Wieder mal Zeit für eine gemütliche Moshrunde bei der Konzertreihe „In Flammen“. Zu Gast im sächsischen Torgau sind diesmal FEAR MY THOUGHTS, für die zwei viel versprechende junge Bands die Bühne anwärmen dürfen. Gemütlich ist in diesem Zusammenhang auch wörtlich zu nehmen: Leider findet sich trotz hochkarätigem Programm nur eine äußerst überschaubare Anzahl von Leuten in der Kulturbastion ein – und das an einem Samstagabend, bei angenehmem Preis-Leistungs-Verhältnis und der angebotenen Möglichkeit eines Shuttle-Busses von Leipzig nach Torgau und zurück (der aufgrund mangelnder Nachfrage aber gar nicht erst zustande kam).
Die anvisierte Zielgruppe im Großraum Leipzig scheint vom Konzertüberangebot wohl übersättigt zu sein, sich nicht aus ihrem Revier herauszutrauen, sich lieber in süffigen Clubs die Kante zu geben und bei der nächsten Gelegenheit zum 100sten Mal bei der örtlichen Einsfuffzich-Emokapelle aufzuschlagen (wegen der Weiber). Doch von faulen Eiern wollen wir uns erst gar nicht den Abend verderben lassen.


SEAMY SIDE machen im wenig gefüllten Saal der Kulturbastion fast einen verlorenen Eindruck, aber sie schlagen sich wacker. Ihr gar nicht mal so übler Metalcore ist aber wohl leider nicht heiß genug, um die Leute ins Schwitzen zu bringen. Somit ist eher freundliche Zurückhaltung angesagt.
Schau mal rein!

Damit bei einer musikalischen Veranstaltung der härteren Gangart nicht alles in Alkohol und Circlepits versumpft, ergreift Erfolgsautor TILL BURGWÄCHTER während einer Lesung zunächst das Wort und erklärt den gespannt Lauschenden die „Wahrheit über Wacken“. Jeder, der selbst schon mal vor Ort war, weiß über Pissrinnen, Dixies, Sauforgien und dumpfe Security-Typen bereits Bescheid, darf das Ganze mit Hilfe von Burgwächters bissigem Humor und treffendem Wortwitz noch einmal anstandsgemäß reflektieren.
Ein bisschen Lesen schadet nie!

Die Melodic-Deather SOULGATE’S DAWN werden in Torgau zwar nicht so gefeiert wie am Abend zuvor in Jena (siehe dazu Bericht zur BA’AL-Record-Release-Show), sind aber wie gewohnt konzentriert und engagiert bei der Arbeit. Somit fällt der Applaus für die Thüringer schon um einiges herzlicher aus als für die zuerst aufspielenden SEAMY SIDE. Erste Bang-Einlagen sind auch bereits zu beobachten.
Klick, dann weißte Bescheid!

FEAR MY THOUGHTS schaffen es in Torgau auch nicht wirklich, für Moshpit-Aktionen zu sorgen (Ausnahme ist ein ca. drei Mann starker Versuch eines Circlepits). Dafür ist die Stimmung aber ausgelassen und sehr familiär. Drei Songs des im Juli erscheinenden neuen Albums “Isolation” dürfen dabei begutachtet werden. Diese unterscheiden sich nicht nur von den vorangehenden Werken, sondern klingen auch untereinander sehr unterschiedlich und zeigen die bereits im Vorfeld angekündigte Kursänderung/Stilerweiterung der Freiburger. Melodic Death ist immer noch angesagt, dazu kommt eine noch stärkere progressive Note bis hin zu wie angegossen passenden MESHUGGAH-Versatzstücken. Wichtiger Bestandteil des Ganzen ist der mittlerweile gar nicht mehr so neue Frontmann Martin, der vermehrt auftretende klare Gesangspassagen genauso gekonnt meistert wie die gebrüllten Parts. So sorgt nicht nur das bekannte Material im Publikum breite Zustimmung und letztendlich für eine Zugabeforderung. Wieder mal ein überzeugender Auftritt einer perfekt zusammenspielenden Band.
Nicht für Emos!

Fotos von Yvonne