VICTORIUS sind neben GLORYFUL die zweite große positive Überraschung im deutschen Power Metal, die für mich aus dem Nichts kam, was besonders bei VICTORIUS verwunderlich ist, weil die Bandbasis in der gleichen Stadt wie unsere Bloodchamberbasis liegt und „The Awakening“ bereits das zweite Album der Truppe ist. Geboten wird klassischer Uptempo Power Metal, der sofort die Laune hebt. Dabei sind die Lieder ebenso zugänglich wie uncheesy, was nicht bedeutet, dass auf gemeinsames Refrainsingen verzichtet wird, und unterhalten beim ersten wie beim fünften Hören prächtig.

Während der Großteil der geweckten Erinnerungen und Eindrücke auf die 90er schließen lässt, z.B. das STRATOVARIUS-Geklimper in „Under Burning Skies“, würde ich darauf wetten, dass der rasante Opener anders geklungen hätte, wenn es DRAGONFORCE nicht gäbe. Wem jetzt imaginäre Fragezeichen über dem Kopf aufleuchten, weil diese beiden Bands eher Busenfreunde der Cheesyness als das Gegenteil davon sind, dem sei versichert, dass die Grundhärte von VICTORIUS ausreicht, um selbst den „Ohohoho“-Käse („Metalheart“) zu verspeisen, bevor er anfängt zu müffeln. Neben dem unprätentiösen Songwriting liegt das an der vom ersten bis zum letzten Mann sehr guten Leistung der Band, die zwar nichts Außergewöhnliches bewerkstelligt, in Summe aber wunderbar miteinander harmoniert, auch weil Sänger David die Stimmkraft hat, sich durchzusetzen. Einzig dem wegen seiner extremen Geradlinigkeit auf Dauer etwas eintönig zimmernden Powerdrumming hätte die ein oder andere auflockernde Spielerei oder unerwartete Volte sicher nicht geschadet.

Natürlich ist „The Awakening“ kein philosophisches oder (kultur-)historisches Traktat und bar jeglichen (US-)Kauzfaktors, aber gerade im Power Metal muss es auch erlaubt sein, frei von der Leber weg in bester Stimmung nach vorne zu schauen und zu preschen. Genau das gelingt VICTORIUS ausgesprochen überzeugend und wer sich im Dunstkreis von HAMMERFALL bis STORMWARRIOR wohlfühlt, bekommt von „The Awakening“ ein Rundum-sorglos-Paket, das unbeschwerten Spaß bereitet und mit „Call For Resistance“ auch in der Königsdisziplin Steigerungslied punktet. Respekt!