz auf den Tisch zu knallen, weil genau das den aktuellen Moment zum besten Moment aller Zeiten machen könnte, wirken THE SWORD im Vergleich wie der feinsinnige Bruder: Engagiert, doch kontrolliert. Mit Verstand zu Ungunsten der Emotion. Dazu passt es, dass der Gesang ausdrucksstärker sein könnte, und auch die gelungene, aber reichlich deutliche Verbeugung vor BLACK SABBATH in Form des abschließenden Titeltrack ändert es nicht mehr.

So schließt sich der Kreis zum Anfang, denn inmitten all der aufregenden „neuen“ Bands sind THE SWORD bei ihrem vierten Album schon fast wieder ein wenig aus der Zeit gefallen und trotz ihrer Weiterentwicklung im Laufe der Jahre links wie rechts überholt worden. Wer seinen Hard Rock der alten Schule gerne entspannt und gezielt entrückt mag, ist bei den Amerikanern weiterhin gut aufgehoben, doch die wahrhaft aufregende Musik spielt zur Zeit in Europa.
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