Lifestream - Post Ecstatic Experience

Lifestream - Post Ecstatic Experience
Black Metal
erschienen am 15.12.2015 bei Les Acteurs De L’Ombre Productions
dauert 63:08 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Introspective Maze 02:52
2. An Unfathomable Dereliction 07:32
3. Lifeless Solace 06:05
4. Parasite Glory 10:05
5. Celestial Scourge Subjugation 05:53
6. Sad Thoughts Overdose 06:25
7. Two Faces 10:51
8. Beyond The Seventh Heaven 08:53
9. Banshee 04:18

Die Bloodchamber meint:

LIFESTREAM aus Bordeaux gehören zur kleinen Schar junger französischer Bands, die auf dem Nischenlabel Les Acteurs De L’Ombre mit verschiedenen Abwandlungen des schwarzmetallischen Reinheitsgebotes experimentieren. REGARDE LES HOMMES TOMBER und THE GREAT OLD ONES dürften die bekanntesten Acts dieser illustren Runde sein, aber auch DELUGE oder DARKENHÖLD könnten dem frankophilen Hörer dank hochklassiger Veröffentlichungen bereits untergekommen sein.

LIFESTREAMs Vollwertdebüt „Post Ecstatic Experience“ wirkt in diesem heterogenen Umfeld recht traditionell: Straighter bis unauffälliger Black Metal ohne Schnörkel, dafür mit skandinavischen Wurzeln und immerhin erfreulich klischeefreien Songtiteln. Zum unaufgeregten musikalischen Ersteindruck gesellt sich eine Produktion, die mangels extremer Ausschläge zunächst nach aufgeräumtem Hobbykeller klingt – leicht angestaubt und unheimlich vielleicht, aber doch ohne grobe Schimmelflecken an den Mauern. Der durch typische (Dis-)Harmonien im Gitarrenbereich erweckte postmetallische Eindruck jedenfalls wird hiervon trefflich unterstützt und verleitet vielleicht allzu schnell dazu, die Franzosen mit Geringschätzung zu strafen.
Genau dieser Versuchung sollte man jedoch widerstehen, denn wenn sich die Mischung so um den fünften Durchlauf herum langsam aufdröselt, gibt die post-ekstatische Erfahrung nach und nach ganz offen ihre Klasse und ihre kreativen Haupteinflüsse preis. Erstaunlicherweise sind es SATYRICON zu „Nemesis Divina“-Zeiten, die sich im Verlauf der guten Stunde als einer der wichtigeren Einflüsse herauskristallisieren: Der Wechsel zwischen brütenden Passagen und knirschenden Abfahrten, die gequälten Leadgitarren und vor allem die hymnischen Keyboardtupfer atmen genau den Spirit, den das Erbe der Norweger einst aus jeder Pore spie. Wer das kaum glauben mag, sollte sich „An Unfathomable Dereliction“ oder gleich das 11-Minuten-Monster „Two Faces“ auf die Ohren legen und die nahtlos ineinander übergehenden Stimmungsbilder einfach auf sich wirken lassen – abgesehen vom zeitgemäßen Sound sind die Franzosen in Sachen Komposition und Atmosphäre oftmals unglaublich nah am norwegischen Vorbild.
Dazu kommen eigene Noten wie rhythmusbetontes Riffing über straightem Schlagwerk, das beispielsweise „Lifeless Solace“ so einzigartig macht und später in „Celestial Scourge...“ ein zurückhaltendes Revival erfährt. In solchen Momenten verbinden LIFESTREAM Start-Stop-Routinen mühelos mit verspieltem Drumming und leicht psychedelischen Saitentupfern, um das Ganze urplötzlich für eine halbe Minute Tradition über Bord zu werfen und dem Hörer anschließend mit erhebenden Chören und spinnwebenden Synth-Streichern den Rest zu geben.
Dieser Hang zum aus sich selbst wachsenden, fast automatischen Songwriting erinnert streckenweise gar an EMPEROR, bei denen man ebenfalls oft das Gefühl hat, dass die Kompositionen ihren eigenen verschlungenen Pfaden folgen. Und wenngleich sich LIFESTREAM den kompositorischen Anspruch EMPERORs nicht auf die Fahnen geschrieben haben, ist die Fülle an Details und mitunter ungewöhnlichen Klangkombinationen ein klarer Pluspunkt der Konzeptarbeit zum Thema Ekstase und Kollaps.
In puncto Lyrics (unpeinlich) und Phrasierung lassen sich ebenfalls Parallelen zu oben genannten Bands ziehen, wobei LIFESTREAM vokalseitig einen deutlich hallorientierten Ansatz verfolgen. Das verbindet sie (neben den luftigen Gitarren) letztlich mit der französischen Schule und überzieht den hörbar zurechtgetüftelten Sound mit einem angenehm obskuren Hauch von Räude.

Langes Review, kurze Schlussnote: Wenn euer Herz zwischen zweite-Hälfte-90er-Norwegen und frankokanadischer Moderne gerne mal ein paar Takte zulegt, ist LIFESTREAMs Debüt definitiv eine Scheibe, die ihr dieses Jahr noch antesten solltet. Am besten vielleicht hier:

"Parasite Glory"
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