Hell - Curse & Chapter

Hell - Curse & Chapter
Heavy Metal
erschienen am 22.11.2013 bei Nuclear Blast
dauert 59:49 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Gehennae Incendiis
2. The Age Of Nefarious
3. The Disposer Supreme
4. Darkhangel
5. Harbinger Of Death
6. End Ov Days
7. Deathsquad
8. Something Wicked This Way Comes
9. Faith Will Fall
10. Land Of The Living Dead
11. Deliver Us From Evil
12. A Vespertine Legacy

Die Bloodchamber meint:

Mit einem Paukenschlag von epischen Ausmaßen haben HELL sich vor zwei Jahren zurück unter die Lebenden eingereiht und seitdem kaum eine Gelegenheit ausgelassen, ihre theatralische Show in mehr oder weniger großem Umfang aufzuführen. Deshalb spare ich mir an dieser Stelle einen weiteren Exkurs über die bewegte Geschichte der Briten und stürze mich gleich mitten in das erneut sehr bunte und abwechslungsreiche Getümmel, das laut Gitarrist und Produzent Andy Sneap immer noch zur Hälfte aus altem Material besteht.

Wie beim Vorgänger folgt unmittelbar auf das Intro ein Lied, das gut und gerne als Ankündigung des bevorstehenden Wahnsinns verstanden werden darf, sich gleichzeitig aber (ebenfalls wie beim Vorgänger) schon beim ersten Hören unwiderruflich in die Hörerhirne brennt, nicht zuletzt wegen dem wahnwitzigen Geniestreich, Hairs „Aquarius“ im Refrain aufzugreifen und umzudichten. Es ist fast naheliegend, sich der HELLschen Theatralik und speziell dem einzigartigen Gestus von Frontmann David Bower („Deliver Us From Evil“), der keine Scheu vor einem Auftritt als Satyr-Stelzbock hat, zu bedienen, um hier einen kleinen Exkurs über die Dramenlehre einzubauen und sich anhand ihrer durch die Platte zu hangeln, aber am Ende sind wir doch alle wegen der Musik (und der gelegentlichen schlechten Wortspiele) hier. Und davon gibt es auf „Curse & Chapter“ jede Menge, prozentual betrachtet womöglich sogar mehr als auf „Human Remains“, weil nicht ganz so üppig mit Worten & Szenen ein- und übergeleitet wird („Deathsquad“). Im Gegenzug haben HELL die in die Knie zwingende Hitdichte des Vorgängers einer größer anmutenden Flexibilität geopfert, die wunderbar von dem in der Mitte gelegenen Triumvirat illustriert wird: „Harbinger Of Death“ lässt über Stock und Stein spazierende Saiten von David aufwiegeln, „End Ov Days“ hat Übergänge von faszinierender Eleganz und „Deathsquad“ wirft tänzelnde Steigerungsläufe der Gitarre dem Spacekeyboard zum Fraß vor. Das erfordert eine höhere Aufmerksamkeit, entschädigt aber mit wunderbar unterhaltsamer Musik, die die Band stärker als Zusammenspiel verschiedener Individuen statt als Zuarbeiter für den Vorsänger wirken lässt.

Es ist weiterhin bemerkenswert, wie viel Leben HELL selbst in einem vergleichsweise übersichtlich strukturierten und schnell funktionierenden Lied wie „Faith Will Fall“ darstellen können. Untrennbar damit verbunden ist, für meinen Geschmack, die kristallklare Produktion von Andy Sneap, die besonders die vielen kleinen und großen Ideen der Gitarren in strahlender Pracht leuchten lässt. Das mag manchem Puristen zu wenig Seele sein, passt zu der Show, die HELL auch auf Platte abziehen, aber wie die Faust aufs Auge, denn wir sind hier nicht auf einer rustikalen Provinzbretterbühne sondern im Globe Theatre unserer Zeit.

„Curse & Chapter“ hat zweifellos die Qualität, weitere Erlebnismetalfreunde auf HELL aufmerksam zu machen. Dennoch führt die nicht sonderlich zielführend wirkende Daddeligkeit von (nicht nur) „The Disposer Supreme“ trotz Hinterhandtrümpfen wie „Land Of The Living Dead“ und „Something Wicked This Way Comes“ am Ende zu einer kleinen Abstufung im Vergleich zu „Human Remains“. An der berechtigten Hoffnung, dass das Interesse an der Band nun auch bei uns groß genug wird, um sie als Headliner und mit voller Show anzulocken, ändert das allerdings nicht das Geringste.
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