Karl Willets plaudert aus dem Nähkästchen


Interview mit Bolt Thrower
Death Metal aus Großbritannien - Coventry
So kann es gehen – man schiebt wochenlang ein Interview mit der britischen Death Metal Ikone Bolt Thrower vor sich her, nur um dann beim Rock Hard Festival mit den Musikern ein Bier zu kippen und die Hälfte der Fragen so schon auszudiskutieren. Entsprechend schnell ging das Tippen des Fragenkataloges, und flugs hat Blondie Karl Willets die Fragen auch beantwortet. Let’s get started!

Hi Karl – Erst einmal möchte ich, wahrscheinlich im Namen aller loyalen Fans loswerden, dass ihr eine Hammer Show am 04.06.06 in Gelsenkirchen, beim Rock Hard, losgetreten habt. Ich hatte auch die Chance euch im Januar in Andernach zu sehen (wirklich eine Chance – fast alle deutschen Auftritte waren restlos ausverkauft), allerdings hattet ihr beim Rock Hard einen anderen Opener gewählt - „The Ivth Crusade“. Warum denn dieser und danach dann Mercenary? Für meinen Geschmack sind die Songs als Opener etwas langatmig – immer noch super Songs, aber At First Light kam meiner Meinung nach besser an!


Wir dachten wir sollten mal was anderes probieren und deswegen haben wir die Setlist für den besonderen Auftritt beim RHF im Gegensatz zu den anderen Shows zu Beginn des Jahres verändert. Retroperspektiv denke ich dass es nicht wirklich funktioniert hat, wir haben uns mit der Song-Order auch nicht wohl gefühlt, vermutlich hätten wir wirklich bei At First Light bleiben sollen. Das hat ja auch funktioniert. Wir haben damit eine unserer obersten Regeln gebrochen, indem wir etwas verändert haben das sonst funktioniert. The Ivth Crusade ist ein super heftiger Song, genauso wie Mercenary, deswegen dachten wir dass die Songs die Aufmerksamkeit direkt am Anfang auf uns richten würde. Sowas musst du halt ab und an mal ausprobieren!

Wie würdest du den Gig mit denen der Tour vergleichen? Ist ein Open Air denn wirklich gänzlich anders als eine Clubshow – und: Was haltet ihr vom der Kulisse des Rock Hard?


Für mich war es das erste Festival auf dem ich je gespielt habe und die meisten Zuhörer die ich je hatte – sonst waren es immer so 1200 Leute, diesmal war die Kulisse/Event/Publikum komplett anders als das, was ich gewohnt bin. Wir haben mehr Kontrolle über unsere Show wenn wir eigene Auftritte planen – aber der Spirit des Festivals war super, ein super gutes Feeling für den Metal und das Amphitheater ist eine spektakuläre Kulisse!

Irgendwann während eures Auftrittes muss euch ja jemand gesagt haben dass Celtic Frost nicht auftreten würden und dass ihr extra Spielzeit haben könnt. Hat das eure Setlist beeinflusst? Ich habe eigentlich keinen größeren Break als das Intro für World Eater/War Master mitbekommen [Instrumental, keine Pause]

Wir wurden informiert dass wir unsere Show um 15 Minuten ausdehnen könnten – wir hatten “Contact(Wait Out), Where Next to Conquer und When Glory Beckons” noch nach “… For Victory” im Aufgebot, also hätten wir länger spielen können – aber irgendjemand hat aus Versehen nen Schalter für Baz Gitarre umgelegt und wir dachten, das wäre das Zeichen, aufzuhören. Ich glaube, als wir nach der Celtic Frost Gage gefragt haben, wurde eiligst eine Gruppe aus Kollegen zusammen getrommelt für eine halbstündige Performance (lacht) [Karl meint wohl das Medley von Sodom, Nevermore und Soilwork]

Wo ich gerade die Songs erwähnt habe – mein BC Kollege Meyer meinte, es wäre schon ne ganze Weile her dass ihr War Master live gebolzt habt. Gab es dafür nen speziellen Anlass?

Wir haben War Master und Anti Tank reingezogen, genauso wie Salvo, obwohl wir diese selten oder nie – also Salvo – vorher live gespielt haben. Wir dachten es gibt dem ganzen einen netten Touch und wäre ein Abwechslung für diejenigen, die uns schon oft gesehen hatten. Wir waren ja schon ein paarmal in Deutschland dieses Jahr…

Standing Ovations für Bolt Thrower (ok, die meisten Fans mussten ja beim RHF stehen) nach einer Killer Version von “When Cannons Fade”. Wolltet ihr bei so einem Abschied nicht am liebsten nicht noch ne ganze Stunde weiterspielen? Oder wart ihr genauso am Ende wie ich auch?

Die Aufnahme seitens der Fans war super, wir hatten aber nur 16 Songs im Gepäck und waren auch nicht vorbereitet, länger zu spielen – um es mal so zu formulieren, die ganze Show war sehr kräftezehrend.

Anfänglich war es für mich eine halbe Odyssee, euren Merchandise zu finden – dann war ich ziemlich überrascht dass ihr nur Samstag euer Zeug verkaufen wolltet. Nachdem aber jede dritte Person auf dem Festival ein Shirt von euch gekauft hatte (gute Güte – wie hält man denn die Kosten so niedrig? Druckt ihr eigenhändig nebenher in Großbritannien T-Shirts?), wolltet ihr nicht noch nen Tag für den Verkauf dranhängen?

Früher haben wir die Dinger selbst gedruckt, in letzter Zeit haben wir einige gute Angebote an Land gezogen – was wir daran sparen geben wir so an die Fans weiter. Es war super für uns, so viele Leute mit unseren Shirts zu sehen. Der Grund, nur einen Tag zu verkaufen, war einfach: wir wollten unseren Merchandisern sowie der Crew einen Tag [den Sonntag] frei geben, um mit uns zu feiern!


Gut gut, genug übers RHF gequasselt, ab zu eurem Release “Those Once Loyal”. Jeder Song wurde live abgefeiert – ist das Album eurer Meinung nach das stärkste seit „... for Victory”, oder sogar das stärkste Album das ihr bis dato geschrieben habt?

Ich meine die Songs sind die am besten strukturiertesten Songs, die wir bis dato geschrieben haben, sie fügen sich auf dem Album sehr gut zusammen. Es hat lange in der Schaffensphase gedauert, aber ich denke die extra Zeit die wir reingesteckt haben hat sich ausgezahlt!

Ich mag auch die Verbesserung in eurem Sound, die euer Produzent Andy hinbekommen hat. Verglichen mit euren alten CDs ist es, meiner Meinung nach, der beste Sound den ihr habt – besonders der Bass Sound von Jo Bench. War es eine plötzliche Idee von Andy, oder habt ihr alle daran gearbeitet?

Der Sound kam während der Schaffensphase, wir haben viel Zeit damit verbracht die Gitarrenlayer zu arrangieren und den Sound klarer und druckvoller zu gestalten – der Bass ist wesentlich lauter. Andy hat eine super Arbeit mit uns an diesem Album geleistet – er weiß wie es klingen soll!

Aber, wo es Licht gibt, ist auch Schatten: das (alte) Argument, Bolt Thrower würden auf der Stelle treten, nichts neues machen bzw sich seit “The Ivth Crusade” nur selbst kopieren, war selbst auf unserem Bloodchamber Forum ein heißes Eisen. Kümmert ihr euch um solche Argumente, dass ihr euch selbst kopiert? Oder denkst du, genau wie ich, dass die Leute ein neues Bolt Thrower Album in den Händen halten und direkt eine vorgefertigte Meinung besitzen, WIE es klingen muss?

Wir haben Bands um uns herum gesehen, die den Sound der für sie typisch war geändert haben und letztendlich waren die Resultate immer enttäuschend. Bolt Thrower muss wie Bolt Thrower klingen, ansonsten würde es nicht funktionieren. Wir bleiben bei dem Grundsatz: Wenn es nicht kaputt ist, warum sollte es man reparieren? Bei jedem Album gibt es immer kleine Veränderungen, die sich zu unserem Sound zusammenfügen und weiterbringen.

In einem anderen Interview habe ich gelesen, dass du zu verschiedenen Orten / historischen Plätzen gefahren bist, um dich für die Lyrics zu dem Album zu inspirieren. Redest du mit anderen Leuten außerhalb der Band über die Dinge, die du im Kopf hast?


Ach, nicht wirklich, hauptsächlich diskutiere ich meine Ideen mit Gav, der auch mit Ideen aufwartet. Ideen kommen meist von guten Quellen wie Büchern, Filmen, Dokumentationen, Zeitungsartikeln genau wie militärische Schauplätze, die ich besuche. Diese Ideen sind Bilder in meinem Kopf, die ich dann in Wörter fasse.

Kurz noch zu den Lyrics: Die meisten Songs werden ja von Gavin und Barry geschrieben. Haben die denn beim Songwriting schon eine Idee im Kopf, oder zeigen sie dir das Material und du sagst dann „dass passt auf meine Idee für „At First Light“? Oder probt ihr euch die Finger wund und dann kommt so was zustande?

Meist haben wir eine Anzahl an Textideen im Kopf, aber die ändern sich oft, meist übernimmt die Musik die Führung und die Texte werden dann für die Musik geschrieben und für die Gefühle, welche die Musik hervorbringt. Das einleitende Lead für “At First Light” zum Beispiel ist so gewaltig, dass es sich selbst zum Opener fürs Album deklarierte, der Titel sollte dass dann unterstreichen!

Einzigartig ist ja bei euch, neben der Gitarrenarbeit von Barry/Gavin und den eingängigen Hooklines, dass deine Vocals keine Standard Death Metal Nuschelorgien sind, sondern dem militärischen Grundton der Musik entsprechen. Bist du eigentlich von anderen (Death) Metal Sängern beeinflusst?

Nicht wirklich, aber ich versuche meine Betonungen so klar wie eben möglich zu gestaltet, dass man die Wörter klarer und vielleicht auch etwas einfacher verstehen, und ihnen folgen kann. Wir arbeiten hart an den Texten, sie sind sehr wichtig und haben auch eine Bedeutung, was ich auch in derer Übtragung versuche, unterzubringen.


Ok, genug vom ernsten Geschwätz. Jetzt mal zu den “lustigen” Fragen:

deine Vorhersage für die Weltmeisterschaft – wer gewinnt?


England –ganz klar- Der Geist von 1966 – in dem Jahr wurde ich geboren…Das ist die Vorhersehung!

Falls deine Vorhersagen falsch sind, wirst du beim nächsten Deutschland-Konzert ein Edguy-mäßiges Spanking hinlegen? Wenn du recht behalten solltest, darfst du dich auch was doofes aussuchen, dass ich dann vor 500 heißhungrigen Metalfreaks auf der Bühne mache... au weia...!

HAHA wir werden gewinnen, das wirst du schon sehen!

Du strandest auf der einsamen Insel, behangen mit Skeletten von armen Musikern die auch schon dort verschimmeln und darfst 3 Gegenstände mit dir bringen, welche sind es? (und nein, die Gegenstände deiner Vorgänger sind alle verrottet!)

Einen Luxuscruiser – um Freunde zu holen, ein 5 Sterne Hotel– O-Ton: I’m stopping in style! Einen schwer bewaffneten Helikopter – für ungewollten Besuch!

Was war der lachhafteste Moment, den du mit Bolt Thrower auf oder abseits der Bühne erleben durftest?

Der erste Gig der Tour im Januar. Das erste mal mit Bolt Thrower zurück auf der Bühne in 12 Jahren! Ich schaue hoch und sehe einen Typen MIT Rollstuhl, der am Crowdsurfen ist. Zudem gabs da noch den französischen Kerl in Cannes, der mit einem gebrochenen Bein nicht mit dem Stagediven aufhören wollte.


So, ich komme mal langsam zum Ende. Mir schweben zwar noch tausende Fragen im Kopf umher, aber ich Ende mit der finalen Frage, was eure zukünftigen Pläne mit Bolt Thrower sind und gebe dir die finalen Worte für die immer noch loyalen Fans da draußen.

Im Moment haben wir keine Pläne mit Bolt Thrower, aber durch unsere Website werden wir euch über Neuigkeiten informieren. Danke für das Interview!
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