Flyleaf - Flyleaf

Flyleaf - Flyleaf
Modern Metal / Rock
erschienen am 18.08.2006 bei GUN Records
dauert 36:17 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. I'm So Sick
2. Fully Alive
3. Perfect
4. Cassie
5. Sorrow
6. I'm Sorry
7. All Around Me
8. Red Sam
9. There For You
10. Breathe Today
11. So I Thought
12. Tina

Die Bloodchamber meint:

Jeder von euch dürfte diese Situation schon mal irgendwo erlebt haben: ein weibliches Wesen, bevorzugt Kind oder (pubertierendes) Mädchen, bekommt aus irgendwelchen Gründen seinen Willen nicht. Vielleicht weil man ihm den Lutscher weggenommen hat. Oder weil der Freund lieber mit seinen Kumpels saufen geht anstatt mit ins Kleinstadt Theater zu kommen. Oder weil Papa keine Kohle für den neuen Sportwagen vorstreckt. Wie auch immer, in solchen Situationen wird entweder ausgiebig geschmollt, oder – was viel schlimmer ist – trotzig auf seinem Standpunkt beharrt. Und das in einer nervenaufreibenden Stimmlage, die sich einem wie eine Diamantspitze direkt ins Gehirn bohrt.

So weit, so gut. Aber warum zum Geier schreibe ich diesen Mist hier eigentlich, der mich (ich behaupte mal zu Unrecht) als frauenfeindliches Arschloch dastehen lassen könnte? Ganz einfach, um zu verdeutlichen, wie in etwa Lacey Mosley, ihres Zeichens Frontfrau der amerikanischen Newcomer FLYLEAF, zu singen pflegt.
Die junge Dame mit dem gepflegten Heroin Chic (gebt ihr mal was zu essen, verdammt!) benutzt wirklich eine ganz prägnante, extreme Stimmfrequenz, an der sich die Geister meilenweit scheiden werden. Und das ist gerade bei FLYLEAF ein nicht zu unterschätzender Faktor, denn abgesehen von Miss Mosleys Stimmbändern hat die Band absolut nichts Besonderes zu bieten, im Gegenteil. Sieht man mal von der Tatsache ab, dass die junge Truppe es durchaus versteht, einprägsame (wenn auch ziemlich vorhersehbare) Songs zu verfassen, bleibt nämlich unter der Lupe betrachtet nicht mehr viel: die Gitarren tönen wenig bis gar nicht metallisch, dafür in guter (?) alter Grunge / Punk Tradition schrammelig, bisweilen sogar noisig, und die Rhythmusfraktion ist etwa so spektakulär wie ein Opel Kadett mit 250,000 km auf dem Tacho. Funktioniert irgendwie, aber man hätte schon gerne was anderes.

Daher ist es für mich ziemlich unverständlich, dass FLYLEAF allen Ortes (auch von gewissen deutschen Magazinen) als „das nächste große Ding“ gehandelt werden. Würde bei den Amis ein Kerl am Mikro stehen, hätte die Band vermutlich nicht mal einen Plattenvertrag. So aber gibt’s stattdessen ne Supporttour für Korn, eine Einladung zu Rock am Ring, ne hochglanzpolierte Howard Benson Produktion und einen Gastauftritt von Dave Navarro (Jane’s Addiction, Red Hot Chili Peppers) auf der Platte. Fair ist das nicht, aber so funktioniert das Geschäft.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: „Flyleaf“ ist ein gar nicht schlechtes Debüt, das mit „Fully Alive“, „All Around Me“, „Breathe Today“ und dem Hit „I’m So Sick“ netten Bubblegum Stoff an Bord hat, der der Zielgruppe zweifellos gefallen wird. Betrachtet man jedoch den Hype, der um diese Formation veranstaltet wird, fällt das Resultat eher ernüchternd aus.

Ich denke sechs Punkte sind vertretbar, je nach Akzeptanz der Vocals kann die Wertung kann aber auch gut und gerne um zwei Punkte verschoben werden – und zwar in beide Richtungen.
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