Anthemon - Kadavreski

Anthemon - Kadavreski
Dark Progressive Metal
erschienen in 2006 bei Thundering Records
dauert 44:18 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Kadavreski
2. Print Of The Sand Glass
3. All Is Cyclical
4. Weight Of The Feather

Die Bloodchamber meint:

Mit "Dystopia" haben die Franzosen vor nicht allzu langer Zeit einen überaus gelungenen Mix aus Doom und Gothic vorgelegt, der durch seine progressiven Anleihen zwar einige Anforderungen an den Hörer stellte, das Ganze jedoch mit einem sehr eigenen Klanguniversum zu belohnen wusste.
Nun liegt mit "Kadavreski" ein Nachfolger vor, der es zumindest auf dem Papier ganz schön in sich hat:
Kadavreski ist eine der expressionistischen Kunst entlehnte Vorgehensweise, die davon ausgeht, dass man das kreative Potenzial, die Seele, einer Gruppe von Menschen freisetzen kann, indem man sie ein gemeinsames Werk schaffen lässt. Damit das nicht zu einfach wird, kennt jeder Künstler nur einen kleinen Teil des Beitrags, den sein Vorgänger geleistet hat - in der Malerei etwa würde das Bild grossflächig abgedeckt, in der Musik dient der Abschluss des vorhandenen Fragments als Ansatzpunkt für die nächste Teilkomposition.

Soweit die Theorie, kommen wir nun zur praktischen Umsetzung in Form des 25-minütigen Titelstücks: Wie unschwer zu erkennen ist, hat ein jeder der fünf Musiker etwa 5 Minuten zu diesem Monster beigesteuert und bei eingehender Betrachtung lassen sich diese Fragmente auch recht deutlich voneinander trennen. Je nach Vorliebe schwankt der Sound zwischen aggressivem Gothicmetal, schleppendem Doom und experimenteller Prog-Lastigkeit, die sich vor allem in den präsenten Keyboardspielereien manifestiert. Dazu gesellen sich je nach Stimmung aggressive Shouts oder eben typisch melancholischer Klargesang, der allerdings im Vergleich zum letzten Album etwas an Variabilität eingebüsst hat.
Leider wird recht bald deutlich, dass nach den einzelnen Parts mit Vorliebe erst mal ein Break gesetzt wird, um anschliessend in der jeweils bevorzugten Nische fortzufahren, sodass dem Gesamtwerk ein wenig die Kontinuität fehlt.
Zudem hat es den Anschein, als ob der ohnehin nicht einfache Kompositionsstil der Band durch diese Schaffung einer weiteren Abstraktionsebene gehörig leidet - erschliessen sich die normalen Breaks nach mehrmaligem Hören noch recht willig, so bringen die "Superbreaks" oftmals jene unbotmässige Schärfe ein, die auf der anderen Seite nötig ist, um sie in der vertrackten Normalität des Anthemon'schen Universums überhaupt wahr zu nehmen.
Wir haben es hier also mitnichten mit einem durchkomponierten Song samt Spannungskurve zu tun, stattdessen kann man den unverständlicherweise an den Anfang gesetzten Monstertrack ebenso gut in 5 eigenständige Songs untergliedern und sich so die Besprechung etwas erleichtern. Und was sehen wir da?

Nun, die Franzosen haben mit “Kadavreski” ein Werk abgeliefert, welches desöfteren an das Spiel von Kindern erinnert: ziellos, experimentell und über weite Strecken sich selbst genügend. In der Musik bedeutet das allerdings auch: verquer, bisweilen ausdrucksarm, lavierend, unentschieden.
Im Prinzip ist damit genau das eingetroffen, was Kollege Greb in seinem Review zum Vorgänger schon zaghaft angedeutet hat: Man stürzt desöfteren in einen Abgrund gähnender Langeweile.
Und da bis auf den Rausschmeisser “Weight Of The Feather” auch die konventionellen Tracks durchweg schlechter sind als das auf “Dystopia” verewigte Material, bleibt “Kadavreski” zwar ein interessanter Ansatz, kann jedoch im Endeffekt nicht überzeugen.

Mal sehen, welchen Weg die Band nach dem kürzlich erfolgten Abgang von Loic Melassange zukünftig einschlägt - “Kadavreski” jedenfalls ist mit 4 Punkten noch gut bedient. Schade drum.
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