Funeral - From These Wounds

Funeral - From These Wounds
Doom Metal
erschienen am 02.02.2006 bei Tabu Recordings
dauert 57:18 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. This Barren Skin
2. From These Wounds
3. The Architecture Of Loss
4. Red Moon
5. Vagrant God
6. Pendulum
7. Saturn

Die Bloodchamber meint:

Nicht viele Bands können von sich behaupten, den Namen eines ganzen Subgenres geprägt zu haben – FUNERAL aus Norwegen jedoch sind eine davon. Ihre Mitte der 90er erschienen Werke etablierten den Funeral Doom als eigenständige Nische, während die Band selbst neue Maßstäbe für den Ausdruck “Problemkind” setzte. Geplagt und verhindert von zahlreichen Lineup-Änderungen, erreichte man 2003 neue Tiefen, als mit Einar Fredriksen eine tragende Säule des musikalischen Schaffens verschied.
2007, nach vier Jahren Pause also, sollte mit Tabu Records im Rücken und der neuen Scheibe “From These Wounds” ein Neuanfang gewagt werden, doch das Schicksal schlug erneut zu: Im Oktober letzten Jahres nahm sich Christian Loos, einer der beiden Gründer, im Alter von 31 Jahren das Leben. Vor diesem Hintergrund gewinnt die auf “From These Wounds” verewigte Musik eine seltsam tragische Dimension, für den Moment jedoch wollen wir uns dem vorliegenden Werk mal ganz unbefangen nähern.

Handwerklich bieten FUNERAL auf ihrem dritten Album ausladende Breitwandriffs, elegische Keyboardlandschaften und fast soundtrackartige Strukturen. Wie im Doom üblich, geschieht das in durchweg getragenem Tempo und baut oftmals auf eine bis zum Äußersten ausgreizte Dehnung der einzelnen Teile, um vorhandene Breaks dann umso wirkungsvoller zu zelebrieren. Dadurch kommt “From These Wounds” denn auch weniger als Ansammlung einzelner Songs zur Geltung – vielmehr zieht es den Höhrer über fast 60 Minuten in ein fließendes Klanggewebe, welches bei aller Niedergeschlagenheit doch stets die sakrale Anmut einer Kathedrale im Morgennebel vermittelt.
Das liegt neben der irgendwie zarten und doch satten Produktion (könnte auch aus dem TicoTico kommen) nicht zuletzt an der Stimme von Frode Forsmo: Seine Mischung aus klarem, teils fast wavigem Gesang und rezitierenden Einschüben ist aufgrund ihres gregorianischen Anstrichs (meist mehrere Layer) und ihrer Beherrschtheit die perfekte Wahl für diese Art von Musik. Gleiches gilt für die gelegentlich auftauchenden Akkustik- und Pianofetzen, die zwar deutlich vernehmbar sind, den Fluß der Musik allerdings kaum unterbrechen.
Je nach persönlicher Präferenz könnte man die in sich geschlossene Herangehensweise der Norweger natürlich auch kritisieren: Sie ergehen sich in der Tat über die komplette Spielzeit im denkbar eng gesteckten Emotionsspektrum zwischen Trauer und (Selbstmit-) Leid. Hier gibt es keine Dissonanzen, keine ambitionierten Leads und keine spitzen Zwischentöne, hier regiert im bildlichsten Sinne der Trauermarsch – bestenfalls noch etwas leiser (“From These Wounds”, “Saturn”), gern auch deutlich langsamer (“Pendulum”).
Der Freund zerschlissener Fingerkuppen und entzündeter Sehnenscheiden wird dem düsteren Gebräu folglich nichts abgewinnen können, da die durchaus vorhandene Dramatik der Scheibe in ganz anderen Zeitintervallen stattfindet. Am Stück genossen, entfaltet “From These Wounds” jedoch für meinen Teil eine überaus hypnotische Qualität, die sich trotz vermeintlich limitierter musikalischer Mittel noch längst nicht abgenutzt hat.

Somit bleibt FUNERALs Neuanfang eine Empfehlung an Menschen, die der schnell geschnittenen Reiz-Reaktions-Funktionalität des Alltags eine ganz andere Erfahrung entgegensetzen wollen: Der Genuß von “From These Wounds” zieht euch hinab in den Fluß der Gezeiten, er schenkt euch eine Ahnung von Licht, um nach 6 Minuten die Kellertür zu vernageln und trägt euch auf leisen Schwingen durch eine Welt, deren Schönheit nicht auf bunte Farben angewiesen ist.
Hier springen Herzen nicht, aber manchmal zerbrechen sie – und das ist irgendwie ebenso gut, wie es schmerzhaft ist.

Höreindrücke gibt es auf www.myspace.com/doomfuneral in gekürzter Form, in den Kommentaren zu diesem Review findet ihr eine Song-by-song-Beschreibung von Kjetil Ottersen.
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