Heart Of Cygnus - The Voyage Of Jonas

Heart Of Cygnus - The Voyage Of Jonas
Progressive Metal / Progressive Rock
erschienen in 2012 bei Astral Knight Records
dauert 66:42 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. The King Is Dead
2. Jonas
3. At The Portside Inn
4. Sailing North
5. At The Fjords
6. To The Abyss Of The Dragon
7. When Wargs Attack
8. Fading
9. The White Witch
10. The Mage
11. Into The Storm
12. Siren Song
13. The Isles Of Ice
14. Procession Of The Damned
15. Now To Your Ships
16. Moonrunner

Die Bloodchamber meint:

Wenn man bedenkt, was für merkwürdige Gestalten in den letzten Jahren aus dem Nichts ins breite Licht unserer Szeneaufmerksamkeit explodiert sind, ist es grotesk, dass HEART OF CYGNUS - selbst ohne die Unterstützung einer potenten Plattenfirma – immer noch nicht mehr als ein gut behütetes Geheimnis sind, obwohl ich zugeben muss, dass auch mich erst „The Voyage Of Jonas“, das vierte und aktuelle Album, infiziert hat. Darauf liefern Schlagzeuger Jim Nahikian und Multiinstrumentalist, Songwriter und Sänger Jeff Lane progressive Kunst der Extraklasse ab, die trotz allen Anspruchs zu jeder Zeit zugänglich und gleichermaßen durchdacht wie hochemotional ist.

In den 16 Liedern zelebriert sich das Duo mehr oder weniger durch die Geschichte des Progressive Rock bis in die Gefilde sanfteren Progressive Metals und besticht dabei mit der Fähigkeit, ohne große Klangabenteuer ein enorm vielfältiges und fein gewobenes atmosphärisches Netz auszuwerfen, das seinesgleichen möglicherweise sucht, aber zumindest in diesem Jahr kaum finden wird. Der für eine progressive Band eher ungewöhnliche Verzicht auf monströse Epen sorgt dafür, dass die einzelnen Ideen und Motive stärker zur Geltung kommen und sich nicht in einem wirbelnden Orkan verlieren oder von ihren Nachfolgern erdrückt werden. Vergrößert wird diese Eigenart von dem besonnenen Charakter der Musik, die jeden Anschlag hörbar lässt, zumal der sehr bedacht eingesetzte Gesang, der sich in klar melodischen bis ins leicht Ätherische ragenden Gefilden bewegt, nie in den Vordergrund gestellt wird. Stattdessen lebt und atmet er so harmonisch wie gleichberechtigt neben den Instrumenten, erzeugt aber dennoch die größte Wirkung, wenn zum Beispiel das so zerbrechlich klingende „We don’t live forever, time’s not on our side“ („Jonas“) die Augen wässrig werden lässt oder man freudig den eigenen Willen über Bord wirft, um der Königin der Sirenen ein gefügiger Diener zu sein (überraschend beschwingt: „The Isles Of Ice“).

Es ist ein ganz besonderer Zauber, der von dem Album ausgeht, weil die Musik nicht nur bis tief in die dunkelsten Herzen vordringt, sondern HEART OF CYGNUS es verstehen, etwas so fragil erscheinen zu lassen, dass es den Beschützerinstinkt weckt, und ihm gleichzeitig eine innere Strahlkraft von solcher Stärke zu verleihen, dass man sich von ihm beschützt fühlt. „The Voyage Of Jonas“ kann man, auch wegen „When Wargs Attack“ (erinnert ein wenig an HAMMERS OF MISFORTUNE), der hypnotischen „White Witch“, dem friedvollen „Mage“ und dem zum Aufbruch rufenden „Come With Me“, gar nicht oft genug hören und wird jedes Mal wieder in eine andere, bessere Welt gezogen. Mit Sicherheit das schönste Album 2012, womöglich auch das beste. Danke, HEART OF CYGNUS!


Trotz der Labelsituation ist das Album auch bei uns problemlos erhältlich, die digitale Generation kann es aktuell sogar (wie seine Vorgänger) für einen lächerlich günstigen Tarif gleich via Bandhomepage bekommen, auf der Käufer des schlichten Digipaks ebenfalls vorbeischauen müssen, wegen des nicht physisch vorhandenen Booklets.
Ob die beiden Amerikaner sich bei der Namensfindung übrigens, was nahe liegt, bei RUSH („Cygnus X-1“) bedient haben, darf man gerne in Frage stellen, denn das Herz des Sternbilds Schwan ist nicht identisch mit Cygnus X-1 und trägt zudem deutlich mehr mythologische Last. Weniger Deutungsspielraum lässt hingegen das inzwischen erfolgte Anwachsen der Band auf vier Mitglieder, denn wenn das nicht mit Plänen für (weitere) Liveauftritte zu tun hat…
-