Porcupine Tree - Fear Of A Blank Planet

Porcupine Tree - Fear Of A Blank Planet
Alternative / Progressive Rock
erschienen am 13.04.2007 bei Roadrunner Records
dauert 50:51 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Fear Of A Blank Planet
2. My Ashes
3. Anesthetize
4. Sentimental
5. Way Out Of Here
6. Sleep Together

Die Bloodchamber meint:

PORCUPINE TREE mäandern nun schon seit geraumer Zeit im watteweichen Zwielicht zwischen Progrock und alternativer Popmusik umher, was sich bisher unter Anderem in einer stattlichen Anzahl von Veröffentlichungen niedergeschlagen hat. Über deren jüngste mit Namen "Fear Of A Blank Planet" lässt sich zunächst Eines sagen: Sie ist einfach wunderbar.

Zusammengehalten werden die gut 50 Minuten von einem mehr oder weniger schlüssigen Konzept, welches sich mit modernen Medien und dem Fernsehen auseinandersetzt, wobei das spezielle Augenmerk den Auswirkungen gilt, die jene Institutionen auf die menschliche Psyche haben. Im Verlauf der Scheibe versteht es die Band um Wilson hervorragend, die Welt eines „normalen“ Sonderlings erstehen zu lassen, den Dämmerzustand des ewigen Kindes zwischen I-Pod, MTV und reflexhafter Bedürfnisbefriedigung, zwischen Selbstmedikation, ohnmächtig aufflackerndem Erkenntniswillen und der steten Angst eigene und fremde Erwartungen zu enttäuschen.
Erzählt wird das Ganze in episodenhafter Struktur, kleine Geschichten aus dem Alltag geben Eindrücke des Moments wieder, um sich anschließend an Fragmenten der notdürftig zusammengeschusterten Identität entlang zu hangeln und schließlich am Detail zu verzweifeln. Logische Folge dieser ungebändigten Reizflut ist der Rückzug ins Selbst, welches sich dann allerdings nur allzu oft als genau jene oberflächliche Unsubstanz darstellt, der man durch die allseitige Abschottung eigentlich zu entrinnen gedachte.
Der Mensch in diesen Geschichten ist nicht einmal auf der Flucht, für welche ihm längst die Kraft und das Interesse fehlen - er treibt schlicht dahin, nimmt wahllos auf, scheidet aus, ist in seiner Haltung so gleichgültig wie er in seinen Handlungen ungerichtet ist. So unwahrscheinlich es klingen mag: Im Endeffekt ergibt das ein verdammt gutes Thema für eine Platte, zumal die einfachen und doch prägnanten Lyrics eine sehr vereinnahmende Ästhetik besitzen.
Musikalisch tischen PORCUPINE TREE dazu eine Mischung aus schwelgerischen Keyboardlandschaften, wabernden Bässen und fragilen Gitarren auf, die sich grob zwischen neueren ANATHEMA, etwas COLDPLAY und TOOL verorten lässt. Die vielschichtigen Lieder glänzen mit Atmosphäre und dynamischem Aufbau, was sich neben dem Überhammer „Way Out Of Here“ auch im längsten und meines Erachtens besten Track "Anesthetize" beispielhaft zeigt - fast 18 Minuten Gefühlsachterbahn, die von leise dahin träumenden Tönen bis hin zu mechanischen Riffs alle Register zieht und in ihrem auf- und abebbenden Fluss eine unglaubliche Spannung aufrecht erhält.
Passend zu diesem musikalischen Hintergrund pendelt sich Mastermind Wilson zwischen fluffiger, teils leicht verfremdeter Singstimme und etwas aggressiveren Tönen ein und sorgt so für reichlich Widerhaken. Im Chorus des abschließenden „Sleep Together“ erreicht die Konzeption schließlich ihren Klimax: Während die Strophe von unglaublicher Gleichgültigkeit geprägt ist, gerät der mit hohlen Phrasen und seltsam ratlos eingeforderte Akt zum Inbegriff der Resignation, zum sinnentleerten Heilsversprechen für den schon gewohnheitsmäßig Desinteressierten.

„Fear Of A Blank Planet“ wird im Allgemeinen nicht als die Vorzeigescheibe der Formation gehandelt, bisweilen gar als eines ihrer schwächeren Werke bezeichnet, aber das lässt sich mit Blick auf persönliche Präferenzen wohl von jeder beliebigen Platte sagen. Für mich jedenfalls sind der gelungene musikalische Fluss und die interessante textliche Konzeption seit geraumer Zeit Grund genug, dieses Schmuckstück wiederholt und am Stück zu genießen, die 9 Punkte folglich mehr als verdient.
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