Wir machen unser eigenes Ding!


Interview mit My Silent Wake
Doom Metal aus Großbritannien - North Somerset

MY SILENT WAKE haben mit "A Garland Of Tears" kürzlich einen respektablen Einstand gegeben, der bei Fans von britisch geprägtem Doom durchaus auf Interesse stoßen dürfte. Per E-Mail erklärte mir Bassist Andi Lee, wie sich MY SILENT WAKE im Vergleich zu anderen Doom-Bands sehen und wieso sie glauben, stilistisch weit von MY DYING BRIDE und ANATHEMA entfernt zu sein. Viel Spaß bei der Lektüre!


Hallo Andi! Wie würdest Du eure Musik und euren Sound in Bezug auf die britische Doom-Szene beschreiben? Was macht eure Musik einzigartig?.

Andi
: Ich weiß nicht viel über die allgemeine Doom-Szene in Großbritannien, aber wir haben einige Freunde in anderen Bands, die nicht unbedingt Doom Musik machen, z.B. ESOTERIC, THE PROPHECY und ATTRITION und planen auch ein gesplittetes Album mit der tollen Doom-Band THE DROWNING.
Ich glaube, unser Sound basiert auf Gothic-Doom, ist aber auch von anderen Richtungen beeinflusst. Wir sind große Fans von Folk Musik und das hört man auch deutlich in unserer Musik, vor allem in den akustischen Balladen. Ich denke, dass die Vielfalt unserer Musik uns einzigartig und unverwechselbar macht, angefangen von mittelalterlichen Einflüssen über 70er Psychedelia bis hin zu Black Metal kann man alles in unseren Songs entdecken. Es klingt natürlich überheblich, zu behaupten, wir wären einzigartig, aber wir haben niemals da gesessen und haben versucht jemanden nachzuäffen.
Wir spielen die Musik, die wir mögen und wir stecken das in die Songs, was wir für nötig halten, ob das nun eine Blockflöte, eine Klarinette oder ein energischer Blast-Beat ist. Wir haben das Glück, auf ein großes Repertoire an instrumentellen Fähigkeiten innerhalb der Band zurückgreifen zu können, um ein großes Spektrum an Sound zu erschaffen. Uns ist es auch wichtig, sich dabei einfach wohl und gut zu fühlen

Euer Musikstil hat viel gemeinsam mit ANATHEMA und MY DYING BRIDE. Ist das reiner Zufall oder etwa Götterverehrung, weil ihr Fans dieser Bands seid?

Andi
: Gelegentlich, und auch eher zufällig, gibt es einige Gemeinsamkeiten, aber eigentlich sind unsere Stile doch sehr unterschiedlich (und die, der beiden genannten Bands auch)! Als Referenz für die Fans mag dieser Vergleich vielleicht sinnvoll sein, aber ich denke, dass sich unser Sound doch sehr von diesen Bands unterscheidet. Ich würde eher sagen, dass wir etwas mit Bands wie DEAD CAN DANCE gemein haben, aber wir sind auch schwer von psychedelischer Musik beeinflusst, von mittelalterlicher sowie folkloristischer Musik.
Innerhalb der Band sind die Geschmäcker breit gefächert, und da immerhin drei Leute die Musik bei uns schreiben, beinhaltet unser Sound wohl eher weniger Vergleichspunkte zu den Bands, denen wir musikalisch angeblich so ähneln. Ja, wir sind Fans von MY DYING BRIDE und einige von uns mögen auch ANATHEMA (obwohl ich persönlich jetzt nicht so der Fan bin). Allerdings bin ich der Meinung, dass jeder der Fan dieser beiden Gruppen ist, merken wird, dass wir denen gar nicht so ähnlich sind. Auch wenn ich hoffe, dass auch deren Fans uns schätzen. Vielleicht stellen die Leute solche Vergleiche aufgrund unseres Namens an oder weil wir lange Songs schreiben und wir schon Doom-Musik machen, aber ich denke nicht, dass das berechtigte Vergleiche sind.

Nochmal zur eben gestellten Frage: wie steht ihr zu Vergleichen mit Bands aus dem gleichen Genre?

Andi
: Naja, einen Teil der Antwort findest du in der Antwort zur zweiten Frage. Es schmeichelt uns natürlich mit bekannten Bands verglichen zu werden, aber unsere Einstellung dazu ist, dass wir unser eigenes Ding machen. Wir sind nicht eingeengt durch unsere Einflüsse (wir haben Johnny Cash und ATTRITION gecovered); ich persönlich bin großer Bewunderer von Leonard Cohan und höre klassische Musik. Ich höre weit mehr andere Musik als Metal. Ich meine, wie viele Songs haben MY DYING BRIDE und ANATHEMA geschrieben, auf denen Ducimer, Blockflöte und eine Mandoline zu hören sind? Ich höre gerade katalonisch-mittelalterliche Musik, während ich die Antworten hier tippe und darin höre ich viel mehr Gemeinsamkeiten, als mit moderner Musik.
Im Prinzip kümmern mich diese Vergleiche wenig, wie bereits gesagt; es ist sinnvoll für die Fans, aber es kann natürlich frustrierend sein, wenn die Vergleiche bequem und abschätzig sind. Auch wenn man Parallelen zu diesen Bands zieht, kann man dies nicht machen, ohne sich auf eine spezifische Zeit zu beziehen, denn Bands verändern und entwickeln sich weiter. So ist es eigentlich klar, dass Vergleiche ohne diese Bezüge von Leuten stammen, die entweder uns oder den anderen Bands nicht richtig zuhören.

Wie läuft bei euch das Songwriting ab, besonders bei den längeren Songs? Ist jedes Bandmitglied beteiligt oder gibt es einen Songwriter?

Andi
: Wie ich schon erwähnt habe, gibt es drei Songwriter in der Band. Obwohl anfangs Ian (Arkley; Vocalist), mit einigen Beiträgen meinerseits, hauptsächlich die Songs geschrieben hat, schreibt mittlerweile Kate (Hamilton, Bassistin) wesentlich mehr und bringt ihren vielseitigen Geschmack und Einflüsse mit ein. Und ich denke, dass kann man auch besonders auf dem neuen Album heraushören.
Wir arbeiten doch eher zusammen und sind einander behilflich, gerade weil wir auch untereinander gut befreundet sind, fühlt sich auch keiner angegriffen, wenn an den Songs etwas geändert wird oder jemand Verbesserungsvorschläge macht. Wir arbeiten oft zusammen, manchmal sogar bis zu einem Punkt, an dem man nicht mehr weiß, von wem welcher Teil stammt. Die Stücke entwickeln sich mit der Zeit, es gibt keinen Druck, ob sie kurz oder lang sein sollen. Es geht darum, dass sie uns gefallen. Die Texte jedoch werden individuell geschrieben, obwohl auch hier einige in gemeinschaftlicher Arbeit entstehen.

Was inspiriert euch zu euren Songs? Behandeln die Lyrics eher persönliche Erfahrungen oder erzählen sie von allgemeinen Themen?

Andi
: Unsere Texte sind natürlich sehr persönlich. Das ist auch der Grund, warum die eher alleine geschrieben werden. Obwohl, wie gesagt, wir sie manchmal auch den Anderen zeigen und revidieren. Ich denke, man kann nur über etwas schreiben, das man auch fühlt. Ich glaube nicht, dass es funktioniert, sich ein Thema auszudenken und dann eine Story über irgendwas zu schreiben. Es muss etwas sein, dass einen persönlich bewegt.
Allgemein sind wir, glaube ich, thematisch von der Natur und unseren Seelenleben beeinflusst – der Schmerz und die Trauer des Lebens, auch die Freude daran. Wir sind alle daran interessiert, was uns menschlich macht: unser Versagen, unsere Sehnsucht. Für mich ganz persönlich sind der Verlust des Glaubens und den Kampf, sich mit der Welt zu arrangieren, starke Themen in meinen Lyrics, obwohl ich abgesehen davon ein eher positiver Mensch bin. Musik ist ein gutes Ventil, um die Qualen des Lebens auszudrücken, aber sie ist auch heilend und erlösend. Und genau das reflektieren meine Texte, wie auch die von Ian und Kate. Wir haben alle viel durchlebt und sind dadurch zu dem geworden, was wir sind und wir glauben alle, dass wir dies durch unsere Musik zum Ausdruck bringen. Ich hoffe, keiner unserer Texte wird sich jemals gekünstelt anhören.

Verdient ihr mit der Musik euren Lebensunterhalt und habt ihr alle normale Jobs?

Andi
: Wir gehen alle einem normalen Beruf nach, denn uns geht es mit der Band nicht ums Geld verdienen – und das ist gut. Denn das tun wir auch nicht!
Unserem Drummer Steve gehört das Studio, in dem wir aufnehmen, also ist er eher derjenige, der den Lebensunterhalt durch die Musik verdient, wir anderen haben alle andere Jobs. Zum Glück arbeiten wir alle in Berufen, die uns Spaß machen und dadurch verdienen wir das Geld, um es in unsere Musik zu investieren. Außer Jason (auch Drums), wohnen wir alle im gleichen Ort, so dass es uns möglich ist, zusammen zu üben.
Ich mag es eigentlich, dass wir das wir uns geldlich nicht auf die Musik verlassen müssen, denn so haben wir keinen Druck, etwas kommerziell akzeptables produzieren zu müssen. So können wir uns Zeit nehmen, aufnehmen was immer wir wollen und wir können solange an unsere Songs arbeiten, bis wir damit zufrieden sind. Ebenso können wir uns unsere Gigs eher auswählen und aussuchen, als die schleppende Terminplanung einer Tour zu durchlaufen, die einige Bands erfahren.

Zum Schluss. Was ist Dein größter Wunsch für MY SILENT WAKE?

Andi
: Hey, das klingt jetzt möglicherweise klischeehaft, aber wir wollen einfach weiter Musik machen. Natürlich wäre es schön, auf ein paar großen Festivals zu spielen – und wir hatten schon die Gelegenheit in einigen großartigen Orten zu spielen – wir waren zum Beispiel in den Niederlanden letzte Woche. Wir sind glücklich mit Bombswork ein unterstützendes Label zu haben – sie lassen uns größtenteils machen, was wir wollen und sie haben sich nie in unsere Musik eingemischt. Dafür sind wir dankbar und hoffen, für lange Zeit weiterhin Alben aufzunehmen zu können. Doom on!
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