Der Seifenopern-Effekt


Interview mit Ära Krâ
Melancholic Black Metal / Metalcore aus Deutschland - Berlin
ÄRA KRÂ erstaunten vor Kurzem mit ihrer vielfältigen Mischung aus Post Rock, Black Metal und Metalcore und sahnten fette 9 Punkte ab mit ihrem Debüt "Ferne Tage". Natürlich weckte dies ein großes Interesse daran, was bei den Jungs nun eigentlich hinter den Kulissen vorgeht. Bloodchamber hakte nach.

Nabend, Jungs! Im Vorfeld ein großes Dankeschön dafür, dass ihr euch so schnell für das Interview bereit erklärt habt und euch die Zeit für selbiges nehmt. Aber beginnen wir gleich mit der ersten Frage. Wie kommt man eigentlich darauf, mal so eben melodischen Black Metal mit Core und Post Rock zu verbinden und da auch noch Breakdowns mit zu verwursten?


Haha, frag’ uns was Leichteres. Wir schreiben einfach Musik, ohne uns groß Gedanken zu machen, solange es etwas für uns bedeutet und uns gefällt. Es gibt dazu keinen besonderen Anlass – es kommt einfach so heraus.

Was für Reaktionen konntet ihr bisher ernten und wie zufrieden seid ihr damit, sowohl mit denen der Presse als auch von denen der Hörerschaft? Gibt es vielleicht sogar ein paar Szenepolizisten, die sich an euch stören, ähnlich wie es bei DER WEG EINER FREIHEIT der Fall ist?

Über die bisherigen Reaktionen können wir uns keinesfalls beklagen. Sowohl von Freunden, der Fachpresse als auch von den Fans wird die Scheibe sehr gut angenommen. Von der Szenepolizei haben wir noch nichts gehört.

Euer Debüt „Ferne Tage“ habt ihr bisher nur als Download und als auf 500 Stück limitierte CD herausgebracht. Seid ihr bis jetzt zufrieden mit den Verkäufen?

Mit den Verkäufen sind wir bisher sehr zufrieden. Trotz der Freiheit, das Album auch kostenlos herunterzuladen, gibt es einige Leute, die für den Download eine Spende geben. Und auch die CDs gehen nach und nach weg. Das gibt Bestätigung für unser Schaffen und freut uns natürlich sehr!

Wieso habt ihr euch entschieden, euer Album in kompletter Eigenproduktion herauszubringen? Wenn ich mir die schädelspaltende Produktion und die Tatsache anhöre, dass ihr dann wohl auch selber die 500 CDs habt pressen lassen, dann werdet ihr sicher sehr viel aus eigener Tasche bezahlt haben. Es gibt doch auch Plattenfirmen, die einem künstlerische Freiheit gewähren und dennoch finanziell auf einem Level sind, dass sie einem ein hochwertiges Studio bezahlen können.

Danke erstmal für die lobenden Worte zum Sound! „Ferne Tage“ haben wir allerdings bei jedem von uns zu Hause aufgenommen, wodurch wir für die Aufnahmen nichts weiter als unsere Zeit investieren mussten. Da es also keinen finanziellen Druck gab, konnten wir so lange daran feilen, bis wir mit dem Resultat komplett zufrieden waren. Was die Kosten für die Pressung sowie die laufende Promotion angeht, die mussten wir natürlich aus eigener Tasche zahlen. Wir bestreiten ja auch gar nicht, dass es Plattenfirmen gibt, die einer Band wie uns die komplette künstlerische Freiheit gewähren und sich ausreichend um Werbung kümmern. Jedoch hätte uns ein Vertrag keinen Gewinn auf dem Weg zu unserem Vorhaben gebracht, weshalb wir uns gegen eine Zusammenarbeit mit einem Label entschieden haben. Wir sind in der glücklichen Lage, vieles selbst in die Hand nehmen bzw. uns auch auf die Hilfe von Freunden verlassen zu können. Es funktioniert und es macht vor allem Spaß, von daher wollen wir diese Möglichkeit nicht missen.

Wollt ihr weiterhin vollständig unabhängig bleiben, oder käme für die Zukunft doch das ein oder andere Label infrage? Wenn ja, welches und warum?

Ausgeschlossen ist es nicht, bestimmte Kandidaten gibt es jedoch keine zu nennen.

Die Fachpresse mutmaßt viel über die Identitäten derer, die hinter ÄRA KRÂ stehen. Die häufigste dabei gefallene Vermutung ist die, dass der werte Adrian von FUCK YOUR SHADOW FROM BEHIND bei euch das Mikrofon in der Hand hält. Möchtet ihr da ein wenig mit eurer Geschichte und euren Identitäten auspacken oder kommt es euch ganz gelegen, dass keiner genau über euch Bescheid weiß? Sicher würde genaueres Hintergrundwissen ÄRA KRÂ für so manchen etwas greifbarer machen.

Das hat jeder für sich selbst herauszufinden. Wir sind der Meinung, dass es nicht wichtig ist, welche Personen hinter der Musik stecken. Dass keiner genau über uns Bescheid weiß ist auch mehr ein Mittel zum Zweck, um den Fokus auf die Musik zu legen und nicht auf die einzelnen Personen hinter der Band.

Pflegt ihr Kontakte zu DER WEG EINER FREIHEIT?

Wir kennen uns und betrinken uns regelmäßig, haha.

Auf eurer Facebook-Seite habe ich gelesen, dass ihr derzeit über kein Live-Lineup verfügt. Würdet ihr es grundsätzlich aber in Betracht zu ziehen, mal mit DWEF aufzutreten? Wäre eine feine Sache.

Da hast du Recht, momentan haben wir leider keine Live-Besetzung und wir wissen auch nicht, ob sich das in der nächsten Zeit oder überhaupt ändern wird. Falls es jedoch dazu kommen sollte, wäre ein Auftritt mit DWEF durchaus eine nette Angelegenheit.

Wie wäre es mit einer Split mit den Jungs?

Gute Idee, aber ich denke es ist eher unwahrscheinlich, dass sich so etwas in nächster Zeit ergeben wird.

Woher nehmt ihr eure musikalischen Ideen, die ja nun wirklich sehr genreübergreifend sind? Gibt es bestimmte Bands, die euch beeinflussen? Beispielsweise hatte „Neuschnee“ ein bisschen was von neueren ALCEST, wie ich bereits in meiner Rezension feststellte.

ALCEST sind uns natürlich bekannt, jedoch hat die Band keinen Einfluss auf unsere Musik genommen. Wir nehmen unsere Ideen aus dem Moment, aus dem Ton, aus dem Akkord, aus der Stimmung oder aus tausend anderen, alltäglichen Dingen, natürlich auch unter dem Einfluss der Musik, die wir gerade gerne hören. Es braucht einfach einen Anfang, auf dem aufgebaut wird, bis das Endergebnis für unsere Ohren stimmt.

Steht es bei euch zur Debatte, vielleicht auch Klargesang zu benutzen neben den Screams? Ich bin davon überzeugt, dass dies die Bandbreite eurer Musik bei richtigem Einsatz noch erweitern könnte.

Klargesang stand bei den Aufnahmen in der Tat zur Debatte – wir haben uns allerdings auf unsere Stärken besonnen. Derzeit befinden wir uns in einem Selbstfindungsprozess und müssen erst einmal schauen, in welche Richtung es weiter geht. Wenn es der Moment zulässt, warum nicht? Dann werden wir die Debatte wieder „entflammen“, wobei wir nicht auf Teufel komm raus versuchen werden, klaren Gesang einzusetzen.

Was hört ihr innerhalb der Band an Gruppen und Musikrichtungen? Vielleicht irgendwelche Empfehlungen, die ihr unseren Lesern geben könnt?

Alles mögliche, aber meistens kommt doch irgendetwas der härteren Gangart auf den Plattenteller. Momentan empfehlenswert ist die neueste SHINING (Swe) – "VII Född Förlorare". Wenn es weniger „hart“ sein soll wäre SOAP&SKIN meine erste Wahl.

Was haltet ihr von den verhärteten Fronten zwischen Anhängern der Schwarzmetall- und der Core-Szene? Wollt ihr mit „Ferne Tage“ vielleicht sogar insgeheim versuchen, ein wenig zu schlichten?

Als Schlichter verstehen wir uns definitiv nicht – das ist nicht unsere Aufgabe. Es ist auch nicht unsere Aufgabe darüber zu urteilen, wer Recht hat und wer nicht. Solche Diskussionen haben kein Ziel und wir können einfach nur dabei zusehen, was aber oftmals durchaus amüsant ist.

Mich interessiert auch sehr, ob bereits neues Material in der Mache ist, oder wann mit neuer Musik von euch zu rechnen ist?

Wir sind dabei, neue Musik zu schreiben, können aber bisher noch keinen konkreten Zeitraum nennen, wann wir etwas Neues veröffentlichen werden.

Wovon handeln eure Songtexte und wer verfasst sie? Wovon sind die Texte inspiriert?

Die Texte auf „Ferne Tage“ stammen aus der Feder von nur einer Person und sind sehr persönlich geprägt. Sie sind nicht nur sentimental sondern auch zeitlich autobiografisch zu verstehen. Es geht um Gedanken, Erlebnisse und Wünsche aus der eigenen Vergangenheit über das Gegenwärtige bis in die Zukunft. Jahreszeitlich bewegen sich die Texte dabei von Herbst bis Frühling.

Wolltet ihr auch mit dem übrigens sehr gelungenen und atmosphärischen Albumcover etwas ausdrücken?

Wir wollten dabei die Suche nach Zweisamkeit, nach einem Menschen, der genauso fühlt wie man selbst, der einen also vervollständigt, ausdrücken. Die junge Frau auf dem Cover soll diese Person darstellen. Der schlafende Wolf am Bett, als Beschützer in der grauen Welt, soll verdeutlichen, dass alles ruht – außer sie.

Gibt es irgendetwas, was ihr mit eurer Musik und euren Texten ausdrücken oder erreichen wollt?

Ich habe mich ehrlich gesagt nie wirklich damit beschäftigt, ob ich mit der Musik etwas ausdrücken will. Aber wenn man darüber nachdenkt, kann das schon gut sein, dass ich durch die Musik probiere, Erlebtes zu verarbeiten. Die Texte hingegen sind einerseits ein Zeitdokument und bergen sehr viel Persönlichkeit und viele Erinnerungen in sich und können vielleicht auch eine kleine Stütze für Hörer sein, die Ähnliches erleben. Speziell zu diesem Album ein Trost, dass sie nicht die Einzigen sind, die so fühlen. Der Seifenopern-Effekt sozusagen, haha.

Als unter anderem auch Drummer frage ich – was haltet ihr von Triggern bei der Schlagzeugaufnahme?

Wir sind neben ENDSTILLE und KOLDBRANN als einzige Band ebenfalls in der Anti-Trigger-Foundation „STOP THE MADNESS“ vertreten. Nein, im Ernst, für manche Bands macht es Sinn, für viele nicht. Es kommt auch immer darauf an wie viel man vom Drumkit eigentlich triggert – nur die Kick, die Snare oder gleich alles, was Felle hat? Ein entscheidender Punkt ist ebenfalls, was man mit den getriggerten Spuren macht. Alles zurecht editieren bis man keinen echten Drummer mehr gebraucht hätte oder einfach die Möglichkeit nutzen, auf Nummer sicher zu gehen, um evtl. 3-4 Schläge zu korrigieren.

Wie lange und wo habt ihr „Ferne Tage“ eigentlich aufgenommen, dass das gute Stück so präzise und alles niederwalzend klingt?

Wie schon in einer der vorhergehenden Fragen beantwortet, haben wir alles in unseren eigenen Räumlichkeiten aufgenommen. Warum das gute Stück so präzise klingt, liegt wahrscheinlich daran, dass wir uns sehr um Tightness bemüht haben und unser guter Gitarrist, der sich um die gesamten Aufnahmen gekümmert hat, nicht mit sich spaßen ließ und auch sonst einen guten Job hinter den Reglern hingelegt hat.

Für Fans interessant ist sicher auch die Frage, ob man euch irgendwo 2011 auf einem Konzert oder Festival antreffen kann, um vielleicht ein Wörtchen mit euch zu wechseln, sofern ihr euch bis dahin nicht noch inkognito gebt, hehe. Publikumsnähe scheint eine eurer Stärken zu sein, wenn man sich eure Aktivität bei Facebook ansieht.

Die Nähe zu unseren Hörern ist uns trotz der Tatsache, dass wir den meisten Leuten doch komplett unbekannt sind, allgemein sehr wichtig. Wir werden sicherlich auf ein paar Konzerten und Festivals dieses Jahr zugegen sein, und falls uns der ein oder andere (er)kennt – wir sind immer offen für ein Gespräch!

Werdet ihr außerdem in absehbarer Zeit Merchandising herausbringen? Ich denke da vor allem an Aufnäher.

Merch ist in Planung, dauert aber sicherlich noch ein Weilchen.

Zum Abschluss noch ein paar Kurzfragen mit kleinem Statement zu jeder Antwort, bitte. Metalcore oder Black Metal?

Metal.

Akustische oder elektrisch verstärkte Musik?

Dynamik ist das Stichwort, daher beides.

Farbenfroher Sommer oder düsterer Winter?

Sommer.

Musikdownload oder physischer Tonträger?

Zum Kennenlernen der Download, zum Lieben der Tonträger.

CD oder LP?

Erstes fürs Auto, zweites für daheim.

Das war es auch schon von mir! Vielen Dank für die Beantwortung aller Fragen und euch weiterhin viel Glück mit eurer Scheibe und auf eurem weiteren Werdegang! Die letzten Worte gehören euch.

Ein großes Dankeschön an dich, dass du dir die Zeit für die Fragen und die Unterstützung genommen hast, sowie bei allen Hörern, die unser Album heruntergeladen oder gekauft haben!
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