Mit einem Bein im Märchen


Interview mit Calliophis
Death Doom Metal aus Deutschland - Leipzig
Interview mit Thomas (v.), Frank (g.) und Florian (dr.) von CALLIOPHIS am 21.07.2008 in Chemnitz im Studio II von Radio T für die Radiosendung Mosh-Club auf Radio T in Chemnitz. www.mosh-club.de.vu und www.radiot.de
Auf der Seite der Sendung könnt ihr euch das Interview als mp3 runterladen.

Beginnen wir einfach mal mit dem Urschleim. Ihr habt alle drei bei DISOBEDIENCE gespielt. Warum habt ihr DISOBEDIENCE beendet?

Florian:
Das ist halt im Sande verlaufen, und wir haben alle fünf gesagt, dass wir aufhören. Die Ausrichtung ging in unterschiedliche Richtungen. Wir wollten langsamere Sachen machen, andere Leute schnellere Sachen. Und dann haben wir halt gesagt, dass wir aufhören.

Und wieso dann zu dritt?

Frank:
Ursprünglich waren wir ja zu viert mit dem Chris, und der hat dann aber andere Hobbys gefunden.

Thomas: Das ist aber alles in Freundschaft auseinander gegangen, und wir sind auch noch alle gute Freunde.

Warum seid ihr in Richtung Doom Metal gegangen? War das von Anfang an klar oder hat sich das entwickelt?

Florian:
Wir wollten auf jeden Fall langsamere Sachen machen, aber zum Doom hat es sich mit der Zeit entwickelt. Ein halbes bis dreiviertel Jahr haben wir nur rumgejammt, bis wir dann auf einen Nenner gekommen sind.

Eure persönliche favorisierte Musikrichtung ist es ja aber nicht unbedingt.

Florian:
Doch.

Du hörst doch eigentlich nur Grindcore?

Florian:
Beides, von einem Extrem ins andere.

Und Thomas hört ja fast nur Schwedentod.

Thomas:
Kann man so sagen, aber ich muss dazu sagen, dass die Geschichte mit dem Doom eng für mich an den Frank gebunden ist. Anfang der 90er hab ich auch Sachen wie MY DYING BRIDE gehört, fand das ganz okay, aber konnte mich nicht so richtig dafür begeistern. Vor drei Jahren sind wir als Band aber durch den Frank auf SWALLOW THE SUN gestoßen, die uns genau wie AHAB sehr beeinflusst hat. So war es jedenfalls so, dass ich zum Doom zurückgeführt worden bin, und das ist auch eine Musik, die man schön selber machen kann.

Die Begriffe Grindcore und Death Metal sind ja schon gefallen. Das sind so Richtungen, die textlich oft in einer bestimmten Ecke stehen. Wo steht für euch der Doom, und wo steht ihr?

Thomas:
Wo Doom steht, ist mit einem Satz zu beantworten: Mit einem Bein im Grab. Textlich wollen wir Märchen vertonen und haben das auf dem Album auch schon mit zwei Märchen getan: „Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen“ und „Das kalte Herz.“ In Zukunft wollen wir das noch ausbauen, werden aber auch Themen, die uns selber betreffen oder uns in der Welt auffallen, nicht aussparen.

Ihr nehmt also eher unbekanntere Märchen? Die bekannten Sachen sind für mich eher die Sachen der Gebrüder Grimm.

Florian:
Das muss natürlich vom Inhalt passen. Die Märchen haben alle ihren Sinn, aber es gibt natürlich auch welche, die eher für das erwachsene Publikum als für Kinder zugeschnitten sind. Und „Das Kalte Herz“ ist hier eigentlich schon bekannt durch einen wunderschönen DEFA Film aus den 50er Jahren.

Thomas: Es sollen auch Märchen sein, die tragisch enden, und da werden wir in Zukunft auch mehr auf russische und skandinavische Märchen ausweichen. Unser Hauptanliegen damit ist, dass in den Märchen immer ein Funken Wahrheit steckt und man die schön auf unsere Zeit ummünzen kann.

Wie seid ihr auf den Bandnamen CALLIOPHIS gekommen und was steckt dahinter? Das ist doch nicht wirklich die orientalische Schmuckotter, oder?

Frank:
Ja, wir waren auf der Suche nach einem Namen, und die guten wie CANNIBAL CORPSE sind leider schon alle aus. Mein erstes Kriterium war, dass ich gerne einen Namen mit C gehabt hätte, und da haben wir alle gesucht. Ich bin dann auf CALLIOPHIS gestoßen, eine Schlangensorte, und dann war das spontan der Name.

Thomas: Der klingt auch sehr gut, und wir hatten eine Liste mit Namen gemacht, bei der aber mindestens die Hälfte raus gefallen ist, weil es die Bands alle schon gab. Wir hatten ein paar Namen, auf die wir uns aber nicht alle drei einigen konnten. Dann kam der Frank mit CALLIOPHIS, und das klang gut und hat in meinen Ohren auch was Geheimnisvolles.

Wollt ihr daraus mal ein Konzept machen oder ein Lied über Schlangen?

Florian:
Das ist eigentlich nicht unsere Absicht.

Thomas: Och, eine gute Idee, vielleicht.

Frank:Vielleicht gibt es ja auch ein Märchen mit Schlangen.

Mit „Doomsday“ habt ihr gerade eure erste CD aufgenommen – sehr plakativer Name...

Florian:
Das ist kein Zufall.

...die gerade noch gemastert wird. Habt ihr sie eigentlich mit Bass eingespielt oder ist das nur eine sehr tief gestimmt Gitarre?

Frank:
Nur Gitarre.

Habt ihr denn vor demnächst mit Bass zu arbeiten? Gab es in die Richtung schon Überlegungen?

Florian:
Wir sind uns unschlüssig. In erster Linie wollen wir mit Leuten zusammenarbeiten, die wir schätzen und kennen, und sind nicht auf der Suche und machen keine Ausschreibung. Es muss einfach harmonieren und sind momentan in dieser Besetzung ganz zufrieden.

Thomas: Ich bin einer aus der Band, der sehr gerne einen Bass dabei hätte, und wir haben auch schon von verschiedenen Musikern aus Chemnitz Zusagen, dass sie uns live begleiten würden. Live wäre das kein Problem, und wie das im Studio aussehen würde, überlasse ich der Instrumentalfraktion.

Kommen wir noch mal zu „Doomsday“ zurück. Wie sind denn die Songs entstanden? Bei vielen Bands entstehen sie durch das Jammen der Saitenfraktion. Heißt das bei euch, dass du alle allein schreibst, Frank?

Frank:
Mit Florian zusammen ganz herkömmlich im Proberaum. Da wird dann ein Riff ausgepackt und dann erkenne ich an Florians Augen, ob es ihm gefällt oder nicht.

Wie lange habt ihr an den Songs für die CD gearbeitet?

Florian:
Bevor wir überhaupt auf einen Nenner gekommen sind, haben wir ein halbes bis ein dreiviertel Jahr rumgejammt. Aber dann hatten wir angefangen im Juni letzten Jahres und hatten nach einem halbem Jahr fünf oder sechs Songs fertig. Einige Songs sind wirklich ganz klassisch während einer Probe entstanden, also zumindest das Grundgerüst.

Ihr habt dann beim Alex von PHILOSOPHER aufgenommen. Warum habt ihr euch für ihn entschieden?

Frank:
Aufgenommen haben wir aus finanziellen Gründen bei uns im Proberaum und haben uns dann an den Alex (www.kameaudio.de) gewandt, weil der ja jetzt den Weg in die Selbständigkeit gewagt hat und mir das sehr imponiert hat. Wir wollten ihm ein bisschen Anschub geben und seine bisherigen Arbeiten haben uns auch sehr gefallen.

Ich könnte jetzt sagen, dass Spötter sagen, ihr habt euch in Richtung Doom Metal bewegt, weil Death Metal für euch zu kompliziert war. Ich habt euch aber auf jeden Fall im Vergleich zu DISOBEDIENCE sehr weiterentwickelt.

Florian:
Die Weiterentwicklung sehen wir auch so; das stimmt auf jeden Fall. Das wir zu schlecht waren ist eine interessante Theorie. Die hab ich noch nie gehört.

Frank: Das würde ja auch bedeuten, dass Doom Metal schlechter oder eine Stufe niedriger als Death Metal, und das sehen wir eigentlich alle drei gar nicht so.

Florian: Uns wurde schon von einigen Leuten im Gegenzug gesagt, dass es viel komplizierter ist in der Geschwindigkeit zu spielen als schnellen Death Metal.

Thomas: Ich möchte noch anmerken, dass ich noch in zwei Death Metal Bands (PHILOSOPHER und EXTINCTIONIST, bjg) bin und da ganz gut mitkomme.

Aber siehst du bei deinem Gesang auch eine Weiterenwicklung? Vielleicht auch durch die beiden anderen Bands?

Thomas:
Definitiv. Es ist auch anders gelagert, und man wird auch älter, und die Stimme verändert sich, ob man das nun will oder nicht. Im extremen Gesangsbereich verändert sich halt die Stimme über die Jahre, und das sieht man auch bei den ganzen großen Leuten. Außerdem muss ich bei den drei Bands von den Geschwindigkeiten und tiefen Growls alles abdecken, und da hat sich die Stimme schon verändert. Ein Problem ist aber mein wunderbares Sächsisch, woran ich aber hart arbeite.

Das Thema live spielen hattet ihr ja schon angesprochen. Sind Auftritte von euch geplant?

Florian:
In der nächsten Zeit erst mal nicht. Wir denken eher Ende des Jahres, vielleicht im November. Es ist auch was geplant, aber noch nicht spruchreif. Es kamen schon gute Angebote über MySpace rein, von Festivals in Lettland bis zu einer Tour mit einer amerikanischen Band. Ob das aber für uns umsetzbar ist, steht in den Sternen. Das sind Entfernungen, die wir momentan finanziell nicht bewältigen können. Aber live wird definitiv Ende des Jahres etwas passieren, und wenn es spruchreif ist, wird es zu erfahren sein.

Zum Abschluss des Interviews dürft ihr euch ein lied für die Radiosendung wünschen.

Thomas:
Das kommt natürlich vollkommen unvorbereitet, aber da wir eine Doom Band sind, ist es natürlich logisch, dass wir uns Grindcore wünschen. Da allerdings ein etwas melodischeres Lied...

Florian: Ein Doom Grind Lied. Es handelt sich um „The Final Sleep“ von NASUM. Der Hintergrund ist, dass vor ein paar Monaten ein Mailorder eine Ausschreibung für ein Tribute Album für NASUM gemacht hat. Wir wollten da mitmachen und eine Doom Version eines NASUM Songs abliefern. Wir haben es aber zeitlich leider nicht geschafft, fanden aber die Idee gut, weil das Lied einfach schön drückt.

Thomas: Es klingt grotesk einen Grindcore Song in Doom zu verwursten, aber es ist ein sehr geiler Song und kein typischer Grindcore Song der Band NASUM.

Florian: Sehr groovig.

Thomas: Und man hört schon Skandinavien raus.
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