Selvans - Lupercalia

Selvans - Lupercalia
Symphonic Black Metal
erschienen am 23.10.2015 bei Avantgarde Music
dauert 61:37 min
A5 Digipak
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Matavitatau 03:04
2. Versipellis 10:04
3. O Clitumne! 08:42
4. Hirpi Sorani 12:31
5. Scurtchìn 10:13
6. N.A.F.H. 17:03

Die Bloodchamber meint:

Symphonic Black Metal? Aus Italien? Ernsthaft jetzt?! – Wenn es ein totes Subgenre im schwarzen Bereich gibt, dann dürfte es wohl das brach liegende Vermächtnis der norwegischen Vorreiter DIMMU BORGIR sein, denn auf kaum einem musikalischen Bolzplatz wurde derart oft gefoult, dass man selbst mit viel gutem Willen am Ende schlicht das Interesse verlieren musste. Gleichermaßen war Italien in den vergangenen Jahren nicht unbedingt als Hort schwarzmetallischer Exzellenz bekannt.
Die aus den bestenfalls unauffälligen DRAUGR hervorgegangenen SELVANS kommen demnach buchstäblich kurz vor Ende der Nachspielzeit aus der Kabine und... ...prügeln das Ding völlig unerwartet mit Verve in die linke obere Ecke.

„Lupercalia“ überfährt den Hörer nach stimmungsvoll sich steigerndem Märchenwald-Intro mit einem wahren Wirbelwind namens „Versipellis“, dessen satt und bunt vor sich hin strömende Vielfalt den Hörer packt und (aus welcher Situation auch immer) in eine unverschämt lebendige Parallelwelt mit altitalischen Zügen entführt. Eine tragende Rolle in diesem Genregemälde spielen die Keyboards, die den Sound der Italiener orchestral bis sphärisch unterfüttern und es dabei dennoch schaffen, die Stücke nicht zuzukleistern. So bleibt der Blick auf das wunderbar verspielte Riffing unverstellt, können die immer wieder eingesetzten Natursamples ebenso glänzen wie die dezent verwobenen Instrumente aus der folkloristischen Ecke.
Stichwort Folklore: SELVANS sind glücklicherweise keine Eleven der schunkelseeligen Mittelalterakademie - die verwendeten Klänge aus der (Pan-) Flöten- und Pfeifenfraktion intensivieren vielmehr den verträumt-entrückten Charakter der Kompositionen, während diverse Saitenexoten nebst Ziehharmonika punktuell für mediterranes Flair sorgen. Das lässt sich im melancholisch-rasenden „O Clitumne!“ (oder etwas versteckter in „Surtchín“) hervorragend beobachten, denn hier kommt unvermittelt das verträumte Küstenlandschaft-in-der-Abendsonne-Feeling zum Tragen, welches für mich mittlerweile untrennbar mit diesem Album verbunden ist.
Abseits solcher sehr bewusst eingesetzter Ausnahmemomente bewahrt sich „Lupercalia“ stets eine mysteriöse bis verzauberte Aura, die an NEGURA BUNGET und vor allem FJOERGYN zu „Ernte...“-Zeiten erinnert, jedoch ergänzt um jene schwer greifbare Leichtigkeit, die ich mangels Referenzen der sonnigen Heimat der Band zuschreiben möchte.
Eine willkommene Überraschung ist schließlich die gesunde Härte, die man der Scheibe attestieren darf: Trotz einer Fülle an unmetallischen Details flasht das Album durchgehend mit gelungenen Rhythmusgitarren („Hirpi Sorani“, „Surtchín“, ...), die jeglichen Gimmickwahn vom Start weg unterbinden. Dass man sich vokalseitig auf zweckdienlich-variables Krächzen beschränkt, ist da nur konsequent und stört in der Zusammenschau kein Stück – zumal es den unerwartet aufblitzenden Klargesang im letzten und längsten Track „N.A.F.H.“ gleich noch einmal so episch klingen lässt. Eine runde Sache in jeder Hinsicht.

Mit dem gleichermaßen feingliedrigen wie bombastischen „Lupercalia“ (im Übrigen ein antikes Fest zu Ehren des Gottes Faunus) veröffentlichen SELVANS nur kurze Zeit nach ihrer ebenfalls hochklassigen Debüt-EP ein Vorzeigewerk in Sachen Symphonic Black Metal. Metallische Härte, orchestrales Finish und folkloristische Akzente – hier stimmt über 61 ausfallfreie Minuten wirklich alles und da die Aufmachung auch in der mittlerweile zweiten Auflage vom Feinsten ist, kann unter diesem Review nur eine Empfehlung stehen. Für mich ein Highlight des letzten Jahres, und zwar über Genregrenzen hinweg.

https://avantgardemusic.bandcamp.com/album/lupercalia
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