Vegan, politisch und brutal


Interview mit The Agonist
Modern Metal aus Kanada - Montreal
Mit den kanadischen Newcomern THE AGONIST haben sich Century Media ein heißes Eisen in die Schmiede geholt, denn die Band besticht nicht nur durch engagierte Texte, sondern auch durch ein ziemlich brutales Brett irgendwo zwischen Modern Metal und Metalcore. Für uns packt Fronterin Alissa aus. Aber nicht das, was ihr jetzt denkt!


Hallo Alissa!
Lass uns mal ganz von vorne beginnen, da ihr ja wahrscheinlich dem Großteil unserer Leserschaft völlig unbekannt sein werdet. Es wäre also schön, wenn Du ein paar Worte zur Geschichte von THE AGONIST verlieren könntest.

Alissa:
Ich haben meine erste Band ungefähr zur gleichen Zeit (Juni 2004) verlassen, als Danny und Chris den Sänger ihrer Band gefeuert haben, die damals noch SOLACE hieß. Nachdem ich bei diversen Truppen vorgesungen hatte und sie ebenfalls einige Sänger angetestet hatte, entschieden wir, es zusammen anzugehen, Wir nannten uns THE TEMPEST und haben über hundert Shows in und rund um Quebec gespielt, bevor wir unser Debüt Album veröffentlicht haben, was dann von Century Media übernommen wurde. Jetzt heißen wir THE AGONIST und unsere Platte „Once Only Imagined“ kann weltweit erworben werden.

Leider kann man über euch im Internet nur wenig herausfinden. So weit ich weiß habt ihr zwar eine MySpace Seite, aber keine „richtige“ Homepage. Das wird sich hoffentlich bald ändern?!

Alissa:
Ja, auf jeden Fall! Unsere offizielle Webseite www.theagonist.net wird bald fertig sein und online gehen, wir arbeiten momentan an den letzten Kleinigkeiten. Es wird natürlich dann auch ausführliche Infos zur History und jedem Mitglied geben. Momentan arbeiten wir noch mit der MySpace Seite und beantworten nahezu jede Nachricht, die wir erhalten. Also, wenn die Fans dringende Fragen haben, können sie sich auch jederzeit direkt an uns wenden.

THE AGONIST ist ja nun (offensichtlich) eine weitere Band mit Frontfrau, was in der heutigen Metal Szene ein ziemlicher Trend geworden ist – auch wenn es bei richtig harten Bands nach wie vor eine Ausnahme darstellt. In wieweit bist Du dir darüber im Klaren, dass ihr alleine aufgrund dieser Tatsache mehr Aufmerksamkeit bekommen werdet als anderen Truppe? Oder ist das gar ein Umstand, den ihr bewusst ausnutzt?

Alissa:
Nun, ich bin schon man ganzes Leben lang weiblich, egal ob ich in einer Band war oder nicht! Ich lasse mich nicht darüber definieren, dass ich weiblich bin oder in einer Band spiele. Ich bin, wer ich bin und wir spielen die Musik, die wir spielen. Wenn ich männlich wäre, würde ich genau das gleiche machen – vielleicht aber ein paar Oktaven tiefer. Wir haben alle schon Musik gemacht, bevor die „Female Fronted“ Geschichte ein Trend wurde, und ich denke es ist eher etwas unglückliches Timing, denn ich könnte nicht damit leben, wenn man uns aufgrund so eines Schemas einfach einen Stempel aufdrücken und in einen Trend einsortieren würde.
Darüber hinaus denke ich nicht, dass wir den Fakt, dass ich eine Frau bin, mehr ausnutzen als nötig. Wir machen uns aber natürlich auch nichts vor: ein paar Leute werden uns aufgrund dessen mehr mögen, anderen wiederum jedoch auch nicht. Wir hoffen einfach, dass uns die Leute so nehmen, wie wir sind: wir sind Musiker, die Musik machen die wir lieben und versuchen, sie mit so vielen Leuten zu teilen, wie wir können.

In meinen Review habe ich euch mit euren Label Kollegen IN THIS MOMENT verglichen, die mit Maria Brink ebenfalls eine Sängerin in ihren Reihen haben. Was hälst Du von dieser Band, und wie findest Du solche Vergleiche?

Alissa:
Wie bei jeder anderen Band auch bin ich kein Freund von solchen Vergleichen. Ich würde nie nach einer Show zu einer Band gehen und ihnen sagen, dass sie wie jemand anders klingen. Ich kann mir kaum etwas Sinnloseres vorstellen. Aber ich weiß natürlich auch, dass viele Leute das als Kompliment annehmen, und dass die Leute es mögen, zu vergleichen und kategorisieren, daher lache ich meistens nur, wenn ich so was höre.
Zu IN THIS MOMENT: ich denke sie sind ne tolle Band, und obwohl ich sie noch nie getroffen habe, wünsche ich ihnen Erfolg und alles Gute!

Alissa, Du lebst vegan – beim Rest der Band bin ich mir nicht ganz sicher. Wie kann man so eine Einstellung mit dem typischen Rock’n’Roll Lifestyle vereinbaren? Gibt es da z.B. auf Tour nicht zwangsläufig Reibereien?

Alissa:
Eine gute Frage! Zum Glück sind meine Bandkollegen, auch wenn nur einer von ihnen Vegetarier ist, sehr verständnisvoll und unterstützen meine Einstellung. Es scheint ihnen nichts auszumachen, sich auf Tour gesünder zu ernähren. Wir kaufen zusammen ein und essen eher gesunde Sache als Junk Food. Ist doch für sie ne tolle Sache: sie gehen auf Tour und kommen gesünder wieder zurück!
Was den „Rock’n’Roll“ Lifestyle in Sachen Alkohol, Drogen und Groupies angeht: ich halte mich davon fern, aber die Jungs ziehen das schon – mit Bedacht – durch. Sie wissen, dass es bei Touren um Arbeit geht, und nicht darum, sich selbst zu einem Wrack zu machen. Sie machen verantwortungsvoll Party, und das macht mir nichts aus, solange sie nicht in meiner Nähe rauchen (igitt!).
Zu den Groupies bleibt zu sagen, dass die Jungs alle glücklich vergeben sind, also denke ich nicht, dass das ein Problem sein wird. Wir nehmen alle aufeinender Rücksicht und streiten nur selten, also denke ich, dass die Touren ein echter Spaß werden. Ich glaube nicht, dass es da zu großen Reiberein kommen wird.

Ihr seid ja eine politische Band, die mit ihren Texten etwas aussagen will. Leider waren die Lyrics bei meiner Promo nicht enthalten, also hast Du nun die Möglichkeit, unseren Lesern mitzuteilen, was euch auf den Herzen liegt:

Alissa:
Starke Überzeugungen sind der Antrieb für alle meine Texte. Seitdem wir mit Century Media zusammenarbeiten, sagen sie uns immer wieder, dass wir ständig sozialen und musikalischen Stereotypen wiedersprechen. Die Texte handeln hauptsächlich von Umwelt- und sozialen Themen, die im heutigen Leben ein große Rolle spielen. Als vegan lebender Mensch trifft und frustriert mich das ständige Zerstören unseres Planeten und das Quälen von Tieren sehr, also möchte ich alles tun, was in meiner Macht steht, um die aktuelle Situation zu verbessern und anderen darüber zu informieren. Darum habe ich auch Essays verfasst, die sich mit den Themen der einzelnen Songs befassen und online als Video veröffentlich werden.
Meine Inspirationen bekomme ich durch persönliche Erfahrungen. Die Wurzel jedes Songs, egal ob Tierversuche, Drogenmissbrauch oder Essstörungen, waren auf irgendeine Art mal Teil meines Lebens. Ich muss mit der Botschaft jedes Songs komplett vertraut sein, um ihn richtig umsetzen zu können, daher schreibe ich nur über Themen, die mir wirklich etwas bedeuteten.
Ich weiß natürlich, dass es unwahrscheinlich ist, eine Regierung zu finden, die jeden zufrieden stellt, ein Utopia, eine gewaltfreie Gesellschaft oder eine Lösung für die Probleme alle Menschen dieser Welt, seien sie wirtschaftlicher, umwelttechnischer oder kriegerischer Natur, aber das ist für mich kein Grund, alles zu ignorieren und mich mit dem jetzigen Zustand zufrieden zu geben.
Das bedeutet, dass sich die Musik von THE AGONIST sowohl an Leute richtet, die einfach ein paar gute Songs hören wollen, als auch an Menschen, die ein informative Auseinandersetzungen mit aktuellen Themen in ihrer Musik suchen.

Es ist nicht ganz einfach, euch in ein spezifisches Genre einzuordnen, daher habe ich euch ganz grob zwischen Modern Metal und Metalcore einsortiert. In welcher Ecke sehr ihr euch selbst?

Alissa.:
Das ist schwer zu sagen, ich würde uns eigentlich zu keiner der beiden Kategorien zählen. Alles was ich mit Sicherheit weiß ist, dass wir Musik machen, die wir lieben und das es so oder so auf jeden Fall Metal ist. Alle Einflüsse, die uns zu den Musikern gemacht haben, die wir heute sind, fügen sich zu THE AGONIST zusammen, und ich denke das macht unseren Sound kaum definierbar. Ich sage: wen interessiert, wie man es nennt? Genießt es einfach!

Wer sind eure musikalischen Vorbilder? Wer hat euch beeinflusst?

Alissa:
Das sind zu viele, um sie aufzuzählen! Ich weiß, dass die Einflüsse zwischen den Bandmitgliedern stark variieren, ich z.B. habe eher eine Garagenpunk Background. Danny kommt eher aus dem Bluesrock, aber wir alle mögen natürlich Metal. Ich mag persönlich auch Musicals, weil sie Texte und Melodien kreativ verbinden, und Klassik, weil sie den Hörer emotional unheimlich aufwühlen kann. Es gibt eigentlich keine Bands, die ich als Idole bezeichnen würde oder die mich in meiner Art zu Singen beeinflusst hätten, aber wir alle lieben die ganzen großartigen Metal Bands da draußen, wie z.B. IN FLAMES, SOILWORK, ARCH ENEMY, DIMMU BORGIR etc.

Mir ist aufgefallen, dass ihr euch vor Balladen konsequent gedrückt habt. Kann man das in der Zukunft mal von euch erwarten?

Alissa:
Das ist meine Schuld! Ich war noch nie ein Fan von Balladen, da fühle ich mich wie Whitney Houston oder so... als ob ich dabei ein Abendkleid tragen und in ein Ständer-Mikro singen müsste... haha! Für meine früheren Bands habe ich allerdings Balladen geschrieben, und ich bin mir sicher, dass eine auf dem nächsten Album stehen wird. Momentan macht es aber einfach mehr Spaß, schnelle und heavy Musik zu spielen. Es macht auch Spaß, ne Ballade zu singen, aber ich muss erst an einem Thema arbeiten, das es wert ist, in einer Ballade verarbeitet zu werden.

Nachdem ich den Songtitel „Take A Bow“ gelesen hatte, dachte ich erst, dass ihr da MADONNA gecovert habt. Seid ihr Freunde von solchen Geschichten? Kann man das auf einem kommenden Album erwarten?

Alissa:
Haha! Ich wußte gar nicht, dass es einen MADONNA Song namens „Take A Bow“ gibt, als ich den Track geschrieben habe. Das wäre aber ne tolle Idee! Covers sind schwierig, da es eine schmaler Grat ist, auf der einen Seite nah am Original zu bleiben, und auf der anderen Seite soviel zu verändern, dass der Song für sich selbst stehen kann. Danny und ich haben übrigens für das nächste Album schon eine gute Idee für ein Cover, und ich freue mich schon darauf, es aufzunehmen. Ich denke, das wird man so nicht von uns erwarten, und wenn wir es gut machen, werden die Leute es lieben. Bis jetzt bleibt das aber noch ein Geheimnis, auf das wir bis zum zweiten Album warten müssen.

Wie schaut es mit euren Tour Planungen aus? Können wir euch demnächst mal auf europäischen Bühnen erwarten; auf einem Festival oder ner Support Tour?

Alissa:
Ich hoffe wirklich, dass uns so schnell wie möglich die Ehre zuteil wird, in Europa zu spielen. Im Moment sind wir nur für Nord Amerika gebucht, aber hoffentlich bringen uns die Fans nach Europa, damit wir „Once Only Imagined“ auch dort supporten können. Bis dahin kann man uns durch Bilder und Videos erreichen. Und natürlich durch das Album.

Was erwartet ihr euch von „Once Only Imagined“? Wie geht es in der Zukunft mit THE AGONIST weiter?

Alissa:
Wir wissen wirklich nicht, was wir erwaren können. Dieses Album ist unser Baby, das langsam erwachsen wird und es mit der Welt aufnehmen will. Wir hoffen aber natürlich, dass und die Leute aufgrund unserer endlosen Stunden harter Arbeit, massiver Tourpräsenz und qualitativ hochwertiger Musik kennen lernen und THE AGONIST zu schätzen wissen – rund um den Globus. Wir hoffen, dass wir pro Show mindestens eine Person berühren und zu etwas Positivem inspirieren können.

Damit wären wir das auch am Ende, die letzten Worte gehören traditionell der Band:

Alissa:
Danke für das Interview. Ich hoffe ihr besucht alle mal www.myspace.com/theagonist und checkt unsere Songs, Bilder, Blogs und das bereits veröffentlichte Video an. Schaut auch mal in die Friend Section, dort sind ein paar andere tolle Bands aus Montreal verlinkt, z.B. THE PLASMARIFLE, 3 MILE SCREAM, DESPISED ICON und SYNASTRY.
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