Hawkwind - Onward

Hawkwind - Onward
Progressive Rock
erschienen am 04.05.2012 bei Eastworld Recordings
dauert 81:38 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Seasons
2. The Hills Have Ears (Guest Guitarist: Huw Lloyd Langton)
3. Mind Cut
4. System Check
5. Death Trap
6. Southern Cross
7. The Prophecy
8. Electric Tears
9. The Drive By
10. Computer Cowards
11. Howling Moon
12. Right To Decide (Bonus Track)
13. Aerospace Age (Bonus Track)
14. The Flowering Of The Rose (Bonus Track)
15. Trans Air Trucking
16. Deep Vents
17. Green Finned Demon

Die Bloodchamber meint:

HAWKWIND, das sind Legenden. Nicht nur durch ihren unglaublich hohen LSD Konsum oder dem wohl bekanntesten Bandmitglied Lemmy Kilmister. Unkonform und ohne musikalische Ausbildung im herkömmlichen Sinn erschufen sie ihre ganz eigene Spielart, die kurzerhand als Space Rock bezeichnet wurde. In ihren rund 45 Jahren haben sie unzählige Alben EPs, Singles,... veröffentlicht, bewegten sich dabei ständig zwischen psychedelisch berauschten Klangkulissen und etwas derberen Rockklängen. Von der ersten Besetzung ist nur noch Gründer Dave Brock übrig, und bei ihrer unkonventionellen und planlosen Bandbesetzung wundert es schon, dass nach fast einem halben Jahrhundert immer noch Musik unter dem gleichen Namen veröffentlicht wird. Und um ganz ehrlich zu sein, kenne ich nur die Veröffentichungen bis ca. 1990. Da stellt sich doch die hochspannende Frage, was eigentlich noch übrig ist von der abgespacten Gruppierung, die genauso von ihrem Ruf wie von ihrer Musik lebt.

Das neuste Album nennt sich „Onward“, also „fortschreitend“, was anfangs nicht wirklich überzeugen will. Der erste Song „Seasons“ gibt mir da auch recht. Es ist immer noch der gleiche Klang wie vor dreißig Jahren, der da aus den Boxen kommt. Natürlich fehlt der typische Garagensound, der längst von einer aktuellen Produktion abgelöst wurde, aber immer noch einen gewissen Hauch von Nostalgie versprühen kann. Erinnerungen an „Silver Machine“ werden wach. Der Gesang leicht im Hintergrund, verwischte Gitarren im Vordergrund und dazu gesellt sich ein Synthesizer für ein weiteres Plus an Atmosphäre, was in den nächsten Songs sogar noch weiter gesteigert wird. Der Begriff Space Rock passt immer noch wie eh und je. Doch schnell geht der Eindruck weiter in Richtung verträumt-melancholisch. Sowas wie „Mind-Cut“ kennt man von den klassischen HAWKWINDs nicht. James Blunt meets LSD meets SHPONGLE. Aufregung macht sich in mir breit, was gibt es wohl sonst noch zu hören? Natürlich die typischen Songs mit textbasierter Einleitung. Ein einmütiger System Check eines fiktiven Raumschiffs bildet so zum Beispiel die passende Überleitung zu Songs wie „Death Trap“. Kennen wir bereits, hört sich im Jahre 2012 allerdings weitaus besser an. Fast so, als hätte man in einem nüchternen Moment seine Texte tatsächlich nochmal überflogen. Wo wir bereits bei SHPONGLE waren. Diesen Namen könnte man im Anschluss noch öfters als Anhaltspunkt nennen. Immer weiter sumpft dieses Album ab in Richtung Ambient, jedoch meist mit einem rockigen Grundgerüst im Hintergrund. Teilweise werden aber auch nur, mit einem Synthesizer und weichen Klängen ausgestattete, hauchzarte Übergänge von einem Song zum nächsten fabriziert, wodurch der erste Eindruck der altertümlichen HAWKWIND immer mehr verschwindet. Höhepunkt dieser Entwicklung ist „Trans Air Trucking“, was nun starke Assoziationen an ALAN PARSONS PROJECT hochkommen lässt. Progressiv, abgespacet, mit viel Atmosphäre, irgendwie rockig und zugleich verträumt. Mit vielen Samples und dem typischen planlosen Geriffe auf den Gitarren.

Solch ein Ende muss erstmal lange sitzen und weicht schließlich langsam einer großen Überraschung. Der Titel „Onward“ passt! So etwas hätte ich nicht erwartet, und bin somit umso mehr positiv überrascht. HAWKWIND sind immer noch HAWKWIND, nur in neuem Gewand. Sie sind mit der Zeit gegangen und haben die besten Entwicklungen der Musik und der neuen Produktionsmöglichkeiten aufgegriffen, in ihr eigenes Gewand gepackt und authentisch wiedergegeben. Der Eindruck der psychedelischen Freaks, die damals aus Versehen zwei Schlagzeuger gleichzeitig angeheuert haben, ist nicht mehr vorhanden. Das ganze wirkt professionell und immer noch wie ein Portal zwischen zwei verschiedenen Universen.
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