Killerspiele und auflagenstarke Boulevard-Magazine...


Interview mit Face Down Hero
Modern Thrash Metal aus Deutschland - Marburg
Nach dem grandiosen "Of Storytellers And Gunfellas", dem aktuellen Output von FACE DOWN HERO, hatte ich per E-Mail die Möglichkeit, den Taktgeber hinter den Kesseln, Carsten, ein bisschen auszuhorchen. Dass dabei, bezugnehmend auf das Albumkonzept über Handwaffen, aktuelle Themen nicht verschwiegen werden konnten, liegt wohl auf der Hand. Der Drummer beweist Köpfchen, schließt sich nicht der allgemeinen Hysterie an, die massenweise Verbote fordert, und hat auch darüber hinaus einiges zu sagen. Aber lest selbst!

Hallo Carsten, vorneweg erst einmal ein dickes Lob für „Of Storytellers And Gunfellas“. Wie waren die bisherigen Reaktionen darauf?

Vielen Dank für das Lob. Die Reaktionen bis jetzt sind absolut Klasse. Wir hatten zwar natürlich darauf gehofft, aber nicht unbedingt damit gerechnet. Wir sind natürlich sehr froh, dass die Platte überall so gut ankommt. Klar, kann man es nicht zu 100% jedem Recht machen, aber zu 98% gab es bisher nur erstklassige Kritiken.

Obwohl wir aus demselben Bundesland kommen, seid ihr mir bisher noch nicht über den Weg gelaufen. Wie würdest du für jemanden, der nicht im vollen Umfang mit eurer Biografie vertraut ist, euren Werdegang beschreiben?

Wir haben uns Ende 2004 aus den Überresten der Band MIND-ASHES gegründet, welche knappe 10 Jahre existierte und in der Zeit drei Alben u.a. bei AFM Records rausgebracht hat. In der aktuellen Besetzung spielen wir seit 2005 zusammen.
2005 haben wir mit FACE DOWN HERO ein Press only Promo aufgenommen und dann ab 2007 drei Full-Length-CD´s veröffentlicht, die allesamt bei Yonah/Alive erschienen sind.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, ein Konzeptalbum über das Thema Handfeuerwaffen und deren Rolle in unserer Gesellschaft zu machen?

Das war eher Zufall. Genau wie für unsere Musik haben wir auch für unsere Lyrics immer eine gewisse Linie, die ich natürlich einerseits beibehalten wollte, aber andererseits dabei sicherstellen wollte, dass wir uns nicht wiederholen. Ich erinnerte mich dann an die Serie „Gun Kaliber 45“ aus den 90ern die mir sehr gefallen hat von der Erzählweise und den Geschichten. Dort gibt es verschiedene Kurzgeschichten in denen eine bestimmte Pistole immer eine tragende Rolle spielt. Das hab ich aufgegriffen und einfach ein bisschen weitergesponnen. Die unterschiedlichen Denk- und Sichtweisen zum Thema Waffen haben mich schon öfters inspiriert. Wenn man sieht, dass es eine derart fragwürdige Organisation wie die NRA gibt, die mit ihren Millionen von Mitgliedern eine solche Macht besitzt, dann ist das einfach bedenklich.

Ich muss, zwangsläufig, auf den nicht sehr alten Amoklauf in Winnenden zurückkommen. Die Albumproduktion liegt ja schon etwas zurück. Beschleicht euch da nicht ein Gefühl der traurigen Vorahnung? Und wurdet ihr im Zusammenhang mit eurem neuen Album auf diese grausame Tat angesprochen?

Ja, wir wurden schon öfter drauf angesprochen – Besonders heikel ist vor allem, dass der Song „My Fifteen Minutes“ eben genau eine solche Tat in der Entstehung beschreibt. Ich brauchte dazu gar keine Vorahnung, denn wenn man in andere Länder schaut, dann ist dieses Thema ja immer aktuell. In Deutschland hatten wir ja auch schon ähnliche Taten vorher. Da kommen wir wieder zu der von mir angesprochenen Verrohung. Diese Tragödien werden sich auch nicht vermeiden lassen, solange es beispielsweise möglich ist, dass ein Teenager Zugang zu geladenen Waffen des Vaters hat – wobei man dort ebenfalls mal die Frage stellen sollte, was das überhaupt für ein Mensch ist, der 15 scharfe Wummen zuhause hat....

Wie beurteilst du die Schnellschüsse der Politiker das Waffengesetz erneut zu verschärfen, um damit von Vornherein solche Taten zu unterbinden. Ich persönlich halte das für relativen Unsinn, da viel früher und an ganz anderen Stellen angesetzt werden müsste…

So sehe ich das auch. Diese ganzen Diskussionen sind völlig am Thema vorbei. Wenn ich dann schon sehe, dass als erstes geschaut wird, was der Kerl für PC-Games gezockt hat, anstatt mal zu direkt nachzufragen, wie es sein kann, dass ein Familienvater 15 Knarren zu Hause hat. Die Eltern des Täters sollten sich mal den Eltern der Opfer stellen zu einer Fragestunde – das wäre sehr interessant, was da so alles zum Vorschein kommt.
Aber tiefer zu bohren und mal die genauen Verhältnisse in der Familie zu durchleuchten ist ja ohnehin nicht Schlagzeilen-tauglich – „Teenager spielte Killerspiele am PC“ klingt da einfach besser für die einfach gestrickte Bevölkerung, die ja den Hauptumsatz der auflagenstarken Boulevard-Magazine ausmacht.
Und wenn die Politik hilflos ist, dann wird einfach drüber diskutiert, irgendwas, das gerade ins Thema passt, zu verbieten – das ist ja auch einfacher und man muss sich nicht mit weiter Nachdenken beschäftigen!

Kommen wir nach dem schweren Thema aber mal zurück zum Thema FACE DOWN HERO. Ich bin leider nicht mit euren alten Alben vertraut, aber habt ihr da auch schon ähnliche Themen bearbeitet? Was inspiriert euch sonst noch so in Sachen Lyrics?

Die Themen sind eigentlich immer recht unterschiedlich. Über das Thema Waffen bei Jugendlichen habe ich erstmalig auf dem Album „Where All This Anger Grows“ geschrieben. Da gibt es einen Song, „3 Bullets Balled“, in dem ich über eine Geschichte schreibe, die hier in Deutschland kaum jemand wahrgenommen hat. 2008 wurde in London ein, so glaube ich, Neunjähriger auf offener Straße von einem Teenager erschossen.
Das war eine Sache die mich sehr berührt hat, zumal der kleine Junge nicht etwa in einer Gang oder so war – er stand einfach im Weg. Das sind Sachen, die man sich erstmal gar nicht vorstellen kann. Ansonsten inspiriert mich alles, was ich so im täglichen Leben wahrnehme und was mich beschäftigt. Besonders kritisch sehe ich eben immer die diversen Veränderungen der Gesellschaft. So gewinnen diverse – meiner Meinung nach sehr fragwürdige – alte Moralvorstellungen wieder an Bedeutung bei den jüngeren Menschen. Und andererseits verroht die Gesellschaft auch immer mehr.
Daher geht mir der Stoff für neue Texte auch nie aus.

Wenn ich denn Zusammenhang richtig herstelle, so seid ihr nach einem Song der Band FORBIDDEN benannt? Ist die Band ein wichtiger Einfluss für euch, oder ist es nur ein cooler, auffälliger Name? Wen würdest du noch so aufzählen, wenn es um die Bands geht, die euren Sound maßgeblich mit beeinflussen?

FORBIDDEN war immer eine unserer Lieblingsbands. Besonders die stark unterschätzten letzten beiden Platten „Distortion“ und „Green“. Die ganze Bay-Area-Thrash-Szene hat natürlich bei uns ihre Spuren hinterlassen. Dazu kommen dann aber auch moderne Vertreter, die wir sehr gerne hören. Wenn ich jetzt Namen nennen soll, dann natürlich die üblichen Verdächtigen wie METALLICA, MEGADETH, GRIP INC., oder eben auch Sachen wie DISTURBED. Allerdings denke ich, dass wir uns mittlerweile eine ganze Menge Eigenständigkeit erspielt haben und daran werden wir auch weiter festhalten.

Wie würdest du euer aktuelles Album in eurer Discografie einordnen? Was sind eure gleichbleibenden Trademarks, an welchen Stellen habt ihr euch weiterentwickelt?

Gleich geblieben sind die sehr variablen Songs. Sei es melodisch oder eben voll auf die Zwölf – da haben wir uns noch nie selber limitiert. Weiterentwickelt haben wir uns insofern, dass unsere Songstrukturen über die letzten drei Alben gesehen immer sicherer und ausgefeilter wurden. Während wir auf der ersten Platte noch versucht haben, alles möglichst „einfach“ zu halten, denken wir über so was heute gar nicht mehr nach. Die Songs entstehen einfach, und das ist gut so.
Kali hat sich am Gesang super entwickelt und drückt den Songs jetzt wirklich seinen Stempel auf – aber das hatte ich bereits nach der ersten Platte prophezeit ;). Auch das ganze Aufnahmeprozedere fällt uns, seit wir bei Martin sind, sehr leicht und daher werden die Ergebnisse auch immer besser. Obwohl ich persönlich auch glaube, dass wir noch nicht am Optimum für uns selber angekommen sind – aber wir arbeiten hart daran :).

Wo siehst du dich und die Band in den nächsten 5 Jahren? Und was ist konkret für diesen Sommer geplant? Wird man euch auf diversen Bühnen begutachten können oder eher in den kleineren Clubs um die Ecke?

Bisher stehen da nur kleinere Konzerte an. Wir arbeiten aber an weiteren Auftritten.
An gute Liveauftritte zu kommen ist immer das Manko bei uns. Wir sind bei einer sehr kleinen Plattenfirma ohne Riesenlobby bei den Festivals – haben zwar mit CMM eine super Promoagentur, die wirklich ne ganze Menge für uns macht und der wir viel zu verdanken haben, aber eben keine richtige Booking-Agency. Daher ist es unheimlich schwer für uns an genügend Auftritte zu kommen um eine neue Platte auch gebührend auf dem Live-Sektor zu promoten. Wir hoffen aber, dass sich da irgendwann mal was ergibt, das uns in dieser Sache auch nach vorne bringt.

So, das war es soweit von mir. Vielen Dank für das Interview. Und natürlich soll auch noch Platz für die berühmten letzten Worte sein:

Ich bedanke mich erstmal auch im Namen der anderen drei HEROES für das nette Interview. Danke natürlich auch an alle die das hier gelesen haben :)
Gruß in die Nachbarschaft sag ich dann mal ;)

Vielen Dank!
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