Novembers Fall über das Jetzt und das Werden.


Interview mit Novembers Fall
Melodic Death Metal aus Deutschland - Neukirchen
Nachdem die Neukirchener Jungs "Novembers Fall" mit Ihrem Demo "Broken Memories" eine extrem gute Arbeit vorgelegt hatten, war es an der Zeit, etwas über das Quartett in Erfahrung zu bringen. Und sowas geht bekanntlich am besten über ein klassisches Frage-Antwort-Spiel.

Erstmal: Gratulation zu so einer tollen Scheibe, wie Ihr sie mit "Broken Memories" abgeliefert habt. Warum habt Ihr Euch dazu entschieden, diese technisch doch sehr anspruchsvolle Schiene zu
fahren?


Benjamin: Vielen Dank für die lobenden Worte. Wir hören ebenfalls solche komplexere Musik und finden diese wesentlich interessanter. Es macht Spaß neue und unvorhersehbare Liedstrukturen zu entwerfen und auch zu hören. Das Stück ist dadurch vielseitiger und es ergeben sich ganz neue Möglichkeiten, verrückte Ideen einzubauen. So was gefällt uns. Ein Song ist so nicht so schnell ausgehört und kurzweilig. Man kann immer wieder neue Dinge an den Liedern entdecken.

Versucht mal Eure Gedanken in Worte zu packen, die Ihr beim Schreiben der Songs empfindet.

Benjamin: Trauer, Wut, Hass, Liebe, Eifersucht, Dunkelheit, Freundschaft, Zerrissenheit, Krankheit,Verrücktheit, Alpträume, Filme, Musik, das Leben, Philosophien

Fabian: Oder einfacher: Das Leben und Gefühle die man damit verbindet

Wer ist der Mann mit den Ideen bei "Novembers Fall"?

Fabian: Das ist wohl der Beni. Besonders bei den Riffs.

Benjamin: Ja, ich habe immer tausend Ideen, die dann zusammen in Proben verwurstet werden.

Warum heißen "Novembers Fall" eigentlich "Novembers Fall"?

Benjamin: Gute Frage. Wurden wir schon sehr oft gefragt. Das Problem ist,es gibt nicht wirklich Sinn. Im Grunde ist das einfach nur ein Name der schön klingt. Also ein klassischer Name ohne Bedeutung. Der ist mir irgendwann mal spontan eingefallen und ich fand er klingt schön und lässt sich sehr weich sprechen. Na ja, man könnte höchstens den Herbst hinein interpretieren in der Übersetzung, aber ich habe nicht wirklich dran gedacht.

Fabian: Außerdem retten wir uns mit dem "fehlenden" Apostroph da raus. Ist halt 'n Eigenname mit eigener Schreibweise.

Es wird wahrscheinlich immer wieder der Vergleich zu Opeth auftauchen, habt Ihr keine Angst, dass die Latte zu hoch liegen könnte?

Jonas: Es ist auch eine große Ehre für uns, da wir alle große Opeth Fans sind, jedoch ist es gar nicht unser Ziel so gut wie Opeth zu werden. Wir machen einfach das, was uns gefällt und versuchen daraus unseren eigenen Mix zu gestalten.

Benjamin: Nein eigentlich nicht. Wir haben zwar große Einflüsse von Opeth, jedoch machen wir ja immer noch unser eigenes Ding und das wird auch weitgehend akzeptiert. Vergleiche bleiben jedoch nicht aus, da wir ja eine ähnlich musikalische Schiene fahren. Dieses bezieht sich besonders auf die Kombination von Death Metal mit ruhigeren Parts. Wir versuchen aber keinesfalls Opeth zu kopieren, und Opeth 2 zu werden, wir verpacken nur alles was wir so an Musik hören in ein eigenes musikalisches Gewand. Da sind Einflüsse aus ganz vielen Stilistiken dabei, dies bleibt längst nicht auf Opeth beschränkt.

Auf "Broken Memories" glänzt Ihr zweifelsohne durch musikalische Versiertheit. Wie sieht es um Euren musikalischen Werdegang aus? Habt die Fähigkeiten gelehrt bekommen oder alles selber beigebracht?

Benjamin: Also wir hatten auf jeden Fall teilweise Unterricht, jedoch spielen wir alle noch nicht so furchtbar lange unsere Instrumente. Vieles haben wir uns aber auch selber beigebracht, wir haben alle als Autodidakten angefangen. Aber natürlich ist es immer ratsam früher oder später einmal etwas Unterricht zu Rate zu ziehen. Ich habe schon extrem viele verschiedene Arten von Musik gemacht, na ja, natürlich nicht so Sachen wie Schlager und Volksmusik, das ist einfach nicht mein Ding.

Fabian: Na ja, man könnte sagen das ich seitdem ich 7 bin, klassische Gitarre spiele. Allerdings recht erfolglos. Ich hatte lange Zeit Unterricht, aber es war halt nicht mein Instrument, und ich hab's auch nur halbherzig gespielt. (lachend:) Als Beni jedoch mit der Gitarre anfing, konnte ich ihm die ersten Lieder zeigen... Musste aber nach einem Monat zugeben, dass er besser war. Den Bass hab ich dann rein Autodidaktisch und mit meinen spärlichen Gitarrenkenntnissen erlernt.

Ihr seid alle 18 oder 19 Jahre alt. Wie hoch schätzt Ihr selber Euer musikalisches Entwicklungspotential ein?

Jonas: Ohne irgendwie eingebildet zu klingen, denke ich, dass wir sicher ein großes Entwicklungspotential haben, da wir alle erst seit 1 1/2 Jahren Musik zusammen machen und uns auch auf unseren Instrumenten noch viel verbessern werden. Vor allen Dingen sind wir sehr experimentierfreudig, was wir ja schon auf unseren zwei vorigen Demos gezeigt haben, sodass wir noch lange nicht alles ausprobiert haben.

Benjamin: Ich denke, dass wir auf jeden Fall gegenüber unserem jetzigen Können noch ordentlich zulegen können. Man muss mal sehen, was sich über die Jahre entwickelt, aber da ist noch einiges rauszuholen und wir haben musikalisch auch noch einiges zu sagen.

Eure Stücke vom 2004er Demo klingen allesamt etwas ruhiger, als das Material der "Broken Menories". Wo wollt Ihr in Zukunft hin?

Benjamin: Wir wollen uns auf jeden Fall die Möglichkeiten offen halten. Uns liegt mittlerweile nicht mehr so viel daran, "harte" Songs zu schreiben, wir versuchen einfach gute Songs zu machen. Wir haben uns zwar von der "Shadows in The Twilight" in die härtere Richtung entwickelt, aber man weiß nie was
als nächstes kommt. Na ja, soviel können wir schonmal verraten: Wir werden dieses Jahr ein weiteres Demo aufnehmen. Diese Songs werden wahrscheinlich etwas ruhiger, oder besser ausgedrückt, sie werden melodiöser. Sie sind auch etwas geordneter, aber natürlich gibt es jetzt nicht ganz simple Strukturen wie Refrain Strophe Refrain. Besonders mit dem Gesang haben wir wieder mehr in die cleane Richtung experimentiert. Wir werden unseren Stil noch ausweiten und sicherlich noch viel ausprobieren.

Da ihr ja nun auch deutliche progressive Einflüsse aufweist, ist es Euch schon mal in den Sinn gekommen, ein richtiges Epos zu schreiben, das an der 15 oder 20 Minutengrenze kratzt?

Benjamin: Im Grunde scheren wir uns nicht um Liedlängen, jedoch hatten wir sowas sogar schonmal. Es waren vier Lieder, die die vier Jahreszeiten musikalisch darstellten (A New Day - Frühling, Summer Time - Sommer, Wilted Leaves - Herbst, At the Lake - Winter) wir haben die auch mal alle zusammen aufgeführt, das ging mindestens 20 Minuten aber es kam überhaupt nicht gut an. Fürs neue Demo haben wir auch ein Epos geschrieben, jedoch geht es "nur" 12 Minuten, aber das geht wohl doch schon über die normale Liedlänge heraus. Und es ist ein Song, nicht eine Zusammensetzung von mehreren wie Die vier Jahreszeiten.

Fabian: Die vier Jahreszeiten waren grausam... Epos... Mal schaun, aber dieses Epos will ich nie mehr spielen.

Wenn ich mir auf Eurer Homepage den Werdegang der Band ansehe, dann fällt mir auf, dass Ihr 2003 noch eine weibliche Gesangsstimme hattet. Warum jetzt nicht mehr? Wolltet Ihr keinen Ersatz oder hat sich einfach keine andere gefunden?

Jonas: Eine Freundin von uns war damals mit in die Band eingestiegen. Doch es zeigte sich schon in den ersten Proben, das wir musikalisch einfach nicht zusammenpassten. So haben wir die Idee mit dem weiblichen Gesang auch schnell verworfen, jedoch können wir nicht ausschließen vielleicht mal auf eine Demo weiblichen Gesang einzubringen.

Benjamin: Ja, ich kann mich noch erinnern, sie hatte damals bei Journey einen Gesangspart, aber bei der Demo war sie schon nicht mehr dabei.

Da Ihr schon die Erfahrung mit weiblichen Vocals gemacht habt, würde ich gerne Eure Meinung zu dem momentanen Hype um Bands wie Nightwish oder Within Temptation wissen. Braucht die Welt mehr davon oder reicht es nun langsam?

Jonas: Also ich persönlich kann nur sagen, dass ich es schade finde das in der heutigen Musikszene jeder Trend solange kopiert wird bis ihn wirklich keiner mehr hören will. Da geht's dann nicht mehr um gute Musik, sondern nur noch um Kommerz! Und Innovation sucht man da vergebens, da die Leute die dann auf den Trend aufgesprungen sind, solange das gleiche machen bis sie nach 2-3 Monaten wieder "out" sind!

Wenn Ihr Euch drei Bands aussuchen könntet, mit denen Ihr gemeinsam auf der Bühne stehen dürft, welche wären das und warum?

Benjamin: Unbedingt mit Opeth, wir haben uns die letztens in Essen in der Zeche Carl angeschaut und es war wie immer ein Hammer. Hinterher haben wir noch auf Mikael Åkerfeld gewartet und ich habe ihm dann eine CD von uns gegeben, die wollte er sich anhören. Und Mit Opeth wäre schon ein Traum. Mit System Of A Down würd ich auch gerne mal zocken. Das ist einfach eine geile Live-Truppe. Was sicher auch extremst geil wäre, wäre mal mit Blind Guardian zu zocken, sind live ziemlich gut und kommen aus derselben Stadt wie wir. Sind auch sehr sympathische Leute.

Fabian: Klar, Opeth. Disillusion fänd' ich auch super - Ein Traum der vielleicht bald in Erfüllung geht. Zwischen Guardian und System möchte ich mich lieber nicht entscheiden müssen...

Welches war Euer bisher größter Auftritt?

Benjamin: Hm, schwer zu sagen, also die größte Band, mit der wir bisher gespielt haben, sind sicherlich Night In Gales. Jedoch hatten wir bei einem anderen Auftritt (das war der mit den vier Jahreszeiten, s.o.) mindestens 200 Zuschauer, es ist also Ansichtssache nach welchem Gesichtspunkt man das definiert.

Fabian: Wenn's auch nach Spaß geht, dann gewiss auch der in Coesfeld mit World Downfall. Wir spielten da vor ca 25 Zuschauern. Downfall spielte schließlich fast nur noch für uns. Das lustige an dem Auftritt war auch alles rund herum. "Wenn ihr was haben wollt, geht einfach ins Kühlhaus" (Einwurf von
Benjamin: Dort gab's so ne Art Selbstbedienung. Zu Anfangs gab's da noch ne Menge Zeug, ich kann mir auch fast gar nicht erklären wo das Zeug hingekommen ist...) und das Übernachten im Flur, da alle Betten belegt waren...

Was ist Euer musikalisch größter Albtraum?

Benjamin: Auf der Bühne die Stimme verlieren oder ein Lied bzw. Auftritt abbrechen zu müssen. Was auch extrem scheiße ist, ist wenn eine Saite mitten im Lied reißt.

Und was wenn er eintrifft?

Benjamin: Lächeln und versuchen zu improvisieren.

Zum Abschluss möchte ich Euch jetzt die Möglichkeit geben den Lesern zu sagen, warum sie sich "Novembers Fall" zuwenden sollten.

Benjamin: Wir sind nicht gerade eine konservativ veranlagte Band, obwohl wir selbe auch gerne mögen, jedoch versuchen wir mit unserer Musik neues Terrain zu betreten. Wir sind experimentierfreudiger aufgelegt, das sieht dann so aus: Wir bieten eine teils melodische teils harte Mischung aus Black, Death und Thrash, also ist prinzipiell für jeden was dabei. Reinhören lohnt sich sicherlich, wenn man sich für schönen düsteren, atmosphärischen Metal interessiert.

Schönen Dank, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt, diese paar Fragen zu beantworten.
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