Schwarze Weihnacht - Scream Silence

Schwarze Weihnacht - Scream Silence

Scream Silence
Leipzig, Moritzbastei
24.12.2005
Oh du Fröhliche – pünktlich zum heiligsten aller Abende im Abendland lädt die Moritzbastei zur Schwarzen Weihnacht und da die geschätzten Altvorderen einen gegen 21.00 Uhr der Wohnung verweisen („Gott, bin ich müde...“), nimmt man das Angebot dann auch dankend an.
Immerhin sollen die Berliner Goth-Rocker von Scream Silence den Tempel rocken, eine Band also, die mit durchaus angenehmen Erinnerungen verbunden ist, seit sie damals den (musikalisch gesehen) leisen Niedergang der Dreadful Shadows ansatzweise verschmerzen liess. Eine Band, die einst in der Moritzbastei ihr Debütalbum zweimal am Stück zum Besten geben musste, weil sie der gierigen Menge beim besten Willen keine weiteren Songs präsentieren konnte: „Was sollen wir denn machen? Das ganze nochmal spielen?!“ - „Jaaa!!“ Aber wir schweifen ab.

Im Jahre 2005 stehen merklich gereifte und vor allem routinierte Musiker auf der Bühne, die sich durch ein Best of der bisherigen Scheiben zocken – musikalisch und soundtechnisch top, sehr atmosphärische Beleuchtung, die Posen dagegen irgendwo zwischen Type 0 und Sven Friedrich und so in gewisser Weise zu distanziert, um das zugegebenermassen bewegungsfaule Publikum mitzureissen. Am Material kann es über weite Strecken nicht gelegen haben: Sämtliche Songs des Abends haben auf ihre Weise Hitpotenzial, der fluffige Gothicrock lebt vom charismatischen Gesang des Fronters genauso wie von den stets präsenten Keyboardlinien, die sich unaufhaltsam ins Gehirn bohren und dort gerne etwas verweilen. Egal ob neu(er)e Stücke wie „Beloved Sweet Curse“, der Tränentreiber „Elegy“ oder eben ganz alte Brocken wie „Immortal“ - das Rezept ist einfach und geht auf. Die nächste und verdammt geradlinig-poppige Single „Creed“ ist da jedenfalls noch die schwächste Nummer...
Schwieriger wird es dann bei den ersten Zugaben, die einige Lieder im Akkustikgewand präsentieren und so ungewollt aufzeigen, wie simpel – nicht billig - die Musik an sich eigentlich ist. In dieser Form könnten jedenfalls ein paar Straffungen vorgenommen werden, um der steckerfreien Darbietung etwas mehr Schwung zu verleihen. Das gegen Ende des regulären Sets auftauende Publikum verfiel jedenfalls zusehends in wieder die anfängliche Weihnachtsruhe. Im Verlauf von „Seven Tears“ greifen die Jungs dann auch folgerichtig erneut zum elektrischen Werkzeug und leiten über in den zweiten Zugabenblock, der mit dem wunderbaren „...to die for“ einen sehr gelungenen Abschluss findet.

Insgesamt also ein ganz ordentlicher Weihnachtsabend, der mit 4 Euro Eintritt auch finanziell mehr als annehmbar ist. Auf die Band bezogen hatte ich wohl ganz einfach zu hohe Erwartungen, was an der oben geschilderten Nostalgie liegen mag – den Hunger ihrer Anfangsphase haben Scream Silence jedenfalls nicht mehr, dafür sind sie mittlerweile eine perfekt eingespielte Truppe. Und das kann man ja auch gut finden...

Setlist:
The Sign
Finite State
Morphosis
Beloved Sweet Curse
Curious Changes
Somewhere
Immortal
Timid Try
Consolation
Living in the Rose
Creed
Agony
Elegy

Zugabenset 1 (unplugged)
New Life
Homecoming
Derangement
Seven Tears

Zugabenset 2
Without A Trace
Strange Wings
To Die For...

Bandpage: www.screamsilence.de
Fanclub: www.screamsilence.net

Fotos: Katja Sohr (Danke!)

Bildergalerie

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