Ich sitze hier im Fieberwahn. Ja, Fieberwahn könnte es treffen. Oder auch nicht? Nun, sagen wir After-Festival-Wahn. Es waren 2 geile Tage in Coburg, es wurde viel getrunken, gefeiert und gegröhlt. Man sah langhaarige Kuttenträger, kurzhaarige Kuttenträger, Metaller über Metaller - allem dem Ziel nacheifernd hier in Coburg einfach nur ein tolles Fest zu feiern. Stars mischten sich unter die Gäste, es wurde getratscht, Nettigkeiten ausgetauscht und der eine oder andere Humpen Met mit den Freunden geleert.
Nun bin ich daheim angekommen, kuriere meine Festivalkrankheiten aus und lausche ein wenig den Klängen von Viva, Viva+, Mtv und was auch immer Musik im Fernsehen produziert. Ja, ich bin einer dieser Aussenseiter der in der kapitalistischen Diktatur des Plüsch-Pop-Zeitalters seinen eigenem Musikgeschmack folgt und neben Knüppelmetal ala Satyricon auch die ruhigen Töne von Pink, Christina Aguilera und anderen Schmusesängern folgen kann. Macht sowas nicht einen gesunden Musikgeschmack aus, die Tatsache verschiedenen Stilrichtungen die unterschiedlichsten positiven Aspekte abgewinnen zu können? Jeder verbohrte verfilzte Langhaarmetaller mit Original 82'er Metallica-Unterschriften auf der Kutte schwingt jetzt wohl daheim das frisch geschmiedete Langschwert und brüllt unter seinem nordischen Kuh-Horn-Langhelm den Tod ins virtuelle Netz, doch müssen wir eingestehen das Pop-Diven wie genannte Ms. Aguilera es heutzutage schaffen in ihren aktuellen Songs einen besseren Schlagzeugsound aufzuweisen als altbekannte Haudegen die mit M anfangen und unter "et Allica" weitergeführt werden könnten. Bereitet mir das Angst? Eigentlich nicht.
Wir sind den Fängen der Musikindustrie schon seit nunmehr fast 10 Jahren in der visuellen Breitbandform ausgeliefert, man geiferte als Jungspundt noch auf den flimmernden Monitor als die Spice Girls knapp bekleidet (für damalige Verhältnisse) durch einen Saal mit Aristokraten sprangen und "Wannabe" grölten. Womit der Anfang einer Generation tölender und nölender Society-Zicken begann endete die Ära der Gitarrensolos und der harten Männer im Musikfernsehen endgültig. Die Heroen von damals UND heute waren TOT, vernichtet, geschlagen von silikonbewaffneten, Sixpack-tragenden und scheinbar willenlosen Monstern einer verblödenden geldgeifernden Musikindustrie. Über Jahre hinweg freute man sich über jeden kleinen Erfolg einer harten Band im Musikbiz doch jeder ÜBERSCHWENGLICHE Erfolg wurde direkt zerissen von einer Gemeinschaft die sich am existenziellen Rand des Dahseins befanden. Wer eine Woche nach Veröffentlichung seines Albums noch einen Platz unter der Top-50 der Media Control Charts innehielt wurde zerissen. Wir manövrierten uns selber ins Aus.
Bis zu diesem Zeitpunkt war Musik für romantische Verliebte oder kleine Mädchen mit dem Drang Pickel durch Brust zu verdecken; bis gegen Ende des ausklingenden Jahrtausends die Sparte der New-Metaller auftrat. Was folgte? ANGST! Aber nicht unter den Plüsch-Kindern, denn diese folgten dankbar dem neuen Trend und mussten einfach nur ihre Hip-Hop Baggy Pants mit roten Baseball-Cappies kreuzten. Angst auch nicht unter der schmierigen Leitung des Musikbiz, denn sein wir mal ehrlich, wer hat Durst, Davis und die Jungs von Linkin Park groß gemacht? Wer hat den tausenden mittelmäßigen Klonen der neuen Generation der härteren Musik ein Forum geboten? Dieselben Leute die wir jahrelang hassten und die nun scheinbar versöhnlich im offiziellen Fernsehen ein Zwischending für jedermann postulierten.
Dann kam 2002. Ich wähle bewusst 2002 und hoffe, daß jetzt viele aufschreien und mich eines besseren belehren. Doch sein wir wieder ehrlich, vor den Kameraden von Manowar war traditioneller Metal im Fernsehen nicht durchsetzungsfähig. Ich will nicht die spekulativen Methoden aufzählen die kursierten, jene Theorien die die Abgabe von Pleasure Slaves an das hochrangige Management der Musiksender errechnet - aber Metal war Back on TV! Und was folgte? Angst. Und ich verspührte diese Angst auch. Denn alte Fans die Jahre zuvor den New Metal verdammten freuten sich nun auf einmal jeden Morgen im Fernsehen das Ringfest, Top of the Pops oder ähnlich belanglose Shows zu sehen die mit den Nieten/Leder/Peinlichkeitsattacken von Manowar getränkt waren. Überall war Manowar, man sah in großen Städten zu dieser Zeit immer mehr Kiddies mit T-Shirts die sie als Warriors of the World präsentierten - eine neue Generation kleiner Krieger. Wirklich? Nun, ich denke 5 Jahre vorher wären diese Kiddies auch mit Baseball-Cappies und Baggy Pants als neue Generation kleiner Maden, Bizkitten oder wasauchimmer durch die Straße gelaufen. Und DAS bereitete mir Angst. Nicht die Tatsache das junge Leute mal gute(?) Musik hören können, nein. Vor etwas anderen, dem Ausverkauf alter Werte. Denn nach dem durchschlagenden Erfolg von Manowar im vergangenen Jahr folgt 2003 das, was ich schon vorab prophezeit hatte - Metal wird Salonfähig. Doch zu welchen Kosten... alte Granaten klauen den Sound von Bands die vor 5 Jahren angesagt waren nur um mit "roher Gewalt" und "Spontanität" zu klotzen. Altbekannte Mittelalter-Metaller räkeln sich auf Gefängnis-Pritschen und schreien nach oraler Zärtlichkeit und neben diesen ganzen Spektakel und Klau versuchen einige Nordeuropäer mit den Liedern um eine Eiskönigin in einem sowas von unprofessionellen Video ihre 10.000 Neuauflage eines alten Bandklassikers zu verkaufen. Nur um neben kleinen Gothic-für-Arme-Kindern die sich zurück zum Leben bringen einen Stück des großen Kuchens abzuschneiden. Ideale?! Suchen wir vergebens. Über Bord geworfen, mit den Füßen getreten, verloren. Wimps and Posers, leave the Hall. Klar - solange ihr nicht euren fetten Arsch in der Kohle badet und uns ein Forum bietet wollen wir euch nicht. Sind wir ehrlich wissen wir im tiefsten Herzen das ein abgeschminkter Satyr sich heimlich freuen würde könnte er Nachmittags im deutschen Fernsehen "Black Lava" oder "Mental Mercury" SEHEN. Können wir damit rechnen? Ja. Leider? Geschmackssache. Defakto kann man aber sagen das die Pop-Prinzessinnen die nicht schnell genug auf den fahrenden Metal-Train aufsprangen unter die Räder gekommen sind. Oder hat man im letzten halben Jahr nochwas musikalisches von Britney Spears gehört? Oder von Jessica Simpson?! Kennt die überhaupt noch jemand!!!??? Aber genauso wie man sich an den Anblick eines hochgesteckten Busens und eines freien Nabels gewöhnen musste müssen wir, liebe Metal-Community, uns an den Anblick alter Heroen im neuen Gewand gewöhnen. Denn leider obliegt es nicht uns, den alten Fans, über die Entwicklung unserer Helden zu entscheiden. Das obliegt den Leuten da oben auf den ledernen Sesseln. Und den Heerscharen von Nietengürteln tragender Pickelbacken. Oder Baggy-Pants. Oder WotW-Shirts. Aber leider nicht uns.
Das macht mir Angst.
veröffentlicht am 20.06.2003