Lingua Mortis Orchestra - LMO

Lingua Mortis Orchestra - LMO
Symphonic Metal
erschienen am 02.08.2013 bei Nuclear Blast
dauert 65:35 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Cleansed By Fire
2. Scapegoat
3. The Devil's Bride
4. Lament
5. Oremus
6. Witches' Judge
7. Eye For An Eye
8. Afterglow
9. Straight To Hell
10. One More Time

Die Bloodchamber meint:

17 Jahre nach „Lingua Mortis“ hat die aktuelle RAGE Besetzung ihren beim Rock Hard Festival 2010 gefassten Plan in die Tat umgesetzt, einen orchestral-symphonischen Ableger mit Hilfe des szeneweit bekannten Namens zu gründen: Die Kernband soll fortan echtmetallisch weitergeführt werden, während das LINGUA MORTIS ORCHESTRA die Ausflüge unternimmt. Fester Teil der neuen Gruppe sind neben Gitarrist Victor Smolski und Drummer André Hilgers, die beide (!) vor 17 Jahren noch nicht Teil von RAGE waren, und natürlich Frontmann Peavy Wagner mit Jeannette Marchewka und Dana Harnge auch zwei Sängerinnen, während für die Umsetzung zwei Orchester aus Spanien und Weißrussland angeheuert wurden. Die beiden Sängerinnen sind dabei auch aus konzeptuellen Gründen notwendig, denn für „LMO“ hat Peavy sich mit den Hexenverbrennungen in Gelnhausen Ende des 16. Jahrhunderts befasst - und was ist eine Hexenverbrennung ohne die zu verbrennenden Hexen? Die kompositorische Alleinherrschaft lag dagegen, mit Ausnahme der Kooperation mit Peavy bei „The Devil’s Bride“ und „Eye For An Eye“, in Victors Händen.

Wer die Vorrede jetzt ausufernd fand, hat einen guten ersten Eindruck davon, wie vor allem die beiden langen Titel „Cleansed By Fire“ und „Eye For An Eye“ wirken, denn den erfahrenen LINGUA MORTIS ORCHESTRA Kämpen sind auf „LMO“ ein wenig die Pferde durchgegangen, vor lauter Freude über das instrumentale Schlaraffenland. Es klingt zwar meist in sich stimmig, doch wecken gerade die getrageneren Stücke und Passagen den Eindruck, der Soundtrack zu einem nicht existenten Film zu sein. Das könnte die Imagination ordentlich ankurbeln, durch das Auffüllen vieler Klangräume mit dem Keyboard wird man jedoch schnell wieder in eine Spur zu süßliche symphonische Metalgefilde zurückgeholt. Durchgehender Einsatz reduzierterer bzw. klassischerer Mittel (Piano, Flügel, Orgel) hätte meinem Empfinden nach besser gepasst, wofür als Beleg „Eye For An Eye“ herhalten darf, in dem auf diese Weise auch der theatralischste Gesang des Albums eingefangen wird - und die Gitarre groß aufspielt.

Ganz allgemein gesprochen hätte ich mir ein wenig mehr Feingefühl und mehr offene Räume gewünscht, da die Stücke schon mit dem Orchesterplan geschrieben wurden und mit Ausnahme des pfiffig eingebauten „Straight To Hell“ eben nicht wie bei „Lingua Mortis“ umarrangiert werden mussten. So ist „LMO“ doch ziemlich vom Geist der Rockmusik durchdrungen, der für Übergänge lieber (sanfte) Gitarren als Streicher nutzt und mit „Scapegoat“ sogar eine ziemlich Abrissbirne aufs Album genagelt hat, die in weiten Teilen eher Hexenhammer als –verbrennung ist.

Man sieht, dass ich nicht vollkommen überzeugt bin von dem, was das LINGUA MORTIS ORCHESTRA sich in Person von Peavy und Victor ausgedacht hat, selbst wenn neben der allgemeinen Aufführbarkeit vermutlich auch die Rolle des von den Musikern vorwiegend angesprochenen Publikums für die Anlage und Ausarbeitung von „LMO“ nicht unter den Tisch gekehrt werden darf. Meinem großen Respekt vor der Arbeit aller Beteiligten tut das keinen Abbruch, aber es bleibt eben der Eindruck, dass die vorhandenen Möglichkeiten nicht vollständig ausgenutzt und erst recht nicht ausgereizt sind. Freude am Album sollten deshalb in erster Linie Symphonic Metal Freunde haben.
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