Alles andere als Einheitsbrei


Interview mit Hidden In The Fog
Progressive Black Metal aus Deutschland
Die in Deutschland heimischen HIDDEN IN THE FOG haben mit ihrem Album „Damokles“ unlängst ein interessantes, facettenreiches und phaszinierendes Stück Musik veröffentlicht. Dabei bewegen sich die vier Musiker jenseits aller Schranken, so dass man die Musik nur ganz grob als progressiven Black Metal bezeichnen kann. Doch was steckt denn so dahinter? Clemens „Botis“ Frank, hauptinstrumental Schlagzeuger bei HIDDEN IN THE FOG, gab mir Auskunft.

Hallo Clemens!
Andernorts habe ich gelesen, dass Sidi „Ghâsh“ Koné (Gesang, Gitarre) die Lieder weitgehend ohne Gitarre oder andere Instrumente komponiert. Wie kann man sich das vorstellen? Ist das nicht schwer, wenn man die Musik nicht direkt hört?


Die Grundidee, die hinter Ghâshs Kompositionsweise steckt, ist eigentlich nicht kompliziert: Er lässt seine Musik einfach im Kopf entstehen. Auf musikalischen Ideen basierend, hat er dann allerdings Tonsätze
ausgearbeitet und in Notenform festgehalten. Dies hat mindestens zwei Vorteile: Erstens, dass motorisch-spielerische Fähigkeiten, die auf konventionelles Songwriting mit Gitarre, Klavier etc. beträchtlichen Einfluss nehmen, erst einmal ausgeblendet werden und zweitens, dass einzelne Melodien nicht schon starr einem bestimmten Instrument zugeordnet sind. Damit sind der Kreativität im Vorfeld keine Grenzen gesetzt.

Ich nehme mal an, dass ihr nicht schon immer auf eine so explizite Art musiziert habt. leider kenne ich eure Demo-Aufnahmen nicht. Hattet ihr eure Ursprünge im schwarzmetallischen Bereich? Und kam die Weiterentwicklung dann einfach so oder dachtet ihr euch bewusst „nun wollen wir mal etwas Neues, Untypisches versuchen“?

Mit deiner ersten Annahme liegst du richtig. Angefangen haben wir mit relativ einfachem melodischen Black Metal, wie er auf unserem ersten Demo „Into the Moonlight’s Cold Embrace“ von 1998 zu hören war. Die Einbettung einiger Themen aus dem Soundtrack zu „Conan the Barbarian“ von Basil Poledouris auf der nachfolgenden MCD „Of Hidden Chronicles & Stellar Fires“ von 1999 läutete dann den Beginn ein, mehr und mehr klassische Elemente in unsere Musik einzubetten. Dieser Stil wurde dann bis zur „Promo 2001“ konsequent verfeinert und fand dort seinen vorläufigen Höhepunkt im Song „Mysterious Pantheon“, der erstmals durchgängig mit der Barock-typischen Kontrapunktik komponiert wurde. Auch wenn uns eigentlich schon immer danach war, Musik jenseits ausgetrampelter Metal-Standards zu erschaffen, denke ich, dass wir erst an diesem Punkt unserem Ziel näher gerückt sind. So kamen auf der nachfolgenden 2003er / 2004er CD „Abstract Maelstrom Paragon“ erste Anleihen aus der Jazz-Harmonik hinzu, ebenfalls lässt sich hier eine breitere Einbettung der verschiedensten Metal-Elemente ausmachen. Mit diesem Ausgangspunkt entstand unser bisher vielschichtigstes Material für unser aktuelles Album „Damokles“. Es bedient sich bei Elementen der gesamten Metal-Bandbreite, der klassischen Instrumental- und Vokalmusik, der progressiven Rockmusik sowie des Jazz. Da alle Bandmitglieder einen ziemlich breiten Musikgeschmack besitzen, sehe ich unsere musikalische Entwicklung als natürlich und
logisch. Die Herausforderung, neue Zusammenhänge in der Musik zu finden bzw. herzustellen ist dabei für uns der Hauptantrieb.

Ihr habt ja viele Inspirationen verarbeitet, aber das klassische Motiv bei „By The Altar Of Reflection“ kam mir gleich zu Beginn so vertraut vor.

Das liegt vielleicht daran, dass dieses Motiv in der Barockmusik schon etliche Male seine Anwendung erfahren hat. Es handelt sich hierbei um ein Modulationsmotiv, mit dem man problemlos zwischen den Tonarten wechseln kann.

Stimmst du mir zu, wenn ich behaupte, dass eure Musik ziemlich anspruchsvoll ist und nicht unbedingt „so nebenher“ gehört werden kann?

Absolut! Da unsere Songs ziemlich komplex strukturiert sind, sollte man beim Hören nach Möglichkeit nichts anderes tun. Nach mehreren Durchläufen wird man aber auch entsprechend für seine Aufmerksamkeit entlohnt, indem sich dann die Zusammenhänge im Gesamtbild erschließen.

Ihr scheint aber auch Wert auf tiefgängige, ausgeklügelte und anspruchsvolle Klangwelten zu legen und nicht einfach nette Unterhaltungsmusik spielen zu wollen…

Wenn wir das wollten, hätten wir uns sicher schon bei einem dieser unsäglichen TV-Castings beworben, hehe... Nein, im Ernst: Wir alle lieben künstlerisch und emotional fesselnde Musik und versuchen einfach unsere Vorstellungen dahingehend bestmöglich umzusetzen. Das bedarf natürlich auch jeder Menge Detailarbeit...

Ist es nicht ziemlich aufwendig so komplexe Stücke zu realisieren, sowohl Aufnahmen als auch Konzerte betreffend?

Doch, das ist es. Als Konzertvorbereitung reicht es bei weitem nicht, unsere Stücke bei den gemeinsamen Proben durchzuspielen. Darum muss jeder seine Linien außerdem noch für sich selbst üben. Während es die moderne Aufnahmetechnik erlaubt, Songs partweise einzuspielen, muss live alles flüssig daher kommen. Stellenweise müssen einige Sachen umarrangiert werden, sodass sie sich auch in
Auftrittsbesetzung (2x Gitarre / Gesang, Bass und Schlagzeug nebst Synthies vom Band) spielen lassen.

Wollt ihr vorerst weiter bei Twilight bleiben? Es hat ja Vor- und Nachteile – einerseits müsst ihr alles selbst finanzieren, immerhin werden Vertrieb und Promotion übernommen.
Dafür sind euch jedoch keine Schranken gesetzt. Wahrscheinlich ein wichtiger Grund für euch, da sich eure Musik schlecht beschränken lässt, oder?


Richtig, auf künstlerische und darstellerische Freiheit legen wir sehr viel Wert, genauso aber auch auf Verlässlichkeit und Seriosität der Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten. Twilight gewähren uns ersteres, erfüllen letzteres und unterstützen uns in unserem Schaffen, so gut es von ihrer Seite aus geht. Außerdem halten sie sich genau an das, was sie sagen. Von daher ist ein Labelwechsel kein akutes Thema für uns.

Anstatt nun eure Texte und musikalischen Atmosphären zu zerpflücken, kannst du ja einfach mal erzählen, was ihr speziell mit eurer Musik verbindet und aussagen möchtet.

Für uns stellt Musik in Töne gefasste Emotion dar. Wir versuchen dabei in unseren Songs ein breites Spektrum an Stimmungen und Atmosphäre einzufangen und wiederzugeben. Die Texte sind bildhaft und metaphernreich formuliert. So ist zwar meist ein musikalisches bzw. lyrisches Konzept vorhanden, aber der Phantasie des Hörers sind dennoch keine Grenzen gesetzt.

Nun steht ja die Tour mit Vital Remains und Downscape an. In der Vergangenheit hattet ihr aber vergleichsweise wenig Auftritte. Nicht, dass ich euch den Spaß an Konzerten absprechen möchte, aber kann es sein, dass ihr eher eine Band seid, die Wert auf ausgefeilte Musik legt und nicht – wie andere Formationen – an jeder Straßenecke spielt?

Auf der einen Seite lieben wir es, Songs zu schreiben, bis zuletzt an ihnen zu feilen und dann aufzunehmen. Auf der anderen Seite schätzen wir es genauso sehr, live zu spielen. Deshalb freuen wir uns über jedes Auftrittsangebot und spielen überall, wo es zeitlich machbar ist und vernünftige Bedingungen geschaffen sind. Dass es bisher nicht so weit her war mit unserer Konzertpräsenz, liegt
also nicht an mangelnder Spiellaune, sondern an wichtigen Verpflichtungen in Studium und Beruf. Auch die anstehende Tour wäre auf Grund vorübergehender Auslandsaufenthalte von Gitarrist Gorbag und Bassist Draug C. nicht möglich gewesen. Doch glücklicherweise erhalten wir nun von Alexander F.J. Creuzfeld und Lothargie, mit denen ich auch in der Paranoia Metal-Band PSYKRA spiele, ebenbürtige Live-Unterstützung. In dieser Besetzung wird man uns in den nächsten Monaten live sehen und hören können.

Nun darfst du noch einen kleinen Blick in HIDDEN IN THE FOGs Zukunft werfen…

Erst mal wollen wir unser Album „Damokles“ so gut es geht live supporten und an die Europa-Tour mit Vital Remains noch jede Menge Konzerte in ganz Deutschland anschließen. Zunächst wird es Einzelgigs geben, Anfang nächsten Jahres planen wir wieder eine kleinere Tour. Nähere Infos gibt es zum entsprechenden Zeitpunkt auf unserer Website. Musikalisch wird es für uns in Zukunft noch viel Neues zu entdecken geben, da bin ich mir ganz sicher. Mehr verrate ich erst mal nicht...

So denn, vielen Dank, dass du dir Zeit für das Interview genommen habt! Die abschließenden Worte gehören dir.

Vielen Dank an dich für das Interview! Vielen Dank auch unseren Fans und sämtlichen Leuten, die uns unterstützen! Grüße gehen an alle Bands, mit denen wir bisher gemeinsam gezockt und gefeiert haben! Checkt unsere aktuelle CD „Damokles“ und schaut auf unseren Konzerten vorbei!
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