Die Geschichte von einem der auszog Böses zu stiften


Interview mit Wrath
Black Metal aus Deutschland
Hallo Nazgul, schön, dass du dir die Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten. Ich hoffe, dir geht’s im Moment gut genug.
Wie stehst du Interviews im Allgemeinen gegenüber. Notwendiges übel oder machst du es gerne. Als alleiniges Mitglied bei Wrath hast du ja die ganze Arbeit am Hals.

Hail! Ja, Interviews sind ganz in Ordnung, schätze ich, solange eine Band etwas interessantes zu sagen hat. Es ist okay, einige Interviews zu machen, damit die Leute meine Auffassung zu verschiedenen Themen kennen lernen.

Im Vorfeld herrschte bei mir einige Verwirrung bezüglich deiner Herkunft. Inzwischen hat mir Olaf von Einheit Prod. gesagt, dass du eigentlich Deutscher bist, aber schon sehr lange in England lebst. Wann hast du deine Heimat verlassen? Bist du öfter mal in Deutschland? Wie kam es eigentlich dazu, dass du Wrath in Kapstadt gegründet hast?
Meine Eltern stammen aus Deutschland, aber ich wurde in Kapstadt geboren. Vor drei Jahren bin ich nach England gezogen

Du hast „Viking“ der deutschen Black Metal Szene gewidmet. Kannst du aus der Ferne verfolgen, was hier so los ist? Kann man den deutschen Untergrund mit dem englischen vergleichen?
Ich versuche, auf dem Laufenden zu bleiben, was die deutsche Black Metal Szene angeht, aber es fällt mir schwer, weil kaum Kontakt mit jemandem dort haben. Meine bevorzugten Bands aus Deutschland sind Endstille und Vargsang [Volltreffer – fs]. Diese beiden Bands machen wirklich EXZELLENTEN starken Black Metal. Ich bin auch sehr gespannt, wie das neue Album von Graven klingen wird [Vargsang war bis vor einiger Zeit Mitglied bei Graven – fs].
Es ist mir nicht möglich, die deutsche und die britische zu vergleichen, weil ich über die britische Szene gar nichts weiß. Ich gehe selten unter Leute und reiße mir auch kein Bein aus, um Bands live spielen zu sehen oder dergleichen. Eigentlich gibt es nur ein paar Bands, die ich mir live ansehen würde. Im Wesentlichen verbringe ich meine Freizeit mit der Arbeit an den Songs, höre Musik oder lese.

Während ich diese Zeilen schreibe, prügelt gerade „Throne Of The Forgotten“ von Vargsang aus meinen Boxen und vergewaltigt meine Nachbarn. Kennst du die Band? Die Atmosphäre erinnert mich manchmal an deine Metal-Lieder, auch wenn deren Sound noch roher ist. Bei Vargsang ist die Entscheidung bewusst getroffen worden. Wie ist es bei dir? Ich gehe mal davon aus, dass es genauso ist, jedoch könnte der rohe und ungeschliffene Sound ja auch die Konsequenz aus einem geringen Budget sein.
Ja, ich weiß genau, was du meinst, Vargsangs „Throne Of The Forgotten“ ist SUPREME. Es ist vermutlich mein Lieblingsalbum 2005.
Naja, ich war immer der Ansicht, dass das Boss Metal Zone Pedal [Nazgul schreibt „peddle“, was eigentlich hausieren/betteln bedeutet. Hab’s mal frei von der Leber weg in „pedal“ umgedeutet - fs] einen großartigen Black Metal Sound hat, also entschied ich mich dafür es zu verwenden, als ich „Viking“ aufnahm und seit dem jedes Mal wieder. Ich habe beim Aufnehmen der Gitarren nicht viel am Sound verändert, außer, dass ich ein wenig Hall hinzugefügt habe.
Die Songs für die Alben „Hating jESUS“ und „Revenge“, die ich als nächstes angehen werde, sind fertig; demnächst steht noch das Mastern an. Die Strukturen haben sich im Gegensatz zu den Songs auf „Viking“ schon verändert, denn diese sind doch schon ziemlich alt. Als ich das Album aufnahm, stand ich auf der ersten Stufe der Entwicklung meines Klangs, welche ich nun mit „Revenge“ abgeschlossen habe.

Du hast mit „Viking“ ein echtes Sahnestück in Sachen old school Black Metal abgeliefert. Wie sind die Reaktionen anderer Magazine? Wie wichtig ist dir als Musiker die Meinung von Fans und Journalisten?
Viele der Kritiker hassen es und einige mögen es. Mir ist das egal. Ich bin froh, dass es Fans gibt, die meine Musik verstehen und sie auch würdigen, was natürlich großartig ist.


Ursprünglich hast du Wrath als Keyboard-Projekt gegründet und auch einige Veröffentlichungen in der Art getätigt. Wann kamst du zu der Entscheidung einerseits Metal-Stücke zu verfassen, in diesen die Keyboards strikt außen vor zu lassen?
Nach dem sich meine alte 2 Mann Band aufgelöst hat, startete ich Wrath als Soloband, in der ich ursprünglich lediglich Keyboards verwenden wollte um eine dunkle Atmosphäre zu erschaffen, und tatsächlich auch 3 komplette Alben voller Pagan Electronica veröffentlicht habe. Der Wechsel vom Keyboard zur Gitarre vollzog sich, als ich bemerkte, dass sie Stücke, die ich erschuf, besser klangen, wenn ich sie auf der Gitarre spiele. Wie zum Beispiel „Blasphemic Rage“ vom „Revenge“-Album, welches ein komplettes Neuarrangement eines Keyboard Songs ist, und jetzt nur in der Metal Form erscheint. Wahrscheinlich werde ich immer ein oder zwei Keyboard Stücke auf meinen Alben haben, weil ich die Atmosphäre mag, die dabei entsteht.
Auf den derzeitigen 3 Alben von Wrath wird es ein Lied geben, in dem ein kleiner Keyboard Teil verwendet wird, einfach weil ich glaube, dass beides zusammen nicht zu der Art Songs passt, die ich kreiere. Keyboards können songdienlich sein, um die Wirkung eines Songs auf die Ohren der Sterblichen zu erhöhen, aber einige Bands scheinen wohl zu vergessen, dass das nicht überall funktioniert. Für mich muss Black Metal roh sein, daher bevorzuge ich es, das Keyboard und Metal strikt zu trennen.

Steckt ein tieferer Sinn dahinter, die atmosphärischen Keyboard-Songs ans Ende der CD zu verfrachten? Mir ist es recht, denn ich kann recht wenig damit anfangen, ein Problem, dass ich übrigens bei Burzum auch hab.
Rückblickend muss ich sagen, dass die Entscheidung “Viking” vor “Revenge” oder “Hating jESUS” zu veröffentlichen, nicht die Beste war, denn es [Viking – fs] zeigt eine Band, die ihren Stil und Sound noch ausbildet, wohingegen bei den beiden späteren Alben diese Entwicklung der Musik von Wrath viel weiter fortgeschritten ist. Wahrscheinlich wäre es auch sinnvoll gewesen, „Revenge“ vor „Viking“ als Debüt zu veröffentlichen, aber mir ist es wichtig, die zeitliche Reihenfolge einzuhalten.
Die Tracks auf „Viking“ sind bewusst so angeordnet, dass die Metal Stücke zuerst kommen, gefolgt von der Pagan Electronica, denn ich wollte auf dem ersten Abschnitt Old Skool Berserker Metal und in der zweiten Hälfte Ereignisse der Einsamkeit und Besinnung.

Übrigens: Glückwunsch zu „Grey Skies“. Die melancholische Atmosphäre fügt sich wunderbar ins Gesamtbild ein, dazu die Akustikgitarren und deine klare Stimme – herrlich. Kannst du beschreiben, was beim komponieren in dir vorgegangen ist und wie es ist, diesen Song heute, mit einigem Abstand zu hören?
Nun, es wurde irgendwann mal um 4 Uhr morgens aufgenommen, als ich in ziemlich depressiver Verfassung war. Es kann sehr niederdrückend sein, in dieser pathetischen und schwachen Welt des 21. Jahrhunderts zu leben. Ich nahm die Akustikgitarre eines Freundes, die nicht wirklich gut funktioniert hat und einige alte Mikrofone, die er da hatte zum aufnehmen. Das Lied spiegelt wieder, was ich mich in der Nacht gefühlt habe, und nicht nur in dieser Nacht, die Sehnsucht nach einer heidnischen Lebensweise.

Im Allgemeinen handeln deine Texte ja eher von heidnischen Gedanken, als von Wikingern, wie man anhand des Album-Titels denken könnte. Sie sind antichristlich, aber nicht plakativ satanisch. Liege ich mit dieser Einschätzung richtig?
Nein ich schreibe absichtlich keine Texte, von denen man annehmen könnte, sie seien satanisch. Zwar verwende ich manchmal Begriffe wie „Dämonen“ usw. aber meine Texte sollten nicht als satanisch verstanden werden. Es sind heidnisch beeinflusste Lyrics, die aber offenkundig sehr antichristlich sind.

„You like the light / I love the darkness / You are weak / and I am strong // You are the sheep / I am unique / You dont like me / and I fucking hate you”. Ist die Welt wirklich so einfach? Gibt es nur schwarz und weiß?
Ich denke tatsächlich so, so sehe ich die Dinge. Für mich gibt es da kein Zwischending. Eine Person ist entweder Für etwas oder Dagegen, entweder man mag etwas, oder man mag es nicht. Wie Tag und Nacht. Schwarz und Weiß.

Letztes Thema: Da du Wrath alleine betreibst, lassen sich Live-Aufritte nur schwer durchführen. Verzichtest du darauf, deine Musik live zu präsentieren oder könntest du dir vorstellen, mit Session-Musikern zusammen zu arbeiten.
Ich würde meinen Berserker Black Metal gerne live spielen, aber zuerst muss ich würdige Session Musiker finden.

Damit sind wir schon am Ende angelangt. Ich wünsche dir viel Erfolg mit Wrath und danke dir für das Album, welches mir einige sentimentale Stunden bereitet hat. Die letzten Worte gehören dir.
Danke für das Interview und dein Interesse an Wrath.
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