Marilyn Manson - Antichrist Superstar

Marilyn Manson - Antichrist Superstar
Metal / Industrial
erschienen am 08.10.1996 bei Nothing
dauert 77:26 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Irresponsible Hate Anthem
2. The Beautiful People
3. Dried Up, Tied And Dead To The World
4. Tourniquet
5. Little Horn
6. Cryptorchid
7. Deformography
8. Wormboy
9. Mister Superstar
10. Angel With The Scabbed Wings
11. Kinderfeld
12. Antichrist Superstar
13. 1996
14. Minute Of Decay
15. The Reflecting God
16. Man That You Fear
17. Track 99 - Empty Sounds Of Hate

Die Bloodchamber meint:

Es muss so Anfang 1995 gewesen sein, der kleine Björn zappt sich nachts im elterlichen Wohnzimmer auf der Suche prickelnder Unterhaltung durch die sieben durch die Hausantenne bereitgestellten Kanäle. Auf dem ZDF stößt er auf eine Reportage über Jemanden namens MARILYN MANSON, der doch tatsächlich auf der Bühne nichts anderes trägt als einen Haufen Bandagen und einen Katheder? „Was ist das für ein kranker Scheiß?“ denkt sich der Junge, der sich bisher nur an GUNS 'N ROSES herangetraut hatte und dem die SCORPIONS zu hart waren. Fasziniert klebt er am Fernseher...

Etwas 1,5 Jahre später, die Haare wuchsen und es wurde sich ein CD Regal für Bands wie FEAR FACTORY, SEPULTURA, MANOWAR und andere angelegt, entdeckte der da schon etwas größere Björn in dem Katalog eines Emsländer Versandhandels die „Antichrist Superstar“. Der nächste CD Laden war 20 km entfernt und an irgendwelche Internetstreams war noch lange nicht zu denken.

Anderthalb Dekaden später ist der MARILYN MANSON nicht mehr derselbe wie damals. „Antichrist Superstar“ katapultierte eine schon durch Drogen dem Absturz entgegen rennende Band das erste Mal in die Charts und dann gleich auf Platz 3 der US Billboard Charts. Der Amoklauf an der Columbine Highschool, für den man die Band oder eher die Soloperson des Sängers, mit für verantwortlich machen würde, lag noch in der Zukunft. Damals konzentrierte sich Mr. Manson noch auf die Musik und war ein dicker Kumpel von NINE INCH NAILS Trent Reznor, der ordentlich beim Schreiben und Produzieren des Albums mitgewirkt hat.

„Antichrist Superstar“ ist der Abschluss einer Albumtrilogie, die rückwärts veröffentlicht worden ist. „Holy Wood (In The Shadow Of The Valley Of The Death)“ stellt den Anfang da, dann folgte „Mechanical Animals“ und „Antichrist Superstar“ schließt den Zyklus ab. Grob geht es auf „Antichrist Superstar“ um einen Fan, der endlich sein großes Idol trifft, von diesem abgelehnt wird, von irgendwas infiziert wird und schließlich den Superstar ermordet. Er denkt da Geschehene nach, löst sich von „Little Horn“, der nun aber auf der Erde wütet und alles in Asche legt. Interpretationsmöglichkeiten gibt es viele von biographischen Gedanken über Religionskritik und Übertragungen auf die Politik.

Die Musik? Die ist düsterer Rock mit Industrial Einschlag. Trent Reznor hat die Scheibe nicht nur über sein Nothing Label veröffentlicht, er hat auch produziert, an den Songs mitgeschrieben und teilweise die Gitarre mit eingespielt. Eine düstere Stimmung durchzieht das Album, hier ist nirgendwo ein Lichtblick an Fröhlichkeit auszumachen, Feedbackorgien und Verzerrungen fressen die Gitarren auf, das Schlagzeug gibt den Takt vor und die Samples und Mansons Stimme klingen nach Verzweiflung. „Antichrist Superstar“ ist ein Konzeptalbum, bei dem Musik und Texte mal wirklich Hand in Hand gehen und absolut stimmig sind. Vor allem Mansons mal anklagende, mal verzweifelte, mal arrogant abweisende und immer paranoide Stimme war nie besser als auf diesem Album.

„Antichrist Superstar“ ist das Highlight in der Diskographie von MARYLIN MANSON, drei der 16 Songs werden immer noch live gespielt und damit ist es das am meisten live gespielte der acht Alben. „Irresponsible Hate Anthem“, „The Beautiful People“ und „Antichrist Superstar“ sind absolute Hits. Leider haben sich aber auch mindestens so viele mittelmäßige Songs auf dem Album versammelt und wenn darin nicht die Geschichte weitererzählt würde, wären „Cryptorchid“, „Deformography“ und „Dried Up, Tried Up, Dead To The World“ dann doch eher überflüssig gewesen. Aber so ist „Antichrist Superstar“ leider nicht ein Genre definierendes Album, trotzdem ein sehr stimmiges und gelungenes Werk eines Mannes, der immer mehr an sich selbst und seiner Vergangenheit scheitert und verzweifelt.

Wer sich weiter mit dem Thema MARILYN MANSON beschäftigen möchte, dem sei auch die Autobiographie „The Long Road Out Of Hell“ empfohlen, in der auch nochmal auf die erwähnte Albumtrilogie eingegangen wird.
-