Die Deather scheissen auf irgendwelche imaginären Konventionen der Szene
Interview mit Fallen Yggdrasil
Melodic Death Metal aus Deutschland - Tübingen
Melodic Death Metal aus Deutschland - Tübingen
Mit „Building up A Ruin to Come“ haben die Schwaben ein starkes Werk
abgeliefert, dass sie auf ihrem Weg zum Death Metal Victory noch ein gewaltiges Stück nach vorne bringen wird. Nun, nach einer Tour mit DISMEMBER, einem kleinem aber nicht unlösbarem Line Up Problem und mächtig Feuer unterm Arsch sind FALLEN YGGDRASIL bereit wieder vollends anzugreifen. Genügend Gründe also, um mal ein kleines Fragespielchen mit Fronter Simon Kratzer zu veranstalten, der sich auch nicht lange bitten lässt…
Erzähl doch mal was über das aktuelle Geschehen. Ihr habt euch ja erst kürzlich von eurem Gitarristen getrennt. Was steht nun so an, ist schon Ersatz in Aussicht, und vor allem, was waren die Gründe für die Trennung?
Simon: Wir machen weiter wie bisher. Das heißt: Bis ein Ersatzmann gefunden ist, werden wir einfach zu viert bleiben. Das ist live zwar nicht ganz optimal, aber auch kein größeres Problem. Wir werden natürlich versuchen, möglichst schnell einen Nachfolger für Dennis zu finden, aber wir wollen uns die nötige Zeit nehmen und dabei keinen faulen Kompromiss eingehen. Dennis musste die Band verlassen, weil er nicht mehr das zeitliche Engagement bringen konnte, das die Band fordert. Das war ja bisher bei jedem Besetzungswechsel der Bandgeschichte in der einen oder anderen Form Grund der Trennung. Deswegen wird die Frage danach, welche zeitlichen „Opfer“ der Neue bringen kann und will, eines der zentralen Kriterien bei der Nachfolgersuche sein. Bisher hat sich in der Hinsicht aber noch nichts Spruchreifes ergeben.
Wie seht ihr "Building Up a Ruin to Come" im Vergleich zum Vorgänger? Meiner Meinung nach habt ihr einen kleinen aber feinen Schritt nach vorne gemacht was das Songwriting angeht..
Simon: Ja, ich glaube, dass wir das so unterschreiben könnten. Wir haben diesmal mehr Wert darauf gelegt, die Lieder in sich etwas „kompakter“ zu gestalten. Außerdem haben wir etwas mehr Wert auch spieltechnische Feinheiten gelegt, zum Beispiel was zweistimmige Gitarrenparts anbetrifft. Ich denke, „Building...“ ist ein wichtiger Markstein in der Entwicklung der Band, wobei das irgendwie eine recht hohle Phrase ist, denn jede Veröffentlichung ist irgendwie ein „wichtiger Markstein“, haha. Der Vorgänger „In no sense...“ war in gewisser Hinsicht noch stärker von der Suche nach einem gangbaren musikalischen Pfad bestimmt, während wir uns bei „Building...“ unserer Sache sicherer waren. Auf „Building...“ haben wir im Vergleich zu „In no sense...“ vieles verfeinert, bei einigen Dingen, zum Beispiel dem Gesang, auch etwas andere Wege beschritten. Man weiß als Band ja gar nicht immer so genu, wo man musikalisch gesehen übehaupt hin will, aber ich glaube, dass wir mit „Building...“ diesem – unbekannten – Ziel ein ganzes Stück näher gekommen sind. Ich erwarte, dass wir es mit der nächsten Platte erreichen werden. Wobei das dann natürlich auch nicht das endgültige Ziel sein kann, sondern nur ein vorläufiges ...
Bei euch wird das Klischee der bluttriefenden Death Metal Texte ja quasi völlig ignoriert, und eure Lyrics sind mit unter eher tiefergehend. Warum ist das so? Habt ihr da spezielle Ansprüche an euch selbst, oder ist euch das ganze Gore Zeug nur zuwider?
Simon: Sowohl als auch. Keiner von uns steht auf diese ganzen Goresachen mit Zombies, Mord und Totschlag und was weiß ich. Viele Leute erwarten so etwas wohl von einer Death Metal Band, weil es angeblich "dazu gehört". Und viele Bands machen es widerum, weil sie ebenfalls denken, dass es „halt dazugehört“ – und weil sie Angst haben, dass sie sich die Leute verprellen, wenn sie den Erwartungen nicht nachkommen. In so und so vielen Fällen ist es auch schlicht und einfach eine genau kalkulierte Vermarktungsstrategie, der auch erstaunlich viele Leute auf den Leim gehen. Ich persönlich hab damit auch nicht unbedingt ein Problem, was mich aber ärgert, ist, wenn Bands sagen: "Wir wollen durch das Lied X, in dem die Vergewaltigung einer Frau minutiös geschildert wird, provozieren“. Ja supi, und wen bitte wollt ihr damit provozieren? Diejenigen, die Vergewaltigungen für ein übles Verbrechen halten? Was bitteschön ist falsch daran, Vergewaltigungen für ein Verbrechen zu halten? Schon mal auf die Idee gekommen, dass man mit so einem Text die „Guten“ provoziert und den „Bösen“ eine Onaniervorlage liefert ? Um’s kurz zu machen: Eine solche „Provokation“ ist komplett sinnentleert. Das „Provozieren um des Provozierens Willen“ mag ja ein Recht der Jugend sein, aber ab einem bestimmte Alter erwarte ich von Leuten, die sich für Künstler halten, etwas mehr Reflexion. Manchmal habe ich das Gefühl, dass viele Leute in der Szene über so Geschichten ähnlich denken wie ich, dass sie es aber nicht zu sagen trauen, weil sie Schiss haben, sie könnten dann als „uncool“ gelten. Diese ganzen „Metal – Gesetzte“ gehen mir zum Teil echt auf den Wecker. „Metal“ bedeutet ja wohl Freiheit, Unabhängigkeit und so Sachen – und trotzdem soll man sich permanent an irgendwelche „Szene-Reinhaltungs-Regeln“ halten, die irgendwann mal irgendwer vermutlich im Suff aufgestellt hat? Zum Beispiel Pragraph 12, Absatz 7a, Zeile 5: „Eine Death Metal Band muss von Mord und Totschlag singen“. Ehrlich, ich kotz gleich. Ich hasse Horrorfilme und Goretexte. Ich mag Slayer nicht und Death auch nicht – und viele andere Bands, die zu mögen zum „guten Ton“ gehört, gehen mir auf den Schnürsenkel... Komm ich jetzt als „whimp and poser“ vor das Metaltribunal, nur weil ich mir nicht jedes Klischee zu eigen mache? Wer Horrofilme mag, soll sie schauen. Wer Slayer gut findet, soll sie hören. Aber es wäre – oder ist - ein Armutszeugnis für die Szene, wenn die Leute Horrorfilme schauen MÜSSEN, um als „cool“ zu gelten, und Slayer hören MÜSSEN, um akzeptiert zu werden. Da gibt es ja nun wirklich bessere Kriterien, nach denen man einen Menschen beurteilen kann.
Auch eure deutschen Textpassagen zeichnen euch aus. Wie kam es denn dazu? Und wieso macht ihr nicht mal einen ganzen Song auf deutsch, und nicht immer nur eingestreut?
Simon: Wir haben damit gerechnet, dass im Radio bald diese Quote eingeführt wird, derzufolge soundsoviel Prozent der gespielten Musik deutschsprachig sein muss – und da dachten wir uns, dass unsere Chancen auf Airplay mit deutschen Texten extrem steigen, haha. Nein, natürlich Quatsch, der ware Grund ist viel simpler: Ich bin ja nun kein englischer Muttersprachler, deswegen habe ich Texte schon immer zunächst auf Deutsch geschrieben und dann erst anschließend in’s Englische übersetzt – mit dem Effekt, dass das dann manchmal nicht mehr das war, was es ursprünglich hätte sein sollen. Weil dieses Verfahren ja eigentlich bescheuert ist, hab ich irgendwann angefangen, die Texte mindstens zum Teil auf Deutsch zu lassen. Der Anteil an deutschen Passagen ist dabei unterschiedlich, „New Age Mephisto“ war zum Beispiel – bis auf den Titel – komplett auf Deutsch, bei anderen Songs ist es nur ein Refrain. Die neuen Lieder, an denen wir gerade arbeiten, werden vermutlich wieder recht große deutschsprachige Anteile haben.
Ihr wart nun auf Tournee mit u.a. Dismember. Berichte doch mal von euren Erfahrungen, Erlebnissen etc.
Simon: Das war gar nicht so spektakulär, weil wir nur einen Teil der Tour mitgemacht haben.Wir sind mit unserem eigenen Tourbus gefahren und haben deswegen nicht den engen Kontakt zu den anderen Bands gehabt, so dass ich Euch gar keine besonderen Geschichten über die anderen Jungs erzählen kann – mal ganz abgesehen davon, dass man als loyaler Musikerkollege über so manche Sache ohnehin besser den „Mantel der Verschwiegeheit“ ausbreiten sollte, haha. Insgesamt sind wir livetechnisch mit über 100 gespielten Konzerten schon ziemlich „alte Hasen“ und Dismember sind ja beileibe nicht die erste „große“ Band, mit der wir gespielt haben. So würde ich persönlich das Ganze auch nicht überbewerten. Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber für mich waren die Gigs mit Dismember vom Feeling her nun nicht unbedingt so viel anders, als andere Konzerte. Weißt Du, es ist ja nicht so, als würde man sich bei einem solchen Gig mehr anstrengen als bei einem kleinen Undergroundgig, nur weil da noch größere Bands mitspielen. Wir sind eine Band, die immer Vollgas gibt, da ist es komplett unerheblich, wieviele Leute da sind, oder ob da Dismember mitspielen. Aber man hat auf so Konzerten natürlich die Chance, von Leuten wahrgenommen zu werden, die manauf einem Underground – Konzert nicht antrifft und folglich auch nicht erreichen kann. Ich neige dazu, so Sachen in der Zwischenzeit pragmatisch zu sehen – vor einigen Jahren hätte ich vermutlich noch einen Nervenzusammenbruch erlitten, wenn man mich mit Dismember, die ja ein paar unglaublich geniale CDs gemacht haben, auf die Bühne gestellt hätte, haha.
Könntest du nochmal erklären, warum die Konzerte in Nürnberg und Stuttgart ausgefallen sind? Was ist denn da vorgefallen?
Simon: Es ist so, dass zwar Bruchstein Tours die Tour organisiert haben, dass es aber für einzelne Konzerte noch lokale Veranstalter gab, die quasi in Absprache mit Bruchstein weitgehend eigenständig Konzerte organisiert haben. Die Konzerte in Stuttgart und Nürnberg zum Beispiel wurden von einem Typen einer Agentur, deren Namen mir jetzt gerade nicht einfallen will, gemacht. Offenbar muss der Vorverkauf für das Konzert in Nürnberg nun aber nicht so gut gelaufen sein, so dass er kalte Füße bekommen, und kurzfristig beide Konzerte abgeblasen hat – nur hat er weder Bruchstein, noch unserer Agentur Black Earth, noch uns persönlich Bescheid gegeben. Wir sind also ganz unbedarft nach Nürnberg gefahren. Kurz vor Nürnberg haben wir die SMS eines Stuttgarter Bekannten bekommen, in der er uns mitgeteilt hat, dass in Stuttgart das Gerücht umginge, das Konzert falle aus. Weil wir keine definitive Information erhalten konnten, sind wir dann zunächst trotzdem nach Nürnberg gefahren – wo wir tatsächlich zusammen mit den anderen Bands vor verschlossener Tür standen... Wenig später ging dann das Gerücht rum, wir, also Fallen Yggdrasil, hätten den Ausfall der beiden Konzerte verschuldet. Offenbar hat man versucht, uns mit der betreffenden Agentur in Verbindung zu bringen, was aber kompletter Quatsch ist. Da wollte uns offenbar jemand gezielt ans Bein strullern.
Euer Name an sich klingt eher nach Pagan oder Viking Metal. Wie kamt ihr gerade auf sowas? was bedeutet er für euch? Werdet ihr oftmals einer anderen Stilrichtung zugeordnet? Habt ihr schonmal daran gedacht euch umzunennen?
Simon: Der Name ist eine spontane „Kreation“ von mir. Ich hab mich damals mit Mythologien verschiedner Kulturkreise beschäftigt und das Bild des Weltenbaumes („Yggdrasil“) aus der nordischen Mythologie hat mir gut gefallen – obwohl die nordische Sagen ansonsten keinen unbedingt starken Eindruck auf mich gemacht haben... Für uns hat der Name natürlich keinerlei religiöse Bedeutung - so wenig, wie wir an den germanischen Götterpantheon glauben. Für uns ist der Name nur in seiner übertragenen Bedeutung von Belang: Als Symbol des endgültigen Unterganges. Wir werden aber tatsächlich noch immer oft in Verbindung mit Pagan Metal oder Black Metal gebracht deswegen. Ganz abgesehen davon hat der Name natürlich noch ganz andere Tücken: Er ist nicht so einfach zu behalten, man wir dauern nach der Bedeutung gefragt und vor allem: Er eignet sich gut zu Witzen der Sorte „Yggdrasil = Clearasil“, hahaha. Auf der anderen Seite ist es ein ziemlich auffälliger Name und insofern passt das dann auch wieder. Trotzdem habe ich vor Jahren mal einen Vorstoß unternommen, in zu ändern, aber ich wurde aber damals von den anderen überstimmt...
Was bedeutet Death Metal für euch (im Booklet steht ja immer Death Metal Victory). Und vor allem welche Richtung bevorzugt ihr da. An eurem Sound lässt sich das ja nicht immer zweifelsfrei erkennen. Und was haltet ihr von den "neuen" modernen melodischen Death Metal Bands, die nun schon fast "trendy" sind?
Simon: Als wir nach der Gründung der Band das allererste Mal in den Proberaum gegangen sind, war von vornherein klar, dass wir Death Metal machen wollen, obwohl man darüber davor eigentlich nie gesprochen hat... Ich denke, das erklärt schon vieles, oder? Wir hören zuhause zwar keineswegs nur Death Metal, sondern auch ziemlich alle anderen Metalarten und einige andere Sachen, aber ich selbst möchte selbst nichts anderes machen. Oder eher so: Ich könnte mir schon vorstellen, nebenher noch etwas anderes zu probieren, aber ich wollte den Death Metal nicht für eine andere Musik aufgeben, dazu gefällt mir selbst diese Musik viel zu gut – außerdem passt es musikalisch hervorragend zu dem, was ich thematisch in den Texten ausdrücken will. Wie bereits angedeutet hören wir im Metal – und damit auch im Death Metal – Bereich so ziemlich alles mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten, wobei wir unsern gemeinsamen Nenner im schwedischen Death Metal haben, insbesondere dem der frühen Neunziger, also bevor der Göteborg – Trend aufkam und viele Bands immer melodischer und klinischer wurden.. Das ist nun gar nicht mein Ding, die anderen Jungs sehen das zum Teil wohl anders. Ich persönlich habe zu solchen Bands nie einen richtigen Zugang gefunden – was übrigens auf keinen Fall heißt, dass die schlechte Mucke machen, aber bei mir springt da der Funke nicht so ganz über.
Was das mit dem „Death Metal Victory“ anbetrifft: Das war eine zeitlang so ein Leitspruch von uns insbesondere Live, auf Booklets hatten wir das aber glaube ich nicht drauf. Wir haben das mal eingeführt, als wir bei einem Festival im Vorfeld von einer der anderen Bands ziemlich von oben herab behandelt worden sind, so nach dem Motto: „Death Metal ist doch nur infantiler Krach, den niemand mag“. Naja, die Jungs haben wir dann, als es drauf ankam, nämlich auf der Bühne, odentlich an die Wand gespielt – und danach hat irgendwer in Hinblick auf diese Looser gesagt: „Fallen Yggdrasil haben den Death Metal Victory davongetragen“, haha. Weil Unleashed das aber auch verwendet haben, haben wir das irgendwann wieder begraben ...
Nun denn, Dankeschön Simon, für die Beantwortung meiner Fragen. Letzte Worte liegen wie immer beim interviewten…
Simon: Erstmal vielen Dank für das Interview & Eure Arbeit im Dienste des Metal! Die aktuelle CD von uns heißt „Bulding up a ruin to come“ und sollte überall zu beziehen sein. Wenn Ihr sie nicht im Laden findet, könnt Ihr sie bei jedem venünftigen Mailorder bestellen oder direkt bei der Plattenfirma: http://www.s-c-r.de. Weitere Informationen zur Band indet Ihr unter http://www.fallen-yggdrasil.de.
Erzähl doch mal was über das aktuelle Geschehen. Ihr habt euch ja erst kürzlich von eurem Gitarristen getrennt. Was steht nun so an, ist schon Ersatz in Aussicht, und vor allem, was waren die Gründe für die Trennung?
Simon: Wir machen weiter wie bisher. Das heißt: Bis ein Ersatzmann gefunden ist, werden wir einfach zu viert bleiben. Das ist live zwar nicht ganz optimal, aber auch kein größeres Problem. Wir werden natürlich versuchen, möglichst schnell einen Nachfolger für Dennis zu finden, aber wir wollen uns die nötige Zeit nehmen und dabei keinen faulen Kompromiss eingehen. Dennis musste die Band verlassen, weil er nicht mehr das zeitliche Engagement bringen konnte, das die Band fordert. Das war ja bisher bei jedem Besetzungswechsel der Bandgeschichte in der einen oder anderen Form Grund der Trennung. Deswegen wird die Frage danach, welche zeitlichen „Opfer“ der Neue bringen kann und will, eines der zentralen Kriterien bei der Nachfolgersuche sein. Bisher hat sich in der Hinsicht aber noch nichts Spruchreifes ergeben.
Wie seht ihr "Building Up a Ruin to Come" im Vergleich zum Vorgänger? Meiner Meinung nach habt ihr einen kleinen aber feinen Schritt nach vorne gemacht was das Songwriting angeht..
Simon: Ja, ich glaube, dass wir das so unterschreiben könnten. Wir haben diesmal mehr Wert darauf gelegt, die Lieder in sich etwas „kompakter“ zu gestalten. Außerdem haben wir etwas mehr Wert auch spieltechnische Feinheiten gelegt, zum Beispiel was zweistimmige Gitarrenparts anbetrifft. Ich denke, „Building...“ ist ein wichtiger Markstein in der Entwicklung der Band, wobei das irgendwie eine recht hohle Phrase ist, denn jede Veröffentlichung ist irgendwie ein „wichtiger Markstein“, haha. Der Vorgänger „In no sense...“ war in gewisser Hinsicht noch stärker von der Suche nach einem gangbaren musikalischen Pfad bestimmt, während wir uns bei „Building...“ unserer Sache sicherer waren. Auf „Building...“ haben wir im Vergleich zu „In no sense...“ vieles verfeinert, bei einigen Dingen, zum Beispiel dem Gesang, auch etwas andere Wege beschritten. Man weiß als Band ja gar nicht immer so genu, wo man musikalisch gesehen übehaupt hin will, aber ich glaube, dass wir mit „Building...“ diesem – unbekannten – Ziel ein ganzes Stück näher gekommen sind. Ich erwarte, dass wir es mit der nächsten Platte erreichen werden. Wobei das dann natürlich auch nicht das endgültige Ziel sein kann, sondern nur ein vorläufiges ...
Bei euch wird das Klischee der bluttriefenden Death Metal Texte ja quasi völlig ignoriert, und eure Lyrics sind mit unter eher tiefergehend. Warum ist das so? Habt ihr da spezielle Ansprüche an euch selbst, oder ist euch das ganze Gore Zeug nur zuwider?
Simon: Sowohl als auch. Keiner von uns steht auf diese ganzen Goresachen mit Zombies, Mord und Totschlag und was weiß ich. Viele Leute erwarten so etwas wohl von einer Death Metal Band, weil es angeblich "dazu gehört". Und viele Bands machen es widerum, weil sie ebenfalls denken, dass es „halt dazugehört“ – und weil sie Angst haben, dass sie sich die Leute verprellen, wenn sie den Erwartungen nicht nachkommen. In so und so vielen Fällen ist es auch schlicht und einfach eine genau kalkulierte Vermarktungsstrategie, der auch erstaunlich viele Leute auf den Leim gehen. Ich persönlich hab damit auch nicht unbedingt ein Problem, was mich aber ärgert, ist, wenn Bands sagen: "Wir wollen durch das Lied X, in dem die Vergewaltigung einer Frau minutiös geschildert wird, provozieren“. Ja supi, und wen bitte wollt ihr damit provozieren? Diejenigen, die Vergewaltigungen für ein übles Verbrechen halten? Was bitteschön ist falsch daran, Vergewaltigungen für ein Verbrechen zu halten? Schon mal auf die Idee gekommen, dass man mit so einem Text die „Guten“ provoziert und den „Bösen“ eine Onaniervorlage liefert ? Um’s kurz zu machen: Eine solche „Provokation“ ist komplett sinnentleert. Das „Provozieren um des Provozierens Willen“ mag ja ein Recht der Jugend sein, aber ab einem bestimmte Alter erwarte ich von Leuten, die sich für Künstler halten, etwas mehr Reflexion. Manchmal habe ich das Gefühl, dass viele Leute in der Szene über so Geschichten ähnlich denken wie ich, dass sie es aber nicht zu sagen trauen, weil sie Schiss haben, sie könnten dann als „uncool“ gelten. Diese ganzen „Metal – Gesetzte“ gehen mir zum Teil echt auf den Wecker. „Metal“ bedeutet ja wohl Freiheit, Unabhängigkeit und so Sachen – und trotzdem soll man sich permanent an irgendwelche „Szene-Reinhaltungs-Regeln“ halten, die irgendwann mal irgendwer vermutlich im Suff aufgestellt hat? Zum Beispiel Pragraph 12, Absatz 7a, Zeile 5: „Eine Death Metal Band muss von Mord und Totschlag singen“. Ehrlich, ich kotz gleich. Ich hasse Horrorfilme und Goretexte. Ich mag Slayer nicht und Death auch nicht – und viele andere Bands, die zu mögen zum „guten Ton“ gehört, gehen mir auf den Schnürsenkel... Komm ich jetzt als „whimp and poser“ vor das Metaltribunal, nur weil ich mir nicht jedes Klischee zu eigen mache? Wer Horrofilme mag, soll sie schauen. Wer Slayer gut findet, soll sie hören. Aber es wäre – oder ist - ein Armutszeugnis für die Szene, wenn die Leute Horrorfilme schauen MÜSSEN, um als „cool“ zu gelten, und Slayer hören MÜSSEN, um akzeptiert zu werden. Da gibt es ja nun wirklich bessere Kriterien, nach denen man einen Menschen beurteilen kann.
Auch eure deutschen Textpassagen zeichnen euch aus. Wie kam es denn dazu? Und wieso macht ihr nicht mal einen ganzen Song auf deutsch, und nicht immer nur eingestreut?
Simon: Wir haben damit gerechnet, dass im Radio bald diese Quote eingeführt wird, derzufolge soundsoviel Prozent der gespielten Musik deutschsprachig sein muss – und da dachten wir uns, dass unsere Chancen auf Airplay mit deutschen Texten extrem steigen, haha. Nein, natürlich Quatsch, der ware Grund ist viel simpler: Ich bin ja nun kein englischer Muttersprachler, deswegen habe ich Texte schon immer zunächst auf Deutsch geschrieben und dann erst anschließend in’s Englische übersetzt – mit dem Effekt, dass das dann manchmal nicht mehr das war, was es ursprünglich hätte sein sollen. Weil dieses Verfahren ja eigentlich bescheuert ist, hab ich irgendwann angefangen, die Texte mindstens zum Teil auf Deutsch zu lassen. Der Anteil an deutschen Passagen ist dabei unterschiedlich, „New Age Mephisto“ war zum Beispiel – bis auf den Titel – komplett auf Deutsch, bei anderen Songs ist es nur ein Refrain. Die neuen Lieder, an denen wir gerade arbeiten, werden vermutlich wieder recht große deutschsprachige Anteile haben.
Ihr wart nun auf Tournee mit u.a. Dismember. Berichte doch mal von euren Erfahrungen, Erlebnissen etc.
Simon: Das war gar nicht so spektakulär, weil wir nur einen Teil der Tour mitgemacht haben.Wir sind mit unserem eigenen Tourbus gefahren und haben deswegen nicht den engen Kontakt zu den anderen Bands gehabt, so dass ich Euch gar keine besonderen Geschichten über die anderen Jungs erzählen kann – mal ganz abgesehen davon, dass man als loyaler Musikerkollege über so manche Sache ohnehin besser den „Mantel der Verschwiegeheit“ ausbreiten sollte, haha. Insgesamt sind wir livetechnisch mit über 100 gespielten Konzerten schon ziemlich „alte Hasen“ und Dismember sind ja beileibe nicht die erste „große“ Band, mit der wir gespielt haben. So würde ich persönlich das Ganze auch nicht überbewerten. Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber für mich waren die Gigs mit Dismember vom Feeling her nun nicht unbedingt so viel anders, als andere Konzerte. Weißt Du, es ist ja nicht so, als würde man sich bei einem solchen Gig mehr anstrengen als bei einem kleinen Undergroundgig, nur weil da noch größere Bands mitspielen. Wir sind eine Band, die immer Vollgas gibt, da ist es komplett unerheblich, wieviele Leute da sind, oder ob da Dismember mitspielen. Aber man hat auf so Konzerten natürlich die Chance, von Leuten wahrgenommen zu werden, die manauf einem Underground – Konzert nicht antrifft und folglich auch nicht erreichen kann. Ich neige dazu, so Sachen in der Zwischenzeit pragmatisch zu sehen – vor einigen Jahren hätte ich vermutlich noch einen Nervenzusammenbruch erlitten, wenn man mich mit Dismember, die ja ein paar unglaublich geniale CDs gemacht haben, auf die Bühne gestellt hätte, haha.
Könntest du nochmal erklären, warum die Konzerte in Nürnberg und Stuttgart ausgefallen sind? Was ist denn da vorgefallen?
Simon: Es ist so, dass zwar Bruchstein Tours die Tour organisiert haben, dass es aber für einzelne Konzerte noch lokale Veranstalter gab, die quasi in Absprache mit Bruchstein weitgehend eigenständig Konzerte organisiert haben. Die Konzerte in Stuttgart und Nürnberg zum Beispiel wurden von einem Typen einer Agentur, deren Namen mir jetzt gerade nicht einfallen will, gemacht. Offenbar muss der Vorverkauf für das Konzert in Nürnberg nun aber nicht so gut gelaufen sein, so dass er kalte Füße bekommen, und kurzfristig beide Konzerte abgeblasen hat – nur hat er weder Bruchstein, noch unserer Agentur Black Earth, noch uns persönlich Bescheid gegeben. Wir sind also ganz unbedarft nach Nürnberg gefahren. Kurz vor Nürnberg haben wir die SMS eines Stuttgarter Bekannten bekommen, in der er uns mitgeteilt hat, dass in Stuttgart das Gerücht umginge, das Konzert falle aus. Weil wir keine definitive Information erhalten konnten, sind wir dann zunächst trotzdem nach Nürnberg gefahren – wo wir tatsächlich zusammen mit den anderen Bands vor verschlossener Tür standen... Wenig später ging dann das Gerücht rum, wir, also Fallen Yggdrasil, hätten den Ausfall der beiden Konzerte verschuldet. Offenbar hat man versucht, uns mit der betreffenden Agentur in Verbindung zu bringen, was aber kompletter Quatsch ist. Da wollte uns offenbar jemand gezielt ans Bein strullern.
Euer Name an sich klingt eher nach Pagan oder Viking Metal. Wie kamt ihr gerade auf sowas? was bedeutet er für euch? Werdet ihr oftmals einer anderen Stilrichtung zugeordnet? Habt ihr schonmal daran gedacht euch umzunennen?
Simon: Der Name ist eine spontane „Kreation“ von mir. Ich hab mich damals mit Mythologien verschiedner Kulturkreise beschäftigt und das Bild des Weltenbaumes („Yggdrasil“) aus der nordischen Mythologie hat mir gut gefallen – obwohl die nordische Sagen ansonsten keinen unbedingt starken Eindruck auf mich gemacht haben... Für uns hat der Name natürlich keinerlei religiöse Bedeutung - so wenig, wie wir an den germanischen Götterpantheon glauben. Für uns ist der Name nur in seiner übertragenen Bedeutung von Belang: Als Symbol des endgültigen Unterganges. Wir werden aber tatsächlich noch immer oft in Verbindung mit Pagan Metal oder Black Metal gebracht deswegen. Ganz abgesehen davon hat der Name natürlich noch ganz andere Tücken: Er ist nicht so einfach zu behalten, man wir dauern nach der Bedeutung gefragt und vor allem: Er eignet sich gut zu Witzen der Sorte „Yggdrasil = Clearasil“, hahaha. Auf der anderen Seite ist es ein ziemlich auffälliger Name und insofern passt das dann auch wieder. Trotzdem habe ich vor Jahren mal einen Vorstoß unternommen, in zu ändern, aber ich wurde aber damals von den anderen überstimmt...
Was bedeutet Death Metal für euch (im Booklet steht ja immer Death Metal Victory). Und vor allem welche Richtung bevorzugt ihr da. An eurem Sound lässt sich das ja nicht immer zweifelsfrei erkennen. Und was haltet ihr von den "neuen" modernen melodischen Death Metal Bands, die nun schon fast "trendy" sind?
Simon: Als wir nach der Gründung der Band das allererste Mal in den Proberaum gegangen sind, war von vornherein klar, dass wir Death Metal machen wollen, obwohl man darüber davor eigentlich nie gesprochen hat... Ich denke, das erklärt schon vieles, oder? Wir hören zuhause zwar keineswegs nur Death Metal, sondern auch ziemlich alle anderen Metalarten und einige andere Sachen, aber ich selbst möchte selbst nichts anderes machen. Oder eher so: Ich könnte mir schon vorstellen, nebenher noch etwas anderes zu probieren, aber ich wollte den Death Metal nicht für eine andere Musik aufgeben, dazu gefällt mir selbst diese Musik viel zu gut – außerdem passt es musikalisch hervorragend zu dem, was ich thematisch in den Texten ausdrücken will. Wie bereits angedeutet hören wir im Metal – und damit auch im Death Metal – Bereich so ziemlich alles mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten, wobei wir unsern gemeinsamen Nenner im schwedischen Death Metal haben, insbesondere dem der frühen Neunziger, also bevor der Göteborg – Trend aufkam und viele Bands immer melodischer und klinischer wurden.. Das ist nun gar nicht mein Ding, die anderen Jungs sehen das zum Teil wohl anders. Ich persönlich habe zu solchen Bands nie einen richtigen Zugang gefunden – was übrigens auf keinen Fall heißt, dass die schlechte Mucke machen, aber bei mir springt da der Funke nicht so ganz über.
Was das mit dem „Death Metal Victory“ anbetrifft: Das war eine zeitlang so ein Leitspruch von uns insbesondere Live, auf Booklets hatten wir das aber glaube ich nicht drauf. Wir haben das mal eingeführt, als wir bei einem Festival im Vorfeld von einer der anderen Bands ziemlich von oben herab behandelt worden sind, so nach dem Motto: „Death Metal ist doch nur infantiler Krach, den niemand mag“. Naja, die Jungs haben wir dann, als es drauf ankam, nämlich auf der Bühne, odentlich an die Wand gespielt – und danach hat irgendwer in Hinblick auf diese Looser gesagt: „Fallen Yggdrasil haben den Death Metal Victory davongetragen“, haha. Weil Unleashed das aber auch verwendet haben, haben wir das irgendwann wieder begraben ...
Nun denn, Dankeschön Simon, für die Beantwortung meiner Fragen. Letzte Worte liegen wie immer beim interviewten…
Simon: Erstmal vielen Dank für das Interview & Eure Arbeit im Dienste des Metal! Die aktuelle CD von uns heißt „Bulding up a ruin to come“ und sollte überall zu beziehen sein. Wenn Ihr sie nicht im Laden findet, könnt Ihr sie bei jedem venünftigen Mailorder bestellen oder direkt bei der Plattenfirma: http://www.s-c-r.de. Weitere Informationen zur Band indet Ihr unter http://www.fallen-yggdrasil.de.