Wenn selbst der Online-Ableger der einschlägigsten deutschen Tageszeitung das In Flammen Open Air zu den elf wichtigsten Metal Festivals Deutschlands zählt, kann man wohl von einer gewissen Etablierung sprechen. Zahlreiche persönliche Erfahrungen dieser sich stets um Fairness und Familiarität bemühenden Veranstaltung in Torgau unterstreichen nur diese Vermutung. Wer einmal dabei war, der kommt immer wieder, sagt man sich. Anlass genug, zusammen mit Veranstalter Thomas mal ein wenig hinter die Kulissen zu illern.
Hallo Thomas! Ich selbst hatte ja durch Zufall die Ehre, das allererste In Flammen Open Air vor 8 Jahren erleben zu dürfen, damals an anderer Location und natürlich alles eine Nummer kleiner. Wie kam es zu der Entscheidung, ein Open Air zu veranstalten und war das Ganze schon immer als jährliche Veranstaltung geplant?
Stimmt sehr wohl. Ha. Da hast ja auch du einiges miterlebt. Begonnen hatte alles mit der Anfrage eines Klubs, ob ich nicht Lust hätte, Metal Konzerte bei denen zu organisieren. Seit eh und je mit dieser Musik verwurzelt, zu dieser Zeit bereits als Organisator sehr irrer Metal Disko Abende beschäftigt, fiel die Antwort nicht schwer.
Dem Ganzen einen Namen „IN FLAMMEN“ gegeben und schon konnte es mit Klubkonzerten in Abstand von 2-3 Monaten beginnen. Immer 3-4 lokale oder überregionale Bands und immer viel zu günstig, haha.
Nachdem der Klub bei einem Konzert fast auseinander brach, kam die Idee, das ganze doch im selben Rahmen vor die Tür zu verlagern. Somit war das IN FLAMMEN Open Air geboren. 17 Bands gebucht und der Pleite mit vollem Elan entgegen gedüst. Ein Open Air zu organisieren ist eben doch eine ganz andere Sache. Allerdings war der Wetter-Heini seit je her auf der Seite des IFOA und ich denke, dass Bands und Besucher eine schöne Zeit hatten. Auch im kleinsten Rahmen.
Hättest du damals bereits gedacht, dass es das Open Air 8 Jahre später und in der aktuellen Größenordnung geben würde?
Das ich das IN FLAMMEN nicht wegen schlechter Besucherzahlen und der damit verbundenen finanziellen Belastung aufgeben würde, stand außer Frage. Es hätte nicht in meiner Natur gelegen, einfach aufzugeben und zumal es hier nie, und dies auch heute nicht, um diese bescheidene Kohle geht. Es liegt in der Natur der Sache, das Geld für dieses uns jenes benötigt wird. Mein Ziel ist es, am Ende zu sehen, dass die ganzen Gedanken und Vorstellungen umgesetzt wurden und es so gut wie möglich funktioniert. Dass es ein im Rahmen der Möglichkeiten super Wochenende wird. Alles andere hat für mich so gut wie keine Bedeutung.
Und NEIN. NIEMALS hätte ich oder viele andere da draußen mal je gedacht, welche Dimension das IFOA mal einnehmen würde. Das find ich echt verrückt. Und trotz der Größe versuche ich es, wie eh und je, so fanfreundlich wie nur möglich zu gestalten.
Auf wieviele Helfer kannst und musst du mittlerweile zurückgreifen? Wieviele Tage vor Beginn müsst ihr mit den Vorbereitungen am Gelände beginnen und wie lange dauern die Aufräumarbeiten?
Bis zu den Tagen des Open Air stehe ich nach wie vor so gut wie alleine da. Aber so ganz alleine kann es nicht gehen. Ich denke, dass da viele, viele nette Leute mit Mundpropaganda ein Enormes dazu beitragen, dass das IFOA den Platz eingenommen hat, auf welchem es jetzt steht. Dafür wirklich vielen Dank!
Wir beginnen Anfang der Woche mit den Aufbauten und am Wochenende selber helfen mir um die 60 Leute.
Dieses Jahr wäre es fast dazu gekommen, dass das In Flammen zeitgleich zum With Full Force, was ja fast um die Ecke stattfindet, gestartet wäre. Was war letztlich ausschlaggebend für deine Terminverschiebung?
Genau der Punkt. WFF - der unkalkulierbare Riese vor der Haustür und am selben Wochenende. Wie schon gesagt, steck ich nach wie vor alleine in der Organisation und trage jegliches finanzielles Risiko. Es hätte nichts passieren können oder auch einen Einbruch, welchen ich in der jetzigen Größenordnung evtl. hätte nicht mehr auffangen können. Die Nerven hatte ich nicht und muss es auch nicht herausfordern. Ich habe mir circa 3 Wochen täglich Gedanken nur um diese Situation gemacht. Es war der richtige Schritt.
Ebenso startet dieses Jahr zum ersten Mal der zusätzliche Klub Stage etwas weiter weg vom Gelände und per Shuttle erreichbar. Was war die Idee dahinter und warum wurde nicht einfach eine zweite Bühne installiert?
Die Schifffahrt findet dieses Jahr nicht statt und irgendwie wollte ich noch etwas Neues erschaffen. Etwas, was es so in der deutschen Metal Festival Landschaft nicht gibt. Jedes Jahr steht man vor der Herausforderung, aus einer Masse an Bewerbungen nur mehr als wenig Bands auf die Bühne krachen zu können. Darin lag der Hauptgedanke: Mehr Bands, mehr Abwechslung, mehr Underground Support. Einfach etwas anderes machen als eine zweite Bühne aufzustellen. Was aus finanzieller Sicht und evtl. auch aus Sicht mancher Besucher sinnvoller gewesen wäre. Aber warum den einfachsten Weg gehen? Warum das Gelände mit noch einer Bühne beschallen, wo gerade auch die Black Metal Bands in einem dunklen Klub wesentlich besser zur Geltung kommen? Warum nicht einfach Bus-Shuttle anbieten? Was an sich ja schon Spaß machen kann. Was gibt es besseres als aus der Idee heraus etwas zu erschaffen?
Wie kann man sich als Unbedarfter das Prozedere eigentlich vorstellen, wenn man als Veranstalter eine bestimmte Band bei sich spielen lassen möchte?
Man stellt sich einen türkischen Basar vor. Willkommen im Business, haha.
Gibt es bei Booking-Agenturen auch so eine Art "Prestigestufen" so nach dem Motto: "In Flammen? Hab ich ja noch nie gehört, meine Band spielt nur auf bekannten Veranstaltungen"?
Mit Sicherheit gibt es das. Viele Bands haben Verträge und gerade bei großen Events steht schon ein Jahr vorher fest, was im nächsten Jahr spielen wird. Das macht es nicht immer leicht. Allerdings hat das IFOA eine Stufe erreicht, wo auch große Bands interessiert sind zu spielen.
Nach welchen Kriterien stellt man eigentlich eine Running Order zusammen? Letztlich will doch jeder möglichst spät antreten?
Ich gestalte die Running Order immer nach meinen Vorstellungen und da steht der Punkt Abwechslung ganz weit oben. Man wird es nie allen recht machen können. Wenn eine Band versteht, dass sie von 1000 Bands dabei sein kann, sollte es doch im Grunde egal sein. Man ist dabei. Es gibt aber auch kleine Bands, von denen man sich dann anhört: „Als Opener sind wir uns zu schade“. Dazu kann ich persönlich als ebenfalls Musiker dann wieder gar nichts sagen. Ist deren Einstellung. Muss ich schmunzeln und eben weiter schauen.
Kannst du dich eigentlich selbst noch auf dem Festival entspannen oder ist Dauerstress angesagt?
Es wird von Jahr zu Jahr besser. Die Zeit, dass ich noch während der Veranstaltung losrenne und Nudeln, Toilettenpapier oder sonst etwas einkaufe, Sonntag morgens um 4 nach Berlin fahre, um Bands zum Flughafen zu bringen, sind vorbei. Es ist mit mehr Helfern und besserer Organisation auch weniger Stress geworden. Dennoch aber sehr sehr viel Arbeit, welche auch während der laufenden Veranstaltung mächtig Spaß macht.
Bei welcher Band warst du besonders stolz, dass sie auf dem In Flammen gespielt hat?
Was heißt stolz? Ich bin nicht wirklich stolz. Es ist einfach mein Hobby. Sehe es als unglaublich an, da ich mich gerne an die Zeit als Jugendlicher erinnere. Den Kassettenrecorder oder besser noch Abspielgerät (Sonett77) in der Hand, ha. Als ich später die Kopfhörer des Walkman auf dem Kopf hatte und Bands hörte, welche nun in Torgau, jaaa in Torgau am Entenfang sitzen. Aus dieser Sicht find ich es irre und so geb ich es auch weiter. Glen Benton und DEICIDE, OBITUARY, ASPHYX, BENEDICTION u.v.a.
Was war die zickigste Band, die du je betreuen musstest? Falls du keinen Namen nennen willst, würde es auch reichen, deren Eigenheiten kurz zu erläutern.
Zickig ist eigentlich keine Band gewesen. Schon eher stressig waren die Tourmanager einer Band vor ein paar Jahren. Mann mann mann. Was für ein Theater um nichts. Aber auch damit muss man umgehen lernen. Aber im Grunde: Alles fein. Hatte zum späteren Zeitpunkt von Seiten dieser Tourmanager auch eine Entschuldigung erhalten. Aber Achtung. Da draußen gibt es richtige Diven, haha.
Was war letztes Jahr dein Fazit aus der doch durchaus umstrittenen Verpflichtung von NARGAROTH?
NARGAROTH? Mein Fazit. Hab selten eine Black Metal Band gesehen, welche es schaffte, eine wirklich bedrückende, ja fast bedrohliche Stimmung auf der Bühne zu erzeugen. Düstere Sirenen, brennende Kreuze. Das fand ich faszinierend.
Welche zwei Bands würdest du, wenn Finanzen keine Rolle spielen würden, unbedingt zu dir einladen?
IRON MAIDEN ganz klar. Und dann Tickets im jetzigen Rahmen limitieren. Sollen ja alle etwas richtig Exklusives erleben. Das wäre irre. Aber auch im kleineren Rahmen find ich etwas. NAPALM DEATH / CARCASS & ENTOMBED müssen mal auf die Bühne. Hups, das waren jetzt zu viele Bands. Aber das würde ich mir noch wünschen.
Was machen eigentlich diese DAWN OF FATE, die früher so oft auf dem In Flammen aufgetreten sind?
Diese DAWN OF FATE sind versunken im Alkohol & Drogensumpf. Frauen und vor allem die Gedanken des Hasses als Wegbegleiter machen den Pfad ans Licht der Öffentlichkeit recht schwer. Haha.
Ich glaub aber das 2015, zum 20-jährigen Bestehen von DAWN OF FATE etwas passieren wird. Und auch dass das 10-jährige IFOA Anlass sein sollte, wieder einmal an die Axt zu greifen und den Leuten etwas ins Gehirn zu kreischen.
Aber nun steht erstmal das 9. IN FLAMMEN Open Air vor der Tür. Apropos Tür: muss hier mal die Tür vom Wohnmobil öffnen. Meine Güte ist es warm.
Tja, wer mit dem Feuer spielt, sollte auch keine Angst vor der Hitze haben. In diesem Sinne: Weiterhin viel Erfolg mit dem IFOA