Ulver - Shadows Of The Sun

Ulver - Shadows Of The Sun
Alternative / Ambient / Neoklassik
erschienen am 09.11.2007 bei The End Records
dauert 40:00 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Eos
2. All The Love
3. Like Music
4. Vigil
5. Shadows Of The Sun
6. Let The Children Go
7. Solitude
8. Funebre
9. What Happened

Die Bloodchamber meint:

Musikalische Traditionen und Sparten - bei ULVER schon immer Bruchstellen oder Nähte, die es zu überspringen galt. Mit "Shadows Of the Sun" gelingt es der Band nahezu mühelos Genre (Metal und Rockmusik vollständig ausgenommen) übergreifend ein eigenständiges Werk zu schaffen, das wohl eher mit Ambientrock-Veröffentlichungen von Bruno Sanfilippo und David Sylvian vergleichbar ist als mit düsteren blackmetallischen Motetten a la NEGURA BUNGET oder ULVERs Frühwerk. Die musikalische Wandlung vom Saulus zum Paulus ist wohl mit "Shadows Of The Sun" endgültig vollzogen.

Und so kommt es, dass die kurzen Stücke (kaum eins überschreitet 5 Minuten) voll sind mit elektronischen und kammermusikalischen Klangschichten, klarem Gesang und jede Menge Atmosphäre. Bei "Let The Children Go" nähert sich die Band progressiven Klangbildern mit Einsprengseln aus Weltmusik und Neo-Klassik. Und für besondere Hörwerte sorgen die Trompetenklänge von Mathias Eick. Er ist es auch, der bei der BLACK SABBATH-Coverversion von "Solitude" (urspr. auf "Master Of Reality" 1971 ersch.) für ein tiefsinniges und chilliges Klangbild sorgt.

Doch bei aller Schwärmerei für all diese guten Ideen, geht dem Album etwas verloren. Erstens die mangelnde Albumlänge, die rein musikalisch mehr fassen könnte. Zweitens benötigen die scheinbar uferlosen Kompositionen viel mehr Raum als nur im Durchschnitt dreieinhalb Minuten und drittens fehlt auch etwas die strukturelle Bündelung. Doch letzteres ist sicher dem fließenden Element untergeordnet, welches das Album dominiert. Aber auch dieser Fluss wird eher gebrochen, gestaucht und umgeleitet als ungehindert im Flussbett belassen. Denn trotz des ambienthaften, fließenden Eindrucks stockt und ruckt der Höreindruck noch ganz gewaltig. Zumindest geht es mir so.

Fans der frühen ULVER werden zu diesem Output keinen Zugang finden. "Shadows Of The Sun" besitzt zwar Spiritualität, definiert aber diese Anno 2007/08 völlig anders, freundlicher und "esoterischer". Der - für mich - etwas einseitige Umgang mit klassischen Instrumenten (dominierend hier das Piano mit viel Hall unterlegt) beweist, dass ULVER im neoklassischen Bereich noch entscheidende Erfahrungen machen müssen. Erfahrungen, die DEAD CAN DANCE in ihrem 1987er Meisterwerk "Within The Realm Of The Dying Sun" grandios vertont haben. ULVERs Zusammenarbeit mit dem Osloer Streichquartett ist vergleichsweise noch etwas zu marginal und hintergründig ausgefallen, als man es sich vielleicht in diesem Bereich wünschen würde.

So bekommt der Musikinteressent ein facettenreiches, aber auch ruhiges Album vorgelegt, das viel Eleganz, aber wenig Ecken und Kanten, sprich "Gefährlichkeit" und "Düsternis" besitzt. Da sind Leute bei der Cold Meat Industry auf neoklassischem Gebiet und im ambienthaften / industriellen Sound heute treffsicherer und endzeitlicher.
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