Neuanfang ohne Schubladendenken


Interview mit Face Down Hero
Modern Thrash Metal aus Deutschland - Marburg
Zur Veröffentlichung der ersten EP „Syndrome“ stand Drummer Carsten von den Marburger Modern Thrashern FACE DOWN HERO dem Bloodchamber-Webzine unerschütterlich Rede und Antwort.

Carsten und Christian von FACE DOWN HERO haben lange Zeit bei MIND-ASHES gespielt. Wie erging es dieser Band in ihrer Laufbahn? Da konnte man doch einige Erfolge verbuchen. Und wie kam es letztendlich zum Split?


MIND-ASHES gab es insgesamt knapp über 10 Jahre. Wir brachten in der Zeit drei komplette Alben, davon eines unter AFM Records und eines für TTS Media Music sowie eine EP und ein Demotape heraus. Außerdem waren wir für Dwell Records auf dem Megadeth Tribute Sampler vertreten und auf einer Ausgabe des Rock Hard „Unerhört“-Samplers.
Klar hatten wir da einige Erfolge, aber irgendwann kommt der Punkt, an dem du dich fragst, ob das für dich persönlich alles noch Sinn macht. Dieser Punkt kam bei mir, als uns nach der zweiten Scheibe wieder einmal der damalige Sänger und der zweite Gitarrist verlassen hatten, obwohl es gerade an diesem Zeitpunkt so richtig losging bei uns – super Kritiken, jede Menge Auftritte und interessierte neue Plattenlabels.
Wir hatten uns kurz vorher von AFM Records getrennt und waren gezwungen, die neue Scheibe erstmal in Eigenregie zu veröffentlichen, was sich letztendlich aber nicht als Nachteil erwies, sondern uns im Gegenteil sehr viel neue Türen öffnete. Gerade weil mit der zweiten Platte die Reaktionen überall sehr gut waren, kam dieser Line-up-Wechsel zum ungünstigsten Zeitpunkt überhaupt.
Wir rappelten uns zwar noch mal auf, fanden zwei neue Leute für die Band und brachten ein Jahr später bei TTS unser drittes Album raus, aber die Motivation war einfach dahin. Als dann unser damaliger Basser und Gründungsmitglied Soti das Handtuch warf, war das für mich so was wie ein deutliches Zeichen, die Band endgültig zu Grabe zu tragen.

Welche Umstände begünstigten die Wiederaufnahme der musikalischen Tätigkeiten in Form der neuen Band FACE DOWN HERO?

Christian und ich sind auch nach MIND-ASHES immer in Kontakt geblieben, da wir neben dem gemeinsam Musik machen einfach auch sehr enge Kumpels waren und sind. Ich hatte mir nach dem Split erstmal eine längere Auszeit gegönnt und Christian stieg bei einer Band namens Still No Order ein. Die machten so Black Label Society mäßige Mucke.
Irgendwann haben wir dann bei einem gemeinsamen Bierchen darüber geredet, mal wieder ein wenig Musik zusammen zu machen. Das war ungefähr ein halbes Jahr nach dem Split. Unser Problem war allerdings, dass wir keinen Proberaum mehr hatten, und die Proberaumknappheit ist in Marburg genauso schlimm wie wahrscheinlich überall. Also mussten wir uns umhören und letztendlich haben wir es dem Norbert, Sänger auf dem „The Views Obscured“-Album von MIND-ASHES, zu verdanken, der uns den Tipp mit einem freien Übungsraum gab.
Als Christian und ich dann die ersten Jam-Sessions gehalten hatten, merkten wir schnell, dass wir immer noch super harmonierten und musikalisch nach wie vor die gleichen Vorstellungen hatten. Das war dann der Start von FACE DOWN HERO.

Welche Unterschiede gibt es in der musikalischen Ausrichtung von MIND-ASHES und FACE DOWN HERO? Habt Ihr euren Stil beibehalten oder euch mit FACE DOWN HERO ganz neu erfunden?

Ich denke, FACE DOWN HERO hat nicht mehr viel mit MIND-ASHES gemeinsam. Bei MIND-ASHES waren wir sehr verspielt und auch eher traditionell, was das Riffing und den Songaufbau anging. Früher war es so, dass Christian die Song komplett ausarbeitete und ich mir dann nur noch meine Drumparts dazu überlegen musste.
Bei FACE DOWN HERO ist es so, dass Christian und ich die Songs von Anfang an gemeinsam ausarbeiten und arrangieren. Viele der Grundideen gehen da mittlerweile vom Drumming aus und dadurch ist unser Sound auch recht rhythmisch und groovig. Wir wollten auch direkt beim Start von FACE DOWN HERO keinesfalls als MIND-ASHES mit anderem Namen aufgefasst werden, sondern wirklich einen Neuanfang machen. Wir wollen einfach moderner, straighter und aggressiver klingen, als das früher der Fall war und ich denke, da sind wir auf dem richtigen Weg. Bei MIND-ASHES hätte es nie so etwas wie Hardcore-Einflüsse, geschweige denn Nu Metal-Einflüsse gegeben. Heute lassen wir uns von allem inspirieren, ohne Schubladendenken.


Euren Bandnamen habt ihr Euch von einem Song der kalifornischen Thrash-Helden FORBIDDEN abgeguckt. Existieren daneben noch andere essentielle Vorbilder und musikalische Inspirationen?

Direkte Vorbilder, an denen wir uns starr orientieren, haben wir eigentlich nicht. So was birgt immer die Gefahr, dass man schnell zu einer Kopie eben dieser Vorbilder verkommt und das wollen wir natürlich nicht. Inspirieren lassen wir uns fast von allen härteren Klängen. Das fängt bei traditionellem Sound à la Metallica, Exodus, Megadeth oder eben Forbidden an und geht bis zu Slipknot, Fear Factory, Machine Head etc. Aus den ganzen Einflüssen versuchen wir dann halt unser eigenes Süppchen zu kochen. Wir sind jetzt keinesfalls eine klassische Thrash-Kombo oder gar eine Metalcore-Band. Wir sind ziemlich variabel in unseren Songs, legen aber wert darauf, dass wir uns einen eigenständigen Stil erarbeiten und dass wird auch so bleiben.
Dass wir insgesamt sehr vielschichtig klingen, beweisen mir eigentlich auch die verschiedenen Reviews. Da hat zum Beispiel einer Parallelen zu System of a Down rausgehört, der nächste fand, dass wir moderne Death-Metal-Elemente verbraten würden und wieder ein anderer hört da eben ganz klar Machine Head und Fear Factory raus. Irgendwo hat eben auch jeder der Schreiber Recht, weil wir halt alles in unsere Songs einfließen lassen, was uns persönlich gefällt.

Gebt doch mal bitte einen kleinen Kommentar zu den auf „Syndrome“ befindlichen Songs „D.G.S.“, „Own Enemy“ und „The Pictureman“! Welches Gefühl, inhaltlich wie musikalisch, verbindet Ihr mit den Stücken?

„D.G.S.“ ist ein recht traditionell gehaltener Thrash-Song. Daher ist er vielleicht, verglichen mit unserem anderen Material, etwas ungewöhnlich. „D.G.S.“ ist einer der ersten FACE DOWN HERO-Songs. Wir haben versucht, das Ganze interessant zu verpacken – also nicht nur prügel prügel – und es variiert immer schön zwischen Melodie, Groove und Knüppelparts. „D.G.S.“ steht als Abkürzung für Dorian Gray Syndrome; der Text handelt davon, wie manche Leute sich in ihrem Jugendwahn immer mehr durch Schönheits-Operationen verstümmeln lassen, einfach weil sie das Älterwerden nicht verkraften können, ähnlich wie es eben in dem Oscar-Wilde-Klassiker schon beschrieben ist.
„Own Enemy“ ist ein sehr straighter Midtempo-Track, der zudem einen, wie ich finde, echten Mitgröhl-Refrain hat. Auch wenn er von der Beatzahl einer der langsamsten Songs ist, die wir haben, kommt er doch recht aggressiv und flott rüber. Im Text erzähle ich, wie man sich oft im Leben selber im Weg steht, weil man glaubt, dass man sich für alles, was man tut oder getan hat, bei jedem rechtfertigen muss.
„The Pictureman“ ist mein persönlicher Fave auf der Scheibe. Sehr düster, sehr rhythmisch und mit einigen Hardcore-Elementen versehen. Insgesamt ein echtes Abmosh-Teil. Übrigens unser erstes Stück, das gänzlich ohne Gitarrensoli auskommt. Der Text ist etwas bizarrer, als bei den Vorgängersongs. Hier geht es um einen Vereinsamten, der sich aus Antiquitätenläden Portraitfotos kauft und diese dann als seine Familie, die er in Wirklichkeit nicht besitzt, ansieht. Er baut sich damit also eine eigene Scheinwelt auf.

Ein Riff in „The Pictureman“ erinnert mich ein wenig an das „St. Anger“-Album von Metallica. Mögt Ihr die Scheibe oder sind Euch die „guten, alten“ Metallica aus den Achtzigern lieber?

He, du bist der erste, der das erkannt hat, hehe. Das war allerdings eher unbewusst. Uns ist das erstmals richtig aufgefallen als wir den Song in der Endfassung hörten.
Ich persönlich finde „St. Anger“ nicht schlecht, aber natürlich ist sie kein Vergleich mit den alten Klassikern. Bei der Platte könnte ich als Drummer allerdings bekloppt werden, wegen dem besch**** Snare-Sound. Wie kann man mit der Kohle, die Metallica bei Aufnahmen zur Verfügung haben, so einen Mülltonnensound fabrizieren. Aber die Geschmäcker von mir und Herrn Ullrich sind da wohl verschieden, hehe. Ich war immer ein riesiger Metallica-Fan und ihre Platten bis einschließlich der „Schwarzen“ finde ich nach wie vor großartig. Aber mit „Load“ und „Reload“ ging mein Interesse eher flöten. Da konnte ich persönlich nicht mehr soviel damit anfangen. Die „St. Anger“ gefällt mir von den neueren Alben am besten – auch wenn ich finde, dass die Scheibe recht lustlos wirkt. Da klingt einiges wie „Dienst nach Vorschrift“. Ich hoffe, dass eventuell irgendwann mal wieder eine gute Scheibe von den Jungs rauskommt.

Bei „Syndrome“ handelt es sich um eine Vorab-EP zu Eurem im nächsten Frühjahr erscheinenden ersten Fulllength-Album. Was erwartet den potentiellen Hörer auf der kommenden CD?

Zuerst muss ich da klarstellen, dass die CD keine Deluxe-EP wird. Wir werden keinen der drei Songs von „Syndrome“ neu einspielen. Dafür haben wir einfach zuviel Material und Ideen. Die neuen Stücke sind noch einen Tick heftiger geworden, als das bei der Promo-EP der Fall war. Einer der größten Unterschiede wird der Gesang sein. Christian wird wesentlich rauer und aggressiver klingen. Wir werden wahrscheinlich schon Ende dieses Jahres mit der Vorproduktion beginnen. Wir wollen ca. 13 bis 14 Stücke aufnehmen und davon dann die neun oder zehn besten auswählen, die es dann auf die Scheibe schaffen werden.

Trotz ausgiebiger Auditionen habt Ihr für FACE DOWN HERO keinen Sänger gefunden. Dass Gitarrist Christian das Mikro kurzerhand ergriffen hat, geht zugegebenermaßen etwas zu Lasten der Qualität der Vocals. Wird er den Posten in Zukunft weiter verteidigen oder habt Ihr vor, Euch weiter ernsthaft nach einem Frontmann umzuschauen?

Nein – Christian wird definitiv weiter singen. Man muss auch sagen, dass Christian auf der EP zum ersten Mal überhaupt auf die Stücke gesungen hat und daher noch viel Unsicherheit dabei war. Wir haben durch unseren engen Zeitplan im Studio auch nicht sonderlich viel ausprobieren können. Dass seine Stimme, wie sie auf der Aufnahme ist, polarisieren würde, war uns klar und wir haben das bewusst in Kauf genommen. Die Scheibe sollte ja quasi nicht mehr und nicht weniger als ein erstes Lebenszeichen von uns sein. Uns ist klar, wo wir noch arbeiten müssen. Trotzdem finde ich, dass er seine Sache mit Abstrichen wirklich ordentlich gemacht hat.
Es ist jetzt auch auf keinen Fall eine Notlösung, sondern wir sind der Meinung, dass Christian wirklich das Zeug zu einem Klasse-Shouter hat. Er wird das auf der nächsten Aufnahme auch zeigen. Mittlerweile singt Christian sehr viel aggressiver und passt hervorragend zu unserem Sound, das kann ich schon mal versprechen. Live konnten sich die Leute davon schon überzeugen.

Zum Schluss habt Ihr hier noch Platz ein paar direkte Worte an die Leser zu richten und vielleicht etwas Werbung für kommende Live-Auftritte zu machen.

Ja! Erstmal noch vielen Dank für das tolle Review und natürlich auch dieses Interview. Zudem noch ein dickes Lob für euer tolles Magazin, das ich persönlich auch regelmäßig lese.
Allen Lesern sag ich schon mal: Danke, dass ihr das Interview gelesen habt. Werbung muss ich natürlich für unsere Website www.facedownhero.de machen – schaut da ruhig mal rein. Live-Termine und alles Weitere könnt ihr dort erfahren. Vielleicht sieht man sich ja mal auf einem Konzert.
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